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GEMÜNDEN
Paul Klees Großvater lebte in Gemünden
Eine Begegnung in der Oberpfalz war der Auslöser. Hans Kraus machte sich auf die Suche nach den Ahnen des bekannten Malers und fand Spuren der Familie Klee in der Region.
Von unserem Mitarbeiter Ferdinand Heilgenthal
 |  aktualisiert: 03.09.2014 10:28 Uhr

Der Zufall legt oft den Grundstein für interessante Geschichten. Das erfuhr auch Hans Kraus, in geschichtlichen Dingen bewanderter Seniorenbeirat der Stadt Gemünden, vor mehreren Jahren, als er noch das Amt des Kirchenpflegers der katholischen Pfarrei St. Peter und Paul ausübte. Damals erreichte ihn eine Anfrage aus Tann in der Rhön, zu einem angeblich im 19. Jahrhundert in Gemünden lebenden Hans (Johannes) Wilhelm Klee. Es handelte sich dabei um den Vater des berühmten Malers Ernst Paul Klee.

Kraus konnte die Anfrage damals nicht beantworten, weil er in den kirchlichen Unterlagen nichts dazu gefunden hatte. Wie sich später herausstellte, war Hans Wilhelm Klee evangelisch. „Mich hat das Thema interessiert, und daher habe ich es nie ganz beiseitegelegt“, sagt Kraus, dem dann der besagte Zufall zu Hilfe kam. „Vor etwa drei Jahren traf ich in Sibyllenbad in der Oberpfalz einen älteren Herrn, wir kamen ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass diese Person aus Tann in der Rhön kam, und es sich genau um den Menschen handelte, der Jahre zuvor die Anfrage an das Pfarramt gerichtet hatte.“

Also intensivierte Hans Kraus die Nachforschungen wieder. Karl Pongs, so hieß der Mann, hatte für eine Ausstellung im hessischen Rhönstädtchen Tann im Sommer 2011 viel recherchiert und konnte die Ahnentafel der Familie Klee bis zum Urgroßvater Johann Klee vorlegen. Der am 9. August 1780 in Wüstfeld, Kreis Hersfeld, geborene Tagelöhner und spätere Webermeister zog 1810 nach Tann. Dort wurde 1828 sein neuntes Kind und siebter Sohn, Johann Peter Klee, der Großvater des bekannten Malers Paul KLee geboren, der von 1850 bis 1875 in Gemünden wohnte und als „Oberschreiber und Rendant (Kassenverwalter)“ am königlichen Landgericht Dienst tat.

Noch vor dem Umzug nach Gemünden kam 1849 in Tann Paul Klees Vater, Hans (Johann) Wilhelm Klee zur Welt, der bis zu seiner Aufnahme in einem Schweizer Internat in Gemünden aufwuchs. Er war später Musiklehrer an einem staatlichen Lehrerseminar und starb 1940 in Bern. Aus seiner Ehe mit Marie Ida, geborene Fricke, ging die 1876 geborene Tochter Mathilde hervor, und am 18. Dezember 1879 Ernst Paul Klee, Kunstmaler und Grafiker. Der berühmte, überwiegend unter dem zweiten Vornamen bekannte Maler war als hervorragender Geiger und Pianist auch der Musik zugewandt. Schließlich war sein Vater Musiklehrer, seine schweizerische Mutter Sängerin und seine 1876 in München geborene Ehefrau Lily Pianistin und Klavierlehrerin.

Klee entschied sich gegen die Musik und für die bildende Kunst, siedelte 1898 von Bern nach München um und studierte unter anderem an der Akademie der schönen Künste in München. Dort lernte er den russischen Maler Wassily Kandinsky kennen, mit dem er befreundet war. Den Durchbruch mit seinen Werken, die hauptsächlich dem Expressionismus, dem Konstruktivismus und dem Surrealismus zugeordnet werden, erreichte er nach der Tunesienreise, die er mit den Künstlern August Macke und Louis Moilliet 1914 unternahm. Klee stand in engem Kontakt mit der Redaktionsgemeinschaft „Der blaue Reiter“ und stellte gemeinsam mit Joan Miró, Pablo Picasso und anderen Künstlern aus.

Wie Kandinsky lehrte Klee ab 1920 am Bauhaus in Weimar und in Dessau, ab 1931 war er Professor an der Kunstakademie Düsseldorf, bis ihn die Nationalsozialisten 1933 entließen und er ins Exil nach Bern in die Schweiz ging. 1937 erklärten die Nazis Klees Kunst als „entartet“ und beschlagnahmten 102 seiner Werke, 17 von ihnen wurden in der berüchtigten Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt. Heute gilt Paul Klee als einer der bedeutendsten Künstler der klassischen Moderne des 20. Jahrhunderts. Am 29. Juni 1940 starb er in Muralto, im Kanton Tessin.

Ein Nachfahre Paul Klees, der Enkel Alexander (Aljoscha) Klee, im Todesjahr seines Großvaters geboren, war vor drei Jahren zur Ausstellung nach Tann in der Rhön gekommen und zeigte sich tief bewegt vom freundlichen Empfang und den Begegnungen in der Heimat seiner Vorfahren. Aljoscha Ségard, so lautet der Künstlername des ebenfalls als Maler und Grafiker tätigen Enkels wurde in Sofia (Bulgarien) geboren und wuchs in Würzburg auf. Sein Vater Felix Klee kam 1946 aus russischer Gefangenschaft nach Sommerhausen zurück, wo seine Frau mit Sohn Alexander nach der Evakuierung des zerstörten Würzburgs lebte. 1948 zogen Felix und Euphrosine Klee, geborene Grejowa aus Mazedonien, mit Alexander in die Schweiz.

Auf den Vorschlag von Hans Kraus wird sich im kommenden Jahr der Film-Photo-Ton-Museumsverein in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Gemünden in der Reihe „Kunst am Schloss“ dem Maler Paul Klee widmen. Dazu sollen die Schüler das Thema im Unterricht behandeln.

 
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