In der Gemeinde Gössenheim gibt es ab sofort eine Topadresse für Flugbegeisterte: Neben der Bundesstraße ist ein kleiner Flugplatz entstanden. Initiator dieser Einrichtung ist Patrick Hagedorn, selbst begeisterter Pilot und Besitzer eines „manntragenden Ultraleichtflugzeugs“. Zunächst mit zwei weiteren Piloten, dann als Einzelkämpfer hat er den Platz eingerichtet, der am Sonntag offiziell eröffnet wird.
Schon seit seiner Kindheit ist Patrick Hagedorn der Fliegerei verbunden. Die Leidenschaft hat er von Vater Kurt Hagedorn geerbt, der Modellflieger ist. Der 70-Jährige hat die Begeisterung fürs Fliegen aber nicht nur dem 31 Jahre alten Sohn, sondern auch Enkelsohn Florenz vererbt. Der Zweijährige sehnt den Tag herbei, an dem er mit dem Vater im Ultraleichtflugzeug abheben darf.
Die ersten Flugzeuge, mit denen sich Elektromeister Hagedorn beschäftigte, waren auch Modellflugzeuge, die er beim Modellflugverein (MFV) Gemünden in kurzer Entfernung zum neuen Flugfeld in die Lüfte steigen ließ. Ein Schnupperkurs der Segelflieger am Karlstadter Saupurzel weckte bei dem heute 31-Jährigen den Wunsch nach mehr.
„Mit dem Ultraleichtflugzeug fliegen ist wie Motorrad fahren, nur in der Luft“, schwärmt Hagedorn. Jedoch müssen wie beim Motorradfahren die erforderlichen Lizenzen erworben werden. Vor drei Jahren hat der begeisterte Pilot damit begonnen und gleich danach die Passagierzulassung erworben. Stärker als in der normalen Fahrschule ist die Sicherheit im Flugverkehr ein Thema. Rund 60 Prozent der sich über ein Jahr erstreckenden Ausbildung waren Notfallübungen gewidmet.
„Ultraleichtflugzeuge sind in Deutschland die kleinsten, offiziell zugelassenen Flugzeuge“, betont Patrick Hagedorn. Neu kostet so ein Fluggerät rund 45 000 Euro. Der Gössenheimer Pilot hat den „Luftpiraten“, wie er sein Flugzeug liebevoll nennt, gebraucht gekauft. Etwa zehn namhafte Hersteller gibt es in Deutschland; Hagedorns Maschine wurde in Frankreich gebaut. Sie hat eine zugelassene Abflugmasse von 472 Kilogramm. Das Eigengewicht liegt bei etwa 200 Kilogramm.
Angetrieben wird das Ultraleichtflugzeug von einem Zweizylinder-Zweitaktmotor, der eine Leistung von 64 PS hat. Sie sorgen, je nach Windsituation, für eine durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von 90 Stundenkilometern bei einer Reichweite von rund 300 Kilometern. Der 10,5 Meter lange Flügel besteht aus einem mit starkem Nylon bespannten Aluminiumrahmen. „Der wird noch in diesem Jahr ausgetauscht“, sagt der Hobbypilot, der damit ein Höchstmaß an Sicherheit für sich und die Passagiere erreichen will.
Anders als bei Sportflugzeugen oder den mit einem Verbrennungsmotor ausgestatteten Modellflugzeugen dürfen Ultraleichtflugzeuge einen Lärmpegel von 65 Dezibel (dB) nicht überschreiten. Darüber wacht der TÜV bei der jährlichen Untersuchung. „Im Vergleich dazu verursachen Autos etwa 75 Dezibel“, erzählt Hagedorn.
Um die Genehmigung für das 390 Meter lange und 45 Meter breite Flugfeld zu bekommen, mussten 26 Träger öffentlicher Belange und zusätzlich alle mit der Luftfahrt befassten Behörden um ihre Stellungnahmen ersucht werden. Freiwillig hat Hagedorn ein Lärmschutzgutachten erstellen lassen, das sehr positiv ausgefallen sei. Um ein gutes Miteinander mit den Bewohnern Gössenheims und mit den Landwirten, deren Felder an das Flugfeld angrenzen, ist der Pilot besonders bemüht. „Über Grund müssen die Piloten eine Höhe von 3000 Fuß (etwa 1000 Meter) einhalten. Bei dem vorgesehenen Start- und Landeplatz erfolgen An- und Abflug über unbewohntem Gelände“, berichtet er. Der „Sonderstart- und Landeplatz“ steht wie alle Flugplätze unter der Aufsicht des Luftfahrtbundesamtes. Die Behörde hat festgelegt, dass Ultraleichtflugzeuge nur während der Tageszeit fliegen dürfen und nur, wenn es die Sicht erlaubt.
Von den 365 Tagen des Jahrestrifft das auf etwa 100 Tage zu, sagt Hagedorn. Als realistisch sieht er 30 bis 40 Flugtage an, da bei ihm nur Hobbyflieger starten. Zudem dürfen Starts und Landungen nur erfolgen, wenn eine ständig erreichbare Aufsichtsperson vor Ort ist. Alle Flugbewegungen müssen rechtzeitig angemeldet werden. Maximal fünf Ultraleichtflugzeuge dürfen den Platz gleichzeitig benutzen. Für den Eröffnungstag werden etwa zehn Piloten mit ihren Maschinen erwarten, wofür Patrick Hagedorn eigens eine Sondergenehmigung eingeholt hat.
Für die Zukunft hofft der Gössenheimer Pilot auf einige Gleichgesinnte. Möglich wären dann Rundflüge mit Passagieren oder mit Fotografen für Luftaufnahmen. Die Regierung von Unterfranken könnte den Flugplatz als weiteren Standort für die Luftüberwachung bei Waldbrandgefahr nutzen. Jetzt bietet er schon Rundflüge über Würzburg, das Main-, Wern- oder Saaletal, den Sodenberg oder die Ruine Homburg an. Sein weitester Flug mit dem zweisitzigen Flugzeug führte ihn bisher bis ins thüringische Eisenach.
Offizielle Eröffnung
Pfarrer Norbert Thoma wird am Sonntag, 26. April, um 14 Uhr im Beisein von Bürgermeister Theo Gärtner das Flugfeld in Gössenheim neben der Bundesstraße 27, gegenüber der Einfahrt zum Sportgelände, einweihen. Ab 15 Uhr fliegen Gastpiloten an. Die Besucher haben die Gelegenheit, sich bei dem Genuss von Kaffee und Kuchen über die Fluggeräte und weitere interessante Details zu informieren. Parkplätze stehen am Sportgelände oder der Zufahrt zum Flugfeld zur Verfügung.