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Lohr
Partner für Nachhaltigkeit und Artenvielfalt
Im Lohrer Stadtwald widmet sich ein Kooperationsprojekt den Themen Biodiversität und Nachhaltigkeit. Michael Neuner, der Leiter der städtischen Forstverwaltung, erklärt den Exkursionsteilnehmern Zusammenhänge im Stadtwald.
Foto: Johannes Ungemach | Im Lohrer Stadtwald widmet sich ein Kooperationsprojekt den Themen Biodiversität und Nachhaltigkeit. Michael Neuner, der Leiter der städtischen Forstverwaltung, erklärt den Exkursionsteilnehmern Zusammenhänge im ...
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 06.05.2022 02:24 Uhr

Gemeinsam die Biodiversität steigern und das Bewusstsein für nachhaltiges Wirtschaften sowie den Wert der Heimat stärken – das sind Ziele einer Kooperation, die die Stadt Lohr, die gemeinnützige Gesellschaft Spessartbaum sowie die Aschaffenburger "Vanessa-Weber-Stiftung für Bildung und Nachhaltigkeit" gestartet haben.

Im Frühjahr gab es in diesem Sinne bereits eine Pflanzaktion im Lohrer Stadtwald. Im Herbst sollen weitere Projekte folgen. Neben erneuten Baumpflanzungen sind dann auch Patenschaften für Biotopbäume denkbar.

Am Freitagnachmittag machten sich gut 30 Vertreter der drei Kooperationspartner bei einer Exkursion durch den Stadtwald ein Bild von dem, was bereits geschaffen wurde, und was noch entstehen könnte. Während sich die Beteiligten einig über Sinn und Ziel ihres Waldprojektes waren, gab es am Rande auch Kritik daran, dass es in Deutschlands Wäldern insgesamt zu langsam vorangehe beim Erreichen der auf höherer politischen Ebene gesteckten Biodiversitätsziele.

"Initiative trifft auf Expertise", knüpfte Bürgermeister Mario Paul zu Beginn die Verbindung von Spessartbaum und Vanessa-Weber-Stiftung zum Stadtwald. Alle drei Partner seien Vorreiter in dem, was sie tun, so Paul, die Gesellschaft und die Stiftung mit ihrem Engagement für Natur und Heimat, die Stadt mit ihrer seit gut 30 Jahren praktizierten naturnahen Waldwirtschaft. Alle drei zusammen seien die ideale Ergänzung, um gemeinsam etwas zu bewegen, so Paul.

Eine Pflanzung bereits erfolgt

Das, was bereits bewegt wurde, besichtigte die Exkursionsgesellschaft zu Beginn der Rundfahrt in der im Wald zwischen Rechtenbach und Neustadt unweit des Neustädter Tors gelegenen Abteilung Hinterbuch. Dort hat die städtische Forstverwaltung in einem vom Borkenkäfer befallenen Fichtenbestand mit finanzieller Unterstützung der beiden Kooperationspartner im Frühjahr 12.000 junge Bäumchen pflanzen lassen, vor allem Eichen, aber auch Buchen. Entstehen soll ein Mischwald, der dem Klimawandel besser trotzen kann als der Fichtenreinbestand.

Im Herbst sollen weitere 16.000 Bäumchen gepflanzt werden. Dafür auserkoren ist der Bereich jener Schneise, die der lokale Tornado Burglind Anfang 2018 durch den Stadtwald gezogen hat. Auch hier, so erklärte Stadtwald-Chef Michael Neuner, soll eine Mischung aus Baumarten wie Eiche, Tanne, Ahorn und Buche entstehen.

Doch die Kooperation soll nicht nur auf Baumpflanzungen beschränkt bleiben. In der Abteilung Hammersbuch, die laut Neuner aufgrund von Alter und Struktur ein "Hotspot der Biodiversität" ist, warb der Stadtförster für ein neues Modell der Patenschaft für Biotopbäume. Bei diesen Bäumen handelt es sich um meist alte und dicke, die beispielsweise durch Spechthöhlen oder bereits begonnene Absterbeprozesse besonders interessant für viele auch seltene Arten sind.

Ein angestrebtes Projekt sind Patenschaften für Biotopbäume. Das Bild zeigt eine mit einer Plakette markierte Eiche im Lohrer Stadtwald.
Foto: Johannes Ungemach | Ein angestrebtes Projekt sind Patenschaften für Biotopbäume. Das Bild zeigt eine mit einer Plakette markierte Eiche im Lohrer Stadtwald.

Zwar gebe es im Stadtwald überall solche Biotopbäume, die vor der Motorsäge verschont bleiben, erklärte Neuner. Jedoch bedeute jeder Biotopbaum durch den Verzicht auf Holzernte einen finanziellen Verlust, bei mächtigen Eichen teils pro Baum im vierstelligen Bereich. Einen Teil dieses Verlustes gleichen laut Neuner staatliche Fördergelder aus. Baumpatenschaften könnte es jedoch ermöglichen, noch viel mehr Biotopbäume stehenzulassen.

Kritik an Forstpolitik

Etwas Wasser goss Heidi Wright in den Wein. Die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete war als Vertreterin des Vereins "Freunde des Spessarts" mit von der Partie. Sie sprach davon, dass das Erreichen der bundesweit ausgerufenen Biodiversitätsziele zu langsam vorangehe und überdies nicht privaten Initiativen überlassen werden könne. Es brauche verpflichtende forstpolitische Vorgaben.

Ludwig Angerer, Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, widersprach Wrights Feststellung, wonach man den Zielen hinterherhinke, nicht grundsätzlich. Aber genau deshalb sei jede Initiative zur Stärkung der Biodiversität und zur Schaffung klimastabiler Wälder zu begrüßen.

Klimawandel trifft Unterfranken

Gerade im trocken-warmen Unterfranken seien die auf den Klimawandel zurückzuführenden Schäden besonders gravierend, sagte Angerer. Von den 160.000 Hektar Wald im Zuständigkeitsbereich seines Amtes seien mittlerweile rund 25.000 Hektar so "labil", dass erhebliche Teile des Holzvorrates verloren gehen könnten. Auf die Waldbesitzer komme daher viel Arbeit zu, so Angerer. Er freue sich, dass es dabei Unterstützung wie die von Spessartbaum und der Vanessa-Weber-Stiftung gebe.

Auch Bürgermeister Paul sprach von einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Kooperationen wie die im Lohrer Stadtwald seien daher enorm hilfreich.

 
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