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Partenstein
Partensteiner Kaplan widersetzte sich den Nazis
Otto Kippes galt den Nazis als "übler Kanzelhetzer". Die Partensteiner wurden generell als Nazi-Gegner eingestuft. Kippes machte sich im Bereich der Astronomie verdient.
Pfarrer Dr. Otto Kippes (hier ein Bild von 1989) hat sich als Hobbyastronom einen Namen gemacht, als Pfarrer in Partenstein leistete er in der NS-Zeit Widerstand.
Foto: POW | Pfarrer Dr. Otto Kippes (hier ein Bild von 1989) hat sich als Hobbyastronom einen Namen gemacht, als Pfarrer in Partenstein leistete er in der NS-Zeit Widerstand.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 08.02.2019 02:27 Uhr

Der katholische Partensteiner Kaplan Otto Kippes galt dem NSDAP-Kreisleiter Eduard Röß „als einer der schlimmsten Gegner des Nationalsozialismus und neben dem Kaplan Klüpfel in Waldzell und dem Pfarrer Baunach in Wiesen als der übelste Kanzelhetzer“, wie der Naziführer im Kreis Lohr-Gemünden im Frühjahr 1943 schrieb. Der Geistliche, geboren 1905 in Bamberg, sollte mit seinem unbotmäßigen Verhalten jedoch ungeschoren davonkommen. Nach dem Krieg war Kippes für seine Verdienste auf dem Feld der Astronomie hoch angesehen und bekam hohe Auszeichnungen.

Anlass der obigen Einlassung von NSDAP-Kreisleiter Röß war, dass das Direktorat der Oberschule für Jungen in Lohr Kippes als Religionslehrer vorgeschlagen hatte. Aber weil der sich bei den Nazis nicht gerade beliebt gemacht hatte, sollte daraus nichts werden.

Kippes soll mit "Nein" gestimmt haben

Zwar sei der Kaplan öffentlich politisch nicht in Erscheinung getreten, "dagegen hetzte er in der Kirche bei Predigten in versteckter Weise und offener Form gegen den heutigen Staat", wie in seiner Gestapo-Akte im Staatsarchiv nachzulesen ist. Ein SA-Mann soll ganz hinten in der Kirche einmal eine Predigt mitstenographiert haben. Im undatierten "Personalbericht" steht: "Kippes steht außerdem im Verdacht, bei der Wahl am 10.4.38 (gemeint ist die Reichtstagswahl mit Volksabstimmung, Anm. d. Red.) mit ,Nein' gewählt zu haben."

Betrachtet man die konkreten Vorwürfe, die gegen Kippes erhoben wurden, mögen sie aus heutiger Sicht nicht schwer wiegen. Für die damalige Zeit waren dies jedoch gewagte Widerstandshandlungen, bei denen die örtliche Gendarmerie, das Bezirksamt, die NSDAP-Kreisstelle, die Gestapo und der Sicherheitsdienst eingeschaltet wurden.

Was die Nazis dem Geistlichen vorwarfen

Kippes soll Partensteiner Buben ("Jungvolkpimpfe") 1937 verboten haben, beim Jungvolkabend kirchenfeindliche Lieder mitzusingen, außerdem soll er sich 1938 gegen die Einführung einer gemeinsamen landwirtschaftlichen Berufsschule für Evangelische und Katholische ausgesprochen haben. Hirtenbriefe lese er in der Kirche "in recht hämischer und hässlicher Weise" vor.

Im April 1938 soll Kippes Burschen in Frammersbach auf deren "Heil Hitler" hin mit "In Ewigkeit Amen" geantwortet haben; im Juni 1941 widersetzte sich Kippes, wie eine ganze Reihe von anderen Geistlichen im Bistum Würzburg, dem Verbot, die Fronleichnamsprozession unter der Woche am Fronleichnamstag abzuhalten, und ließ sie obendrein durch die Hauptstraße laufen; zweimal soll er sich zudem geweigert haben, für gefallene katholische Partensteiner einen Trauergottesdienst zu halten oder die Sterbeglocke zu läuten, erst recht sie zu beerdigen – vorgeblich weil diese mit einer Protestantin verheiratet waren.

Partensteiner vereint im Hass gegen den Nationalsozialismus

Alle Verfahren gegen Kippes, etwa wegen Kanzelmissbrauchs, wurden eingestellt, weil dieser sich erfolgreich auf entsprechende gesetzliche Regelungen und Gerichtsurteile oder auf den Auftrag seines Bischofs berufen konnte. "Bei ihm gibt es nur eine Autorität, das ist sein Bischof und Rom", urteilte NSDAP-Kreisleiter Röß. Sogar das Verfahren um Entzug seines Lehrauftrags an der Berufsschule wurde eingestellt.

Schrieb Röß 1938: "Er (Kippes) ist damit der einzige bewusste Landesverräter von Partenstein", so schrieb er 1943, dass Evangelische und Katholiken in Partenstein sich nicht mehr als Feinde betrachteten – seit 1938 seien sie "völlig einig und werden durch den gemeinsamen Haß gegen den Nationalsozialismus verbunden". Interessanterweise war Kippes stets vorgeworfen worden, er würde einen Keil in die Partensteiner "Volksgemeinschaft" treiben, das Gegenteil scheint der Fall gewesen zu sein.

Asteroid nach Kippes benannt

Kippes, der 1949 Partenstein verließ, war vielseitig interessiert. Besonders angetan hatten es ihm die Disziplinen Mathematik, Physik, Astronomie und Zoologie. Über seine Freizeitbeschäftigungen führte er akribisch Buch: Er reiste gern (etwa 40 Flugreisen) und ging über 300 Mal in Zoos, auch in den USA, wobei er rund 1300 Dias von Tieren erstellte.  Nur aus seiner geplanten Reise zu den Beuteltieren in Australien in den 60ern wurde nichts, weil er für seine Gemeinde keinen Stellvertreter fand. Auch auf Reisen feierte er täglich einen Gottesdienst, steht über ihn zu lesen.

Das Feld, auf dem es Kippes zu einiger Berühmtheit brachte, war die Astronomie. Ab 1940 berechnete er Bahnen von Kleinplaneten, wofür er nur einen Bleistift und eine Logarithmentafel verwendet haben soll, ab etwa 1968 den ersten erhältlichen Taschenrechner. Er konnte mehr als 780 Kleinplaneten identifizieren. 1959 wurde Kippes deshalb von der Deutschen Akademie der Wissenschaften die Leibniz-Medaille verliehen, 1991 erhielt er zudem von der Astronomical Society of the Pacific eine Auszeichnung für seine Verdienste, den "Amateur Achievement Award". Sogar ein Asteroid wurde nach ihm benannt, der (1780) Kippes.

Otto Kippes
Otto Kippes, am 23. Juli 1905 geboren in Bamberg, besuchte in Münnerstadt das Gymnasium der Augustiner und machte sein Abitur in Würzburg. Nach vorhergehenden Stellen in Schmerlenbach und Baunach kam er am 15. November 1933 nach Partenstein – zunächst als Expositus, später als Pfarrer.
Im Februar 1949 übernahm Kippes die Pfarrstelle in Glattbach bei Aschaffenburg, 1966 in Reckendorf bei Bamberg. 1975 ging er in Würzburg in den Ruhestand, wo er am 2. Februar 1994 starb.
 
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