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Lohr
Frage nach dem Datenschutz: Sind die Kameras auf dem Lohrer Tegut-Parkplatz erlaubt?
Parkvision hat sich rechtlich abgesichert, äußert sich aber selbst nicht – Noch immer Unmut bei Betroffenen in Lohr.
Nur zwei Autos stehen am Nachmittag, gegen 15 Uhr, auf dem Tegut-Parkplatz in Lohr. Offenbar hat sich inzwischen herumgesprochen, dass Fremdparker bestraft werden (Archivfoto).
Foto: Christian Weyer | Nur zwei Autos stehen am Nachmittag, gegen 15 Uhr, auf dem Tegut-Parkplatz in Lohr. Offenbar hat sich inzwischen herumgesprochen, dass Fremdparker bestraft werden (Archivfoto).
Rosalie Spengler
 |  aktualisiert: 23.12.2024 02:30 Uhr

Bereits beim Auffahren auf den Tegut-Parkplatz in Lohr werden die Autofahrer gefilmt. Nach dem Aussteigen verfolgen sie die Kameras, um zu überprüfen, wohin sie gehen und wie lange sie wegbleiben – ob sie wollen oder nicht, denn wer den Parkplatz nutzt, stimmt automatisch den Nutzungsbedingungen der Firma Parkvision zu. Doch wie ist das im sonst so datenschutzorientierten Deutschland möglich?

Grundsätzlich ist laut Verbraucherzentrale das Überwachen und Verteilen von Knöllchen auf privaten Parkplätzen erlaubt. So heißt es auf der Website der Verbraucherzentrale: "Das Grundstück des Parkplatzes ist im Privatbesitz. Insofern können Supermärkte oder Eigentümer:innen ihre Parkplätze im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben kostenpflichtig oder kostenfrei anbieten. Die Nutzungsbedingungen für den Supermarkt-Parkplatz können sie dabei selbst aufstellen. [...] Da es sich um einen privaten und somit nicht öffentlichen Parkplatz handelt, werden Parkverstöße von privaten Parkraum-Bewirtschaftenden durchgesetzt. Dies soll Fremdparker:innen abschrecken und die Parkplätze für eigene Kunden und Kundinnen freihalten." Diese Methode des Abschreckens nutzt Parkvision und somit der City-Tegut.

Probleme mit dem Datenschutz

Tatsächlich eckte die Firma Parkvision aus dem hessischen Maintal bereits in der Vergangenheit mit ihrer Überwachungsstrategie an. Wie auch in Lohr beschwerten sich Menschen deutschlandweit, so auch im Jahr 2022 im nordrhein-westfälischen Lüdenscheid. Da Parkvision in Hessen liegt, führte der hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HBDI) eine datenschutzrechtliche Prüfung der Parkraumüberwachung durch Parkvision durch.

Auf Nachfrage der Redaktion, welche Verstöße es gegeben habe, ließ Daniel Scheck von der Pressestelle des HBDI Folgendes mitteilen: "Zu den einzelnen Verstößen kann ich keine Angaben machen, da meine Fragen zum eingesetzten System von Parkvision anfangs nicht zu meiner Zufriedenheit beantwortet wurden. Insbesondere wurde die Funktionsweise des Systems nicht vollständig erklärt, und angeforderte Unterlagen wurden entweder gar nicht oder nur unvollständig zur Verfügung gestellt."

Mittlerweile hat laut dem HBDI Parkvision seine Parkraumüberwachung "wesentlich verändert". Die datenschutzrechtliche Prüfung sei nun abgeschlossen, von einer Untersagung des Weiterbetriebs sehe man nun ab, heißt es in einem Bericht des HBDI. Mit anderen Worten: Parkvision darf weiterhin überwachen, ohne Konsequenzen zu spüren.

Vorgehen erlaubt

Weiter erklärt der Pressesprecher, ähnlich wie die Verbraucherzentrale, dass das Vorgehen von Parkvision völlig erlaubt sei. Denn die vom Unternehmen versendeten Zahlungsaufforderungen seien keine Bußgelder, sondern Vertragsstrafen – und die dürfen von privaten Unternehmen wie Parkvision geltend gemacht werden. Stellt ein Autofahrer seinen Wagen auf dem privaten Tegut-Parkplatz ab, schließt der Fahrer einen Vertrag, indem er die Allgemeinen Geschäfts- und Nutzungsbedingungen akzeptiert. Diese Bedingungen, die in der Regel auf Hinweisschildern vor Ort angegeben sind, regeln auch die Zahlung von Vertragsstrafen bei Verstößen.

Dass datenschutzrechtlich nun das Nötigste abgesichert ist, ändert jedoch am Unmut der Betroffenen nichts. Immer noch beschweren sich Lohrer, die den Parkplatz genutzt haben, dass die Zahlungsaufforderungen erst Wochen später eintreffen und sie in der Zwischenzeit bereits einige weitere Male hinter dem City-Tegut geparkt hätten. Die Tegut-Zentrale in Fulda, die Parkvision für insgesamt rund 40 Standorte engagiere, bekomme die Diskussionen in Lohr mit, heißt es in einer E-Mail an die Redaktion. Nach Angaben des Pressesprechers Matthias Pusch führt die Supermarkt-Kette unter anderem über die Kundenbetreuung "zahlreiche Dialoge" mit den betroffenen Kundinnen und Kunden, um "akzeptable Lösungen für alle Beteiligten zu finden".

Keine andere Lösung

Wie bereits der Lohrer Marktleiter Andreas Kroisl vor wenigen Wochen erklärte, habe Tegut keine andere Wahl der Parkraumaufsicht gesehen, außer die der Überwachung. In der E-Mail aus der Zentrale heißt es: "Die örtlichen Gegebenheiten beschränken uns in den Möglichkeiten. Andere Firmen, die eine reine kamerabasierte Bewirtschaftung anbieten, konnten eine Bewirtschaftung nicht umsetzen. Daher haben wir uns an diesem Standort für diese Lösung entschieden." Dabei habe in der Vergangenheit nicht Tegut aktiv nach einer Firma gesucht, stattdessen sei Parkvision von sich aus auf die Supermarkt-Kette zugegangen und habe das Konzept vorgestellt.

Allerdings prüfe die Zentrale derzeit alternative Möglichkeiten. Das bestehende Problem seien jedoch noch immer Fremdparker, die anderweitig einkaufen und den Privatparkplatz hinter dem City-Tegut nutzten. Daher sei Tegut in Lohr "zu entsprechenden Maßnahmen gezwungen".

Die Firma Parkvision, die für die dicke Luft in Lohr sorgt, ist bislang zu keiner Antwort bereit. Die Firma stellt sich stumm, auf Anfragen gibt es keinerlei Reaktionen, weder telefonisch noch per E-Mail.

 
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Kommentare
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  • Karin Sandmann
    Genau diesen Blickwinkel wie auf dem Foto hat der Autofahrer wenn er in den Parkplatz reinfahren will. (Das Privatgrundstück scheint etwas mit dem Gitter über der Abwasserrinne anzufangen. )
    Für mich stellt sich die rechtliche Frage, ob die Hinweisschilder wirklich die Anforderungen an eine gut sichtbare Anbringung erfüllen. Okay, das weiße Schild sieht jeder. Aber dunkle Texttafeln vor dunklem Grund? Insbesondere das "Kleingedruckte" hinter/ oberhalb dem Busch, wo die laaangen Vertragsbedingungen erläutert sind, übersteigt doch weit das, was ein Autofahrer "während der Fahrt" in der Regel erfassen kann, oder? Insbesondere dann wenn man als Lohrer jahrelang dort mit Parkscheibe ohne Strafe parken konnte. Vielleicht sollte da Mal bitte ein Jurist draufgucken?
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