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Lohr
Osteoporose ist kein "Alte-Frauen-Leiden"
Ralf Luge ist Orthopäde und Osteologe.
Foto: Thomas Josef Möhler | Ralf Luge ist Orthopäde und Osteologe.
Bearbeitet von Thomas Josef Möhler
 |  aktualisiert: 19.10.2020 11:09 Uhr

Auch wenn Osteoporose statistisch gesehen vor allem ältere Frauen treffe, sei diese Erkrankung des Knochenstoffwechsels kein "Alte-Frauen-Leiden". Das hat der Lohrer Orthopäde und Osteologe Ralf Luge am Mittwoch in der Alten Turnhalle rund 60 Zuhörern bei einer Informationsveranstaltung der Volkshochschule deutlich gemacht. Die Ursachen der Erkrankung reichten von Alkohol über Medikamente bis Parkinson.

Der Mediziner beschäftigt sich nach eigenen Angaben seit über 20 Jahren mit dem Krankheitsbild. Bei der Behandlung richte er sich nach den Leitlinien des Dachverbands Osteologie (DVO), die die höchste Plausibilitätsstufe S3 hätten. "Alles, was ich Ihnen sage, ist also wissenschaftlich belegt", unterstrich Luge.

Bei der Osteoporose sei der Knochenstoffwechsel gestört, die Knochen brächen mit oder ohne Sturz. Typischerweise betroffen seien Wirbelkörper, Schenkelhals, Handgelenk und Rippen. Laut Weltgesundheitsorganisation sei die Osteoporose eine der zehn häufigsten Krankheiten.

Über sechs Millionen Betroffene

Allein in Deutschland gebe es über sechs Millionen Betroffene, jährlich kämen 900 000 neu hinzu. Über fünf Millionen davon seien Frauen. Jede dritte Frau über 50 Jahren habe Osteoporose, weil nach den Wechseljahren die Konzentration der Hormone abnehme, die die Knochen stärkten.

Die Häufigkeit der Erkrankung nehme mit dem Alter zu. Dennoch ist es nach Luges Worten falsch, die Ursache der Osteoporose auf Alter und Geschlecht zu reduzieren. Viele Medikamente "klauen Kalzium aus den Knochen", so der Mediziner, etwa Cortison und Protonenpumpenhemmer (Magenschutzmedikamente) bei Langzeiteinnahme.

Auch andere Krankheiten förderten eine Osteoporose-Erkrankung, etwa Depressionen, Epilepsie, Multiple Sklerose, Parkinson, ein Schlaganfall und geistige Behinderung. Denn diese Krankheiten schränkten die Mobilität ein, die Betroffenen blieben überwiegend in geschlossenen Räumen und bekämen einen Vitamin-D-Mangel. Vitamin D spielt eine wichtige Rolle beim Knochenaufbau. Zudem seien Antidepressiva und Antiepileptika "Risikomedikamente".

Auch Diabetiker, Frauen in der Brustkrebs-Nachbehandlung (wegen der Medikamente) und HIV-Patienten, die ein dreimal größeres Risiko hätten, sollten sich auf Osteoporose untersuchen lassen. Auf der langen Liste, die Luge dem Publikum präsentierte, standen zahlreiche weitere Risikofaktoren wie Alkoholkonsum, Arthritis und Rauchen.

Entscheidend bei der Behandlung ist nach den Worten des Mediziners, dass sie möglichst vor dem ersten Bruch beginnt. Die Osteoporosetherapie sei wirksam, "aber nicht bei jedem". Rechtzeitig eingenommen, verringerten Medikamente die Wahrscheinlichkeit von Brüchen, "sie schließen sie aber nicht aus".

Grundsätzlich sollten sich jede Frau über 70 Jahren und jeder Mann über 80 Jahren untersuchen lassen. Beim Vorliegen von Risikofaktoren müssten die Untersuchungen jeweils 20 Jahre früher erfolgen. Die Knochendichtemessung sei die grundlegende Methode, dann folgten bei Bedarf der Test von Blut und Urin sowie Röntgen. Die Knochenbiopsie (Gewebeentnahme) sei mittlerweile selten geworden.

Basistherapie ist laut Luge die Einnahme von Kalzium und Vitamin D. Der Kalziumbedarf lasse sich über kalziumreiche Mineralwässer decken, das fettlösliche Vitamin D über die Nahrung und Tabletten zuführen. Dazu kämen spezifische Medikamente.

Ernährung und Bewegung

Als gleichwertig dazu empfahl Luge viel Bewegung. Sie sorge für Balance und Kraft und somit für Sturzprophylaxe. Vibrationstraining mit einer sogenannten Rüttelplatte fördere den Muskelaufbau. Als vorbeugende Maßnahmen nannte Luge eine gesunde, vollwertige Ernährung mit vielen Milchprodukten und altersangepassten Sport.

 
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Kommentare
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  • H. M.
    wenn es so unterschiedliche Ursachen haben kann warum bekomme ich dann in Lohr grundsätzlich erstmal eine zusätzlich kostenpflichtige Knochendichtemessung und Magnetfeldtherapie?
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