Bei einem ökumenischen Orgelspaziergang durch beide Burgsinner Kirchen vollzog der Universitätsorganist der Universität Erfurt, Wieland Meinhold, mit einer Begeisterung für die Königin der Instrumente ein Feuerwerk musikalischer Genüsse und spielte beide Tonwerkzeuge der Kirchen, wie sie wahrscheinlich noch nie zuvor bespielt wurden.
Den eigentlichen Konzerten stellte Meinhold eine Führung direkt am Spieltisch der Orgel in der evangelischen Dreieinigkeitskirche voraus. Die Besucher erfuhren, wie der höchste und der tiefste Ton klingt, aus wie vielen Pfeifen ein solches Instrument besteht und wie die Übertragung zwischen Taste und Ventil funktioniert. An Modellen mitgebrachter Holz- und Aluminiumpfeifen erläuterte er die Funktionalität der Orgelpfeifen. Er demonstrierte das Vibrieren des gesamten Orgelkörpers beim tiefsten Ton und erzeugte ungläubiges Staunen bei zartesten "Tönchen", die an Vogelgezwitscher erinnerten.
"Die Orgel ist ein großes Blas- und Streichorchester und offensive Töne sowie schnelle Wechsel der Klangfarben geben dem Königsinstrument erst richtig Kontur", sagte Meinhold. Die 1902 von der Firma Steinmeyer gebaute elektrische Trakturorgel in der Dreieinigkeitskirche kam 1956 nach Burgsinn, wird über zwei Manuale bespielt und verfügt über 22 Register und 1386 Pfeifen. In der größten Orgel der Welt hingegen sind 235 Register angeordnet, stellte Meinhold fest.
Den ersten Teil des Orgelspaziergangs in der evangelischen Kirche hatte der Maestro "Bach und Italien" gewidmet und brachte freie Improvisationen sowie Ausschnitte eigener Kompositionen zu Gehör. Er entfaltete die gesamte Klangfarbe anhand von berühmten Stücken wie "Fantasia con imitatione" und den "Drei Arnstädter Chorälen" – gepaart mit Originalwerken berühmter italienischer Meister wie Zipoli oder Antonio Vivaldi.
Nach dem kurzen Sparziergang in die katholische St. Michaelskirche hatte Wieland Meinhold für die wuchtige, 1962 entstandene Orgel des Baumeisters Handel, die mit 26 Registern und rund 1700 Pfeifen ausgestattet ist, das Thema "Georg Philipp Telemann & Frankreich" gewählt. Nach der "Magnificat-Offertoire" setzte der Meister auf Nivers "Prélude et Fugue" und schloss als Zugabe mit der phänomenalen "Grand Sortie Es-Dur" von Lefébure-Wély. Einziger Wehmutstropfen war die geringe Zahl von 30 Besuchern, die diesem Konzert nicht würdig war. Denn so haben zu viele ein Jahrzehntkonzert in den Burgsinner Kirchen verpasst, das wohl so nicht wiederkehren wird.