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Marktheidenfeld
Obdachlos in Marktheidenfeld: Übervolle Unterkunft bereitet Sorgen
Um der Nachfrage nach Unterkünften für Wohnungslose noch Herr zu werden, muss die Stadt bereits Pensionen anmieten. Auf die Dauer muss eine andere Lösung her.
Die Obdachlosenunterkunft in der Bahnhofstraße in Marktheidenfeld.
Foto: Lucia Lenzen | Die Obdachlosenunterkunft in der Bahnhofstraße in Marktheidenfeld.
Lucia Lenzen
 |  aktualisiert: 12.02.2024 16:01 Uhr

Sie liegt abseits des städtischen Trubels, ziemlich weit hinten in der Bahnhofstraße in Marktheidenfeld: die Obdachlosenunterkunft der Stadt. In vier Wohnbereichen bietet die Stadt hier Obdachlosen eine Notunterkunft. Oder wie es in der Forderung des Gesetzgebers heißt: eine menschenwürdige Unterbringung.

Stadt mietet Pensionen für Obdachlose an 

In der Praxis bedeutet das: Es gibt eine Küche, sanitäre Anlagen, Schlafstätten und eine Heizung. Was es hier allerdings nicht gibt, ist genügend Platz für die derzeitige Bedürftigkeit. „Die Nachfrage steigt zunehmend und entwickelt sich zu einer großen Herausforderung“, sagt Matthias Hanakam, geschäftsleitender Beamter der Stadt Marktheidenfeld und zuständig für die Unterkunft. Die Stadt sei hier zurzeit an ihrer Kapazitätsgrenze.

Im Klartext heißt das: Um alle Menschen unterzubringen, werden momentan Pensionen zusätzlich angemietet. 600 bis 800 Euro pro Person kostet das die Stadt pro Monat. "Hier versuchen wir Ersatz über das Jobcenter zu bekommen", sagt Hanakam. Aber das meiste von dem Geld sehe die Stadt nicht wieder. Im Vergleich dazu: Rund 200 Euro bekommen die Obdachlosen in Rechnung gestellt, wenn sie in der städtischen Unterkunft wohnen. 

„Die Nachfrage steigt zunehmend und entwickelt sich zu einer großen Herausforderung.“
Matthias Hanakam, geschäftsleitender Beamter der Stadt Marktheidenfeld 

Ob die Corona-Pandemie die Situation verschärft hat? Nicht bei jedem Betroffenen kann der direkte Zusammenhang gezogen werden. Aber, was Hanakam sagen kann, ist: „Die Menschen haben Einkommenseinbußen, das merkt man.“ Und könnten dann ihre Miete nicht mehr zahlen. Dann droht die Räumungsklage. In solchen Fällen ist Hanakam froh, wenn er möglichst früh davon erfährt und bereits etwas organisieren kann. Aber es gibt auch die Momente, in denen er aus einer Sitzung kommt und es heißt: „Da sitzt jemand für dich.“

„Das sind oft ganz normale Menschen, denen sieht man das nicht an“, erläutert er. So hat er bereits ganz junge Menschen kommen und gehen gesehen, sogar ein Pärchen suchte die Hilfe. Zu 75 Prozent handele es sich bei den Betroffenen aber um Männer. Viele seien schnell wieder weg. Allerdings gibt es auch die, die sich einnisten und Monate bleiben. „Die Obdachlosen müssen Eigeninitiative zeigen und zum Beispiel Hartz IV beantragen und aktiv eine Wohnung suchen“, so Hanakam. Allerdings kämen  Menschen mit den verschiedensten Schicksalen und das mache es eben auch so schwierig.

Womöglich muss die Stadt ein weiteres Gebäude kaufen 

Auch Ramona Link vom Sozialamt kümmert sich regelmäßig um die Betroffenen. Im Bedarfsfall holt sich die Stadt zudem Hilfe von anderen Stellen, wie zum Beispiel der Betreuungsstelle des Landratsamt Main-Spessart. Das Gebäude in der Bahnhofstraße gehört der Stadt Marktheidenfeld. Es wird vom zuständigen Hausmeister und den Mitarbeitern des Bauhofs instand gehalten.

Wie es in Zukunft mit der Unterbringung weiter gehen könnte? Eventuell muss die Stadt noch ein weiteres Gebäude ankaufen. Oder aber Container aufstellen. Auf Dauer aber werde man, laut Hanakam, der Sache so nicht mehr Herr. 

Obdachlosigkeit als Pflichtaufgabe

Die Unterbringung von Obdachlosen gehört zu der von der Gemeinde im eigenen Wirkungskreis zu vollziehenden Pflichtaufgabe, die öffentliche Sicherheit und Ordnung im örtlichen Bereich aufrechtzuerhalten.
Für die Unterbringung Obdachloser ist diejenige Gemeinde zuständig, in der die Betroffenen obdachlos werden. Die Gemeinde kann sich dieser Zuständigkeit nicht dadurch entziehen, dass sie die Obdachlosen an eine andere Gemeinde verweist.
Quelle: Wikipedia
 
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  • R. D.
    Mal ein paar Anmerkungen zur Diskussion:
    - Staatliche Eingriffe haben noch nie funktioniert und die Situation längerfristig immer nur verschlechtert.
    - Hat nicht der Staat durch unsinnige Verordnungen (EnEV) und kontinuierliche Verschärfung dieser Verordnungen bis hin zu völliger Unwirtschaftlichkeit diese Situation erst erzeugt?
    - Muss jeder am teuersten Fleck oder im teuersten Städtchen (Marktheidenfeld) wohnen? In den Umkreisgemeinden gibt es günstige Wohnfläche und Bauplätze
    - Keiner müsste Wohnungslos sein in Deutschland. Es gibt ausreichend Hilfe (Hartz4). Das ist zwar auch nicht die Lösung, aber das ist ein ganz anderes Thema
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  • S. H.
    @ Einwohner: was nutzen Hartz IV oder Wohngeld, wenn für den möglich anrechenbaren Betrag kein Wohnraum zu finden ist? Das ist leider im Moment auf dem Umland nicht wesentlich besser und wenn ein Arbeitnehmer mit Familie zu weit nach draußen geht scheitert es wiederum am fehlenden ÖPNV - meines Erachtens macht es aber auch keinen Sinn das Wohngeld von staatlicher Seite immer weiter zu erhöhen, damit bereichern sich wohlhabende Immobilienspekulanten an immer höheren Mieten
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  • M. M.
    @Einwohner:

    1. Da muss ich Ihnen leider Recht geben .Staatliche Eingriffe sind oft an der Lebensrealität vorbeigedacht.

    2. Nein, das EnEV ist nur ein kleiner Beitrag zur Mietpreistreiberei. Den Rest besorgt die unsichtbare, magische Hand des Marktes, die angeblich zur Glückseligkeit aller führt.

    3. Müssen nicht, allerdings muss es, um Segregation zu vermeiden, möglich sein, sich überall da niederzulassen, wo man es wünscht. Soziale und kulturelle Durchmischung halte ich bzgl. des gesellschaftlichen Fortschritts für notwendig. Zudem ist die Freizügigkeit gesetzlich verankert.

    4. Jegliche finanzielle Hilfe greift ins Leere, wenn man trotz Geld keine Wohnung hat.
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  • J. N.
    Das Wort "Einnisten" empfinde ich als sehr unangebracht und menschenverachtend.
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  • M. M.
    Marktheidenfeld ist ein gutes Beispiel für einen der Gründe, warum Wohnungslosigkeit auch in Main-Spessart zum Problem wird. Trotz Bauboom kaum noch bezahlbarer Wohnraum für nicht so reiche Menschen. Das betrifft im übrigen auch Normalverdiener, die in Handwerkjobs bei klein- und mittelständischen Betrieben arbeiten. Hinzu kommen nicht verwendete Leerstände und Spekulantentum.
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  • K. G.
    Tja, dann müssen die Kommunen wohl ihre Aufgaben mal wieder wahrnehmen und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Obdachlosenunterbringung gehört zu den Grundpflichten einer Gemeinde. Das man dafür eigene Gebäude im Bestand hat, war früher selbstverständlich.
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  • S. H.
    Vielleicht sollte über eine gesamtgesellschaftliche und größere politische Veränderung nachgedacht werden... immer mehr Menschen können sich das Grundbedürfnis "Wohnen" nicht mehr leisten, weil mit Wohnraum spekuliert wird (so wie auch mit anderen Grundrechten weltweit)- die Kommunen könnten zum einen selbst wieder vermehrt in den Bereich Wohnen zum Wohle ihrer BürgeInnen einsteigen (Genossenschaften, kommunale Wohnungsbaugesellschaften), als auch kleinere Initiativen unterstützen, statt die letzten kommunalen Grundstücke an Groß-Investoren zu veräußern ...
    auch wenn ich manchmal selbst nicht mehr recht daran glauben kann, so hoffe ich noch immer, dass diese maßlosen Spekulationen endlich ein Ende haben und sich jeder Mensch nur noch so viel von unseren Ressourcen nimmt, wie er auch wirklich zum Leben benötigt und damit auch jedem anderen ein Leben in Würde zugesteht - dies würde auch Probleme auf anderer Ebene (Umwelt) lösen
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