Viele Diskussionen gingen voraus, am 14. Juli wurde es amtlich: Der nach dem Heimatdichter benannte ehemalige Nikolaus-Fey-Weg in Lohr heißt seitdem offiziell "Am Steinernen Weg". Seit Montag ist die Umbenennung sichtbar: Bauhofmitarbeiter Jürgen Welzenbach tauschte die fünf Straßenschilder aus. Beim ersten legte der Zweite Bürgermeister, Dirk Rieb, selbst Hand an.
Beschlossen hat der Stadtrat die Umbenennung bereits am 15. März. Bürgermeister Mario Paul hat die Allgemeinverfügung nach Informationen aus dem Rathaus am 13. Juli unterzeichnet. Sie wurde an der Amtstafel im Foyer des Rathauses bekannt gemacht. Da der sofortige Vollzug angeordnet wurde, war der Nikolaus-Fey-Weg somit ab dem 14. Juli nach den bayerischen Vorschriften umbenannt.
Beim Pressetermin am Montag erinnerte Dirk Rieb daran, dass es sich der Stadtrat mit der Umbenennung nicht leicht gemacht hat. Hintergrund ist Feys Rolle im Nationalsozialismus, die von vielen Widersprüchen gekennzeichnet ist. In den Werken des Heimatdichters gibt es Überschneidungen mit der nationalsozialistischen Blut-und-Boden-Ideologie. Persönlich hat sich Fey nach dem heutigen Kenntnisstand wohl nie etwas zuschulden kommen lassen. Als Förderer und Verteidiger der fränkischen Traditionen, des Brauchtums und der Sprache stand er dem NS-Regime lange Zeit naiv und unkritisch gegenüber. Die Augen öffnete ihm wohl eine Dienstverpflichtung ins besetzte Polen ab Herbst 1942. Im Spruchkammerverfahren nach dem Krieg wurde er als Mitläufer eingestuft.
Als Vorbildcharakter geeignet?
Die zentrale Frage lautet nach Riebs Worten, ob Fey im Licht der historisch-kritischen Auseinandersetzung als Namensgeber für Straßen und damit als eine geehrte Person mit Vorbildcharakter geeignet ist. Das habe die Würzburger Straßennamenskommission bei der Beschäftigung mit dem Thema verneint, sagte der Zweite Bürgermeister. Laut Stadtratsbeschluss sollen die neuen Straßenschilder diesen Kontext erklären. Das bedeutet: Auf Zusatzschildern steht der Hinweis "vormals Nikolaus-Fey-Weg". Ein QR-Code, den Passanten mit dem Smartphone einscannen können, führt zu einer städtischen Webseite, die den Heimatdichter historisch-kritisch beleuchtet.
Bereits beim Beschluss in der Stadtratssitzung im März hatte Bürgermeister Mario Paul mitgeteilt, dass Marina Hanas vom Stadtarchiv und Wolfgang Vorwerk, Vorsitzender des Lohrer Geschichts- und Museumsvereins, diese Einordnung erarbeiten. Inzwischen sind sie damit fertig. Dass QR-Code und Internetseite funktionieren, demonstrierte Bauamtsleiter Ingo Schmitt mit seinem Mobiltelefon. Mit den Zusatzschildern kommt die Stadt auch Anwohnerwünschen nach. Denn so finden Besucher und Paketdienste die Straße leichter. Zudem soll der Name Nikolaus Fey nicht ausgemerzt werden. Die Stadt will sich kritisch mit dem Leben und Wirken Feys auseinandersetzen.
"Ahornstraße" unbeliebt
Nach einer Diskussion in der Öffentlichkeit hatte sich der Stadtrat im Mai 2022 mit 14 zu 9 Stimmen für eine Umbenennung entschieden, den neuen Straßennamen allerdings offengelassen. Dafür sollten die Bürgerinnen und Bürger Vorschläge machen.
Um künftige Schwierigkeiten zu vermeiden plädierte die Stadt für eine Baumart anstelle einer Persönlichkeit als Namensgeber. Der Vorschlag "Ahornstraße" fiel allerdings nicht auf fruchtbaren Boden. Laut Wolfgang Weis (Grüne) stehen am Nikolaus-Fey-Weg nur drei Ahornbäume, die zudem von einer Krankheit bedroht sind. Er sprach sich für eine Rückbesinnung auf die historische Bezeichnung "Am Steinernen Weg" aus. Bei der Abstimmung hoben sich nur vier Hände für "Ahornstraße", hingegen fand "Am Steinernen Weg" eine deutliche Mehrheit. Die Kontextualisierung wurde bei drei Gegenstimmen beschlossen.
Der Nikolaus-Fey-Weg wurde erstmals am 21. Februar 1986 gewidmet. Auf einer derzeitigen Länge von 990 Metern mit 59 Hausnummern leben 145 gemeldete Anwohnerinnen und Anwohner.