Von heute auf morgen, ja sogar innerhalb eines halben Tages könnte die Erwin-Ammann-Halle in Karlstadt, die Dreifachturnhalle neben dem Johann-Schöner-Gymnasium, zur Notunterkunft für bis zu 200 Flüchtlinge werden. Das machten Landrat Thomas Schiebel bei einem Pressegespräch im Landratsamt deutlich. Zu diesem Winternotfallplan, der von 1. November bis 31. März gilt, sei der Landkreis verpflichtet. Zupass kam dem Landkreis hier auch die BR-Radltour.
Der Notfallplan, so Schiebel, greift etwa, wenn es in den Wintermonaten in einem Aufnahmelager für Flüchtlinge zu einer Epidemie kommen sollte und dann eine Unterbringung in Zelten nicht möglich ist. Ohnehin würden in der Ammann-Halle auch bei einem großen Unfall oder einer Katastrophe Menschen untergebracht. Auch dann habe die Unterbringung von Menschen Vorrang vor einer Nutzung der Halle durch Vereine oder Schulen.
Dass die Dreifachturnhalle als Notfallunterkunft gewählt wurde, habe laut Schiebel „rein praktische Gründe“. So viele geeignete landkreiseigene Gebäude gebe es nicht und durch die BR-Radlour gebe es für die Halle schon einen Belegungsplan. Sanitäre Anlagen seien da, der Brandschutz gewährleistet, auch ein Fluchtwegekonzept gebe es, man habe nur den Bettenplan etwas überarbeitet. Schiebel macht klar: „Es handelt sich nur um eine mögliche Notunterkunft. Die wird hoffentlich nie bezogen.“ Wenn, dann muss sie jedoch innerhalb weniger Stunden für Flüchtlinge herzurichten sein.
Sollte der Notfall wirklich eintreten, würde das Rote Kreuz mit einer Schnelleinsatzgruppe und die Caritas in die Unterbringung der Flüchtlinge mit eingebunden. 200 Feldbetten vom Roten Kreuz stünden dann zur Verfügung, so Schiebel, sowie 250 Einmalhygienesets mit Dingen wie Zahnbürste, Seife und Handtuch. Die Verpflegung würde im Fall der Fälle am ersten Tag das Rote Kreuz übernehmen, ab dem zweiten Tag die Krankenhausküche. Möglicherweise noch nicht auf Krankheiten untersuchte Flüchtlinge könnten vom Gesundheitsamt durchgecheckt werden.
Schiebel nutzte das Pressegespräch auch, um zu erklären, dass im Landratsamt viele Personen mit dem Flüchtlingsthema beschäftigt sind. Deswegen gebe es regelmäßig einen runden Tisch im Landratsamt, bei dem auch die Caritas, die im Landkreis die Asylbewerber betreut, mit dabei ist sowie Gemündens Bürgermeister Jürgen Lippert als Vertreter der Kommunen. Beim Pressegespräch im Landratsamt standen neben Schiebel Michael Deubert (Kommunale und soziale Angelegenheiten), Andrea Bannhagel (Öffentliche Sicherheit und Ordnung), Dieter Weigand (Soziale Angelegenheiten), Elmar Schätzlein und Anna-Lena Blum (Personenstands- und Ausländerrecht), Michael Martin (Jugend und Familie), Andreas Hafenrichter (Ordnungsamt), Stephan Roth (Gesundheitsamt), Holger Steiger und Tamara Brasch (Pressestelle) Frage und Antwort.
So erfuhr die Presse, dass das Landratsamt von acht wöchentlich zugeteilten Flüchtlingen inzwischen bei 24 angekommen sei. Es komme meist am Donnerstag oder Freitag eine Mail, dass sie am Montag kommen. Aus einem Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten sind im Landkreis derzeit keine unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Michael Martin sagte, man habe aber schon Pflegeeltern und die Jugendherbergen angesprochen, es gebe auch Gespräch mit der Diakonie und der Caritas. Denn, so Schiebel: „Mit der Solidarität der anderen können wir nicht immer rechnen.“
Inzwischen sei das Verständnis für die Notwendigkeit, Flüchtlinge aufzunehmen, eigentlich landkreisweit da, so Schiebel. „Wir sind immer dankbar für Mietangebote“, sagte Dieter Weigand. Inzwischen hätten die Städte Angebote gemacht. Das Landratsamt kaufe oft selbst eine Kücheneinrichtung, etwa beim Intakt, manchmal aber auch neu. Inzwischen hätte die Geldleistung Vorrang, damit sich Asylbewerber selbst versorgen können. Aus dem gesamten Landkreis habe es noch keine Beschwerden von Nachbarn über Asylbewerber gegeben.
Stufe 2 des Winternotfallplans sieht vor, dass Grundstücke als Containerstandorte genutzt werden können. Hier habe man die Gemeinden abgefragt, so Schiebel. In Stufe 3 sind geeignete Flächen für längerfristig nutzbare Temporärbauten gesucht. Deubert fügte hinzu, dass es baurechtliche Fragen zu klären gebe.
Die größten Gruppen der mittlerweile rund 300 Asylbewerber im Landkreis kommen im Moment aus Syrien, dem Iran, dem Westbalkan und verstärkt aus der Ukraine.