
"Als Freunde kamen wir, als Freunde gehen wir": Ein letztes Mal stimmten die 22 verbliebenen Mitglieder des Gesangvereins "Edelweiß" Stetten" eines ihrer beliebtesten Lieder an. Und es klang dabei ein klein wenig nach Trotz und ganz viel Wehmut. Denn vor wenigen Tagen beschloss der zweitälteste Verein des Dorfes in der wohl traurigsten Versammlung seiner Geschichte seine Auflösung.
Im Januar 1906 trafen sich in Stetten 26 sangesfrohe Männer und gründeten den Männergesangverein "Edelweiß" Stetten. Neben der Pflege des "Deutschen Liedes" sollte auch die Geselligkeit nicht zu kurz kommen, so wollten es die Gründungsstatuten.
Am Ende gab es feuchte Augen bei den Aktiven
Nicht nur bei der Vorstandschaft gab es am Ende betretene Gesichter und feuchte Augen, als sie ein wenig trotzig das Schlusslied "Als Freunde gehen" anstimmten.
Wie in jener Zeit üblich, wirkten neben dem Gründungsvorsitzenden Ludwig Lambrecht die beiden Lehrer Friedrich Axt und Karls Stanger als Dirigent beziehungsweise Schriftführer mit. Schon im nächsten Jahr führte der Verein neben Liedvorträgen auch Theaterstücke, Couplets und Sketche auf und wurde so schnell zum kulturellen Mittelpunkt Stettens.
Immer wieder rappelte sich der Stettener Gesangverein auf
Herbe Rückschläge gab es für den Verein infolge der beiden Weltkriege, die auch unter den Sängern großen Blutzoll forderten. Im Juni 1926 und 20 Jahre später wagte man jeweils einen Neuanfang. Bis 1949 war der Chor eine Unterabteilung der Spielvereinigung Stetten, 1949 wurde der Gesangverein "Edelweiß" wieder selbstständig und nahm seine kulturelle Stellung mit Konzerten, Auftritten und Mitgestaltung von Gottesdiensten und Ereignissen im Dorf auf.
Anfang der 1980er-Jahre hatte der Verein 72 Mitglieder, doch keine zehn Jahre später wurde das Interesse am Chorgesang geringer und die Zahl der aktiven Sänger nahm so stark ab, dass man sich 1991 entschloss aus der reinen Männergruppe einen gemischten Chor zu bilden. Das verhalf dann auch tatsächlich dem Verein zu einer neuen Blüte ,die fast 20 Jahre anhielt. In jener Zeit gab es viele schöne Auftritte bei Sängerfesten in Stetten und auswärts.
Auch eine Gemeinschaft mit "TonArt" klappte nicht
Doch trotz aller Bemühungen der Vereinsführung unter Michael Sauer und Maria Liebstückel gelang es nicht, mit Neuzugängen, den Niedergang aufzuhalten. Das Alter forderte seinen Tribut - zum Schluss waren die Sänger und Sängerinnen durchweg 70 bis 80 Jahre alt. Die Proben wurden für manche zur Belastung, sagte der Vorsitzende Sauer. Dazu kam auch die sich wandelnde Akzeptanz in der Gesellschaft, denn nicht nur in den Chören, sondern auch bei den Zuhörern hatte sich der Musikgeschmack verändert.
Zuletzt machte die Vereinsführung noch den Versuch einer Singgemeinschaft des gemischten Chors mit der aktiven Damengruppe "TonArt". Doch diese Idee scheiterte und die Gedanken an eine Vereinsauflösung nahm konkretere Formen an.
Zum Erntedankgottesdienst 2023 traten die Edelweiß-Sänger ein letztes Mal öffentlich auf. Im darauffolgenden Dezember gab es die erste Versammlung mit dem Versuch der Liquidation, der jedoch scheiterte.

Beim jetzigen endgültig letzten offiziellen Treffen waren 22 Mitglieder anwesend, zur verbindlichen Entscheidung waren 75 Prozent der Stimmen notwendig. Diesmal gab es nur eine Gegenstimme und der Verein war Geschichte. Ein Verein, der das kulturelle Leben in Stetten fast 120 Jahre mitgeprägt hat.
Als letzte Amtshandlung stellte der Vorsitzende Sauer das weitere Prozedere vor. Das geringe Vereinsvermögen wird zum Teil für angefallene Energiekosten im Pfarrheim verwendet, die Vereinsfahnen und die Protokolle sowie das Schriftwesen verbleiben vorerst im ehemaligen Vereinszimmer in der "Alten Schule" oder in den Räumen der Geschichtsfreunde Stetten. Das Klarinova-Instrument geht an die "TonArt" und ein Restbetrag wird für die rechtlichen Kosten der Vereinsauflösung vorgehalten.
Aber egal, das ganze Delema bei den Männerchören allgemein ist der fehlende Nachwuchs, wo sich junge Menschen einfach für den "deutschen Gesang" nicht mehr interessieren. Vorallem, was älteres Liedgut ist. Es ist überall ein deutlicher Abwärtstrend verspürbar. Schade eigentlich, die Proben waren ja oftmals nicht das Wichtigste, sondern danach die Geselligkeit bei einem oder zwei Gläschen Bier oder Wein oder auch alkoholfrei. Das sollte wieder mehr gepflegt werden. Das dannach. Und vor allem, nehmen es manche Dirigenten einfach zu tierisch Ernst. Sie müssen auch merken, dass die Leute noch Spaß am Singen haben und dies in ihrer Freizeit tun.