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Duttenbrunn
Nicht meckern, sondern anpacken: Wie der "wilde Rentnerhaufen" sein Dorf in Main-Spessart verschönern will
Fast 1.000 Stunden haben die Männer bereits ehrenamtlich für ihren Ortsteil gearbeitet. Die 24 Rentner kümmern sich um 13 Bildstöcke und die Gestaltung der Ortseinfahrten.
Der 'Wilde Rentnerhaufen' aus Duttenbrunn kümmert sich seit Jahren um die 13 Bildstöcke und die Gestaltung der Ortseinfahrten. 
Foto: Günter Roth | Der "Wilde Rentnerhaufen" aus Duttenbrunn kümmert sich seit Jahren um die 13 Bildstöcke und die Gestaltung der Ortseinfahrten. 
Günter Roth
 |  aktualisiert: 11.05.2024 02:42 Uhr

Nicht klagen, nicht meckern, sondern selber anpacken: Das ist das Credo von 24 Männern aus dem Zellinger Ortsteil Duttenbrunn (Lkr. Main-Spessart). Der "Wilde Rentnerhaufen" kümmert sich seit Jahren um die 13 Bildstöcke und die Gestaltung der Ortseinfahrten. Fast 1.000 Arbeitsstunden haben sie mittlerweile ehrenamtlich eingebracht, finanziell unterstützt werden sie vom Markt Zellingen und der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE).

Eines ihrer Projekte ist das Prozessionsaltärchen "Am Brädlich", das 1802 von Adam Leder gestiftet und 164 Jahre später von seinem Nachkommen Eugen renoviert wurde. Der kleine Altar hatte zunächst an der Straße nach Urspringen gestanden, ist dann aber bei einem Autounfall zerstört worden und in verschiedenen Scheunen in Vergessenheit geraten.

Der selbst benannten "Wilde Rentnerhaufen" hat die Sandsteinteile wieder eingesammelt, abgestrahlt, mithilfe eines Steinmetzes neu zusammengesetzt und an einen neuen, sicheren Platz versetzt. Die Vorarbeiten wie das Fundament hat die Gruppe selbst erledigt.

Rentnergruppe will Begegnungsstätten schaffen

Der neue Standort in mittlerweile auch ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Fremde entstanden. "Unser wilder Rentnerhaufen möchte einmal altes Kulturgut des Dorfes erhalten, aber auch Begegnungsstätten, Plätze zum Verweilen und zum Genießen schaffen", sagt Winfried Fischer. So lädt jetzt vor dem erneuerten Bildstock eine Sitzgruppe mit Blick auf den Ort zum Verweilen ein. Die Tischplatte war einst der Altarstein der Kirche. Neben Duttenbrunnern pausieren hier auch viele Radfahrer, die den Weg über die Fränkische Platte nehmen. Das Grundstück wurde inzwischen von der Gemeinde Zellingen erworben.

Das gusseiserne Kreuz ist 1885 als Danksagung für einen glimpflich verlaufenen Hausschaden errichtet worden. Die Ehrenamtlichen haben das Denkmal renoviert.
Foto: Günter Roth | Das gusseiserne Kreuz ist 1885 als Danksagung für einen glimpflich verlaufenen Hausschaden errichtet worden. Die Ehrenamtlichen haben das Denkmal renoviert.

Ein anderer Schatz ist das gusseiserne Kreuz am östlichen Ortsrand, das einst 1885 als Danksagung für einen glimpflich verlaufenen Hausschaden errichtet wurde. Auch dieses Denkmal musste bei der Renovierung 2021 versetzt werden, weil es am alten Standort immer wieder von landwirtschaftlichen Fahrzeugen beschädigt wurde.

Zusammenarbeit mit Steinmetz 

Ein weiterer Bildstock ist im Flurstück "Äußere Breulich Hemig". An dieser Stelle, so heißt es auf dem Schild, habe sich "ein liederliches Mädchen mit mehreren Burschen abgegeben, die sie dann in einen Sack steckten und liegen ließen." Zur Sühne sei dieser Bildstock im Jahr 1731 von einem Adam Mehling gesetzt worden.

Hier arbeiteten die aktiven Duttenbrunner mit einem Steinmetz aus Wernfeld zusammen. Während dieser das Bildmotiv neu schuf, restaurierten die Männer vor Ort die alte Säule und setzten alles sicher zusammen. Heute ist der Platz am Radweg nach Laudenbach ein beliebter Haltepunkt für Wanderer und Radfahrer.

Für diesen Bildstock im Flurstück 'Äußere Breulich Hemig' arbeiteten die aktiven Duttenbrunner mit einem Steinmetz zusammen.
Foto: Günter Roth | Für diesen Bildstock im Flurstück "Äußere Breulich Hemig" arbeiteten die aktiven Duttenbrunner mit einem Steinmetz zusammen.

Die Mannschaft von Winfried Fischer setzt sich in erster Linie aus Vertretern der verschiedensten Handwerksberufe zusammen. Da sind Maurer, Metallfacharbeiter, Schreiner, Landwirte und andere mit dabei. Neben den 13 Bildstöcken im Dorfgebiet realisierte die Rentnertruppe aber auch auffallende und einladende Begrüßungsschilder an den Ortseingängen und vor allem einen großzügigen Grillplatz am südwestlichen Dorfende im "Kettlichsgraben" mit Schutzhütte, Sitzgruppe, Feuerloch und Grillstelle.

Lange Vorbereitungen mit historischen Vorlagen

Vor den handwerklichen Arbeiten waren aber eine ganze Reihe von Vorbereitungen notwendig. Fischer und seine Männer erstellten eine genaue Aufnahme von vorhandenen und verschollenen Bildstöcken, sie forschten nach den zeitlichen Abläufen, studierten historische Vorlagen und die Gründe für deren Aufstellung und sie ermittelten den voraussichtlichen Restaurierungsbedarf.

Für die 961 Arbeitsstunden entstanden der Gemeinschaft keine Kosten, wohl aber für die Planungsunterlagen und die notwendigen Gewerke, die man nicht selbst erledigen konnte. Hier leisteten der Markt Zellingen und die ILE Main-Wein-Garten wertvolle Hilfen. Zu dieser finanziellen Unterstützung kann Fischer bislang noch keine detaillierten Angaben machen, denn: "Unser Projekt läuft noch immer und wir sind noch lange nicht am Ende".

Etwas selbst in die Hand nehmen - es einfach tun, das will der 'Wilde Rentnerhaufen' aus Duttenbrunn.
Foto: Günter Roth | Etwas selbst in die Hand nehmen - es einfach tun, das will der "Wilde Rentnerhaufen" aus Duttenbrunn.

Etwas selbst in die Hand nehmen - es einfach tun, das will der "Wilde Rentnerhaufen" aus Duttenbrunn. Sie wollen auf diese Weise ihr Dorf verschönern und uralte Zeugnisse von überstandenem Leid, von Verbrechen und Sühne überliefern, die diese in Stein gemeißelte Bitt- und Dankgebete auf den Kleindenkmälern vermitteln. Ein weiteres Ziel sind Erhalt und Förderung des Dorfzusammenhalts. Erste Erfolge sind schon jetzt sichtbar: Bei gemeinsamen Bildstockwanderungen und Begegnungen im "Haus der Bürger" kommen Menschen zusammen und Gemeinschaft wird erlebbar.

Die Aktion "Zeichen setzen!"

Die Aktion "Zeichen setzen!" zeichnet seit über 20 Jahren beispielhafte ehrenamtliche soziale Initiativen aus. Eine Jury wählt unter den Bewerbungen aus. Immer im Spätherbst werden dann vier Preise – dotiert mit 500 bis 3000 Euro – verliehen.
Initiativen können sich entweder selbst bewerben - oder sie werden von Dritten vorgeschlagen. Jede und jeder kann Personen oder Gruppen nennen, die Wichtiges zum Gemeinwohl beitragen. Eingereicht werden können Projekte und Initiativen aus Unterfranken und dem benachbarten Main-Tauber-Kreis.
Bewerbungen sind bis einschließlich 30. September 2024 möglich. Bitte schreiben Sie an:
Main-Post, Aktion "Zeichen setzen!", Berner Straße 2, 97084 Würzburg, E-Mail: zeichensetzen@mainpost.de
Oder: Lernwerk Volkersberg, Volkersberg 1, 97769 Bad Brückenau, E-Mail: zeichensetzen@volkersberg.de
Oder: Lernwerk Volkersberg, Volkersberg 1, 97769 Bad Brückenau, E-Mail: zeichensetzen@volkersberg.de
Informationen rund um die Aktion, die Bewerbung, die Kriterien sowie erschienene Beiträge finden Sie unter www.mainpost.de/zeichensetzen und www.lernwerk.volkersberg.de.
MP
 
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