
Die Debatte zum Bebauungsplan "Kellergarten" und der geplanten Reitanlage im Neustadter Gemeinderat vergangene Woche hat zahlreiche Reaktionen ausgelöst. In mehreren Leserbriefen und in den sozialen Netzwerken kritisierten die Gegner des Bauvorhabens die Aussagen von Bürgermeister Stephan Morgenroth.
Die Informationen aus Leserbriefen, Gemeinderatsberichterstattung und sozialen Medien vermischen sich in Teilen. Deshalb hat die Redaktion sich entschlossen, die in Leserbriefen und in Social Media geäußerte Kritik zusammenzufassen und den Bürgermeister dazu zu befragen.
Einwände ernst genommen
Ein Kritikpunkt von Volker Bugdoll in seinem Leserbrief: Bürgermeister und Gemeinderat würden "die Bedenken der betroffenen Bürger überhaupt nicht ernst nehmen". "Dies ist nicht richtig", versichert Bürgermeister Stephan Morgenroth im Gespräch mit unserem Medienhaus. "Selbstverständlich nehmen wir jeden Einwand grundsätzlich ernst." Jeder einzelne Absender einer Stellungnahme habe unverzüglich ein Schreiben bekommen, in dem der Eingang der Stellungnahme bestätigt, sowie das weitere Verfahren beschrieben wurde.
In einem offenen Brief an alle Haushalte ging Bürgermeister Morgenroth bereits Mitte März auf die meistgenannten Bedenken und Einwände der einzelnen Stellungnahmen ein. In dem vom Gemeinderat mitgetragenen Brief wurde dargelegt, dass alle einzelnen Stellungnahmen geprüft, bewertet und anschließend in öffentlicher Sitzung behandelt werden. Dies werde voraussichtlich im Mai oder Juni der Fall sein. Auch die Stellungnahmen der Behörden und der Träger öffentlicher Belange würden hier gehört.
Ein Vorwurf lautet, der Bürgermeister habe sich bislang "mit keiner Silbe" zu den Einwänden besorgter Bürger geäußert. Doch zum jetzigen Zeitpunkt stehe es ihm überhaupt nicht zu, sich weiter zu äußern, sagt Morgenroth, "da wir uns in einem laufenden bauplanungsrechtlichen Verfahren befinden".
Äußerungen in der Gemeinderatsitzung hätten außerdem den Eindruck erweckt, dass sich die Bedenken zum Bauprojekt nur auf wenige Personen beziehen, so die Kritiker. Insgesamt gingen laut Morgenroth acht Stellungnahmen fristgerecht ein, wovon drei Schreiben mit beigefügten Unterschriftenlisten eingingen. Insgesamt wurden 193 Unterschriften gesammelt. Einige Personen haben mehrfach unterschrieben. Eine große Anzahl wollte sich im Nachgang wieder streichen lassen, da sie teils nach eigener Aussage "überrumpelt oder falsch informiert wurden". Dies sei aber nicht weiter relevant, so Morgenroth, da jede Stellungnahme, egal wie viele Unterschriften dieser beigefügt sind, gleichbehandelt werde.
Einige Falschmeldungen
Als Beispiel für Falschmeldungen nennt Morgenroth, dass alle Wege innerhalb des Bebauungsplans künftig der Vorhabensträgerin gehören würden und somit der Bevölkerung für den Weg zum Friedhof nicht mehr zur Verfügung stünden. Auch war vom Reiterhof mit Reithalle am Michaelsberg mit über 50 Pferden die Rede, wobei am Tag mehrere hundert Fahrzeuge mit Pferdeanhänger durch den Ort auf den Michaelsberg fahren würden. Von einem völlig zerstörten Natur- und Landschaftsbild am Michaelsberg war zu lesen.

Fakt ist dem Bürgermeister zufolge, dass der Reiterhof im Kellergarten angesiedelt werden soll und der Michaelsberg in der Vorplanung lediglich als Koppel mit Offenstall dienen soll, auf dem keinerlei Reitunterricht oder Ähnliches stattfinden wird. Weiter war von der Rodung der Streuobstwiesen und Zerstörung der Biotope im Planbereich die Rede. Die tatsächliche Situation zeige hier der Umweltbericht zur Grünordnungsplanung, so Morgenroth, der Grundlage für den Bebauungsplan ist.
Mit Zitaten wie "mit Geld ist alles möglich" und "Politiker sollten Sponsorenjacken tragen, dann weiß man wenigstens, wem sie gehören" wird in den sozialen Medien Bestechlichkeit in den Raum gestellt – die Behauptungen richten sich nicht nur gegen den Bürgermeister und den Gemeinderat, sondern auch gegen alle weiteren beteiligten Behörden. Zu teils persönlichen Diffamierungen sowie Beleidigungen, sogar bis hin zu Drohungen durch anonyme Anrufe gegenüber einigen Gemeinderatsmitgliedern und deren Familien ist es gekommen. Dazu möchte sich Bürgermeister Stephan Morgenroth nicht mehr weiter äußern.
Planänderung am Michaelsberg?
Der Gemeinderat hat sich bereits im Vorfeld Gedanken um eine Entschärfung der Situation am Michaelsberg gemacht. Zwischenzeitlich wurden Gespräche mit anderen Grundstückseigentümern im erweiterten Planungsbereich südlich, hinter dem Friedhof, geführt oder sollen noch geführt werden. Sollten die Grundstückseigentümer signalisieren, dass sie ihre Grundstücke zur Verfügung stellen, sei sogar ein völliges Ausscheiden des Bereiches vor dem Friedhof aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans möglich.
Bürgermeister Morgenroth versichert: "Wir werden nicht nur auf die rechtlichen Belange eingehen und diese umsetzen, sondern auch die Bedenken der Bevölkerung berücksichtigen, soweit dies eben möglich ist". Hierzu wird in den nächsten zwei Wochen ein weiteres Gespräch zwischen der Vorhabensträgerin, den beteiligten Planungsbüros und der Kommune stattfinden.
Zu lange geschwiegen
Gerüchten und Unwahrheiten könne mit umfassender Aufklärung entgegengewirkt werden, was Bürgermeister Morgenroth in seinem offenen Brief an alle Einwohner mittlerweile auch ausgiebig getan habe, schreibt Gabriele Weyer-Rüb in einem Leserbrief. Trotzdem sei die Aufregung groß und viele fühlten sich getäuscht, weil wichtige Vorplanungen, wie die geplante Bebauung der Friedhofswiese oder die Öffnung der historischen Mauer zwei Jahre lang, bewusst oder unbewusst, weder von der Presse noch im Neustädter Boten thematisiert worden seien.
Mindestens 275 Bürgerinnen und Bürger hatten das Bedürfnis, vier verschiedene Stellungnahmen durch ihre Unterschrift zu unterstützen, schreibt Weyer-Rüb weiter. Weitere hätten nicht mehr unterschreiben können, weil die Einspruchsfrist am 12. März endete.