
Zunehmender Leerstand, sinkende Besucherfrequenz – landauf, landab stehen die Innenstädte durch den Internethandel unter Druck. Auch in Lohr. Stadt und Werbegemeinschaft versuchen hier jedoch seit Jahren, im Schulterschluss und mit viel Engagement dem Trend zu begegnen. Nun soll ein weiteres Projekt gestartet werden.
Unter dem Schlagwort "Together we can" (gemeinsam können wir das) sollen dabei in vier unterfränkischen Städten vor allem unter Federführung örtlicher Werbegemeinschaften exemplarisch Wege zur Belebung der Innenstädte gesucht werden. Im Boot sitzen neben Lohr die Städte Würzburg, Schweinfurt und Gerolzhofen. Initiiert ist das Projekt vom Handelsverband Bayern, gefördert wird es vom Münchner Wirtschaftsministerium.
Dass es bei dem Projekt nicht um gewaltige Maßnahmen und große Investitionen geht, zeigt sich am veranschlagten Etat: Er umfasst insgesamt 150.000 Euro, wovon 90.000 Euro paritätisch auf die tatsächliche Realisierung von konkreten Projekten in den vier beteiligten Städten entfallen. Um welche Projekte es gehen könnte, blieb am Mittwoch offen. Darüber sollen sich nach einer Potentialanalyse vor allem die Akteure vor Ort Gedanken machen.
Wider die Verödung
Zu Notwendigkeit und Zielrichtung sprach im Stadtrat Volker Wedde, Geschäftsführer des Handelsverbandes in Unterfranken. Er sprach von einem grundlegenden Strukturwandel, der sich in allen Innenstädten bemerkbar mache, auch von einer vielerorts zu beobachtenden "Verödung" der Stadtzentren. In Lohr und Unterfranken stehe man diesbezüglich noch vergleichsweise gut da, betonte Wedde. Dennoch müsse man sich die Frage stellen, ob man den Wandel als Zuschauer begleiten oder als Akteur gestalten wolle.
Beim Bemühen, die Besucherfrequenz in den Fußgängerzonen hochzuhalten oder zu steigern, solle man eine Stadt nicht nur als Einkaufsort sehen, sondern vielmehr als Erlebnisraum, lautete Weddes Botschaft. In Zeiten, in denen sich fast alle Produkte im Internet bestellen ließen, müssten Innenstädte etwas bieten, was es im Internet nicht gebe, eben einen Erlebniswert. Als Schlagwort nannte Wedde: "Sehen und gesehen werden." Bei dem Projekt "Together we can" gehe es darum, dass die vier beteiligten Städte in interkommunaler Zusammenarbeit und durch einen Austausch von Ideen und Erfahrungen gemeinsame Strategien entwickeln und ausprobieren.
Zum Zeitplan skizzierte Wedde, dass das erste Jahr für eine Potentialanalyse und die Suche nach konkreten Handlungsfeldern verwendet werden soll. Im zweiten Jahr solle es dann an die Umsetzung gehen, "ein konkretes Projekt in jeder Stadt". Von den dabei gemachten Erfahrungen könnten die beteiligten Städte dann gegenseitig profitieren, so Wedde.
90.000 Euro für Projekte
Für die Umsetzung der Projekte sind 90.000 Euro veranschlagt, rein rechnerisch also für jede Kommune rund 22.500 Euro, wobei es da je nach Projektidee laut Wedde in gewissem Rahmen Verschiebungen geben kann. 60.000 Euro des Gesamtetats sind für Analyse, Workshops, Erfahrungsaustausch, Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen. Dass Lohr und die anderen beteiligten Städte bei dem Projekt dabei sein können, erklärte Wedde mit den hier besonders engagierten Akteuren vor Ort und deren Bewusstsein, dass man aktiv werden müsse.
Zur Finanzierung ist vorgesehen, dass jede der vier Städte 15.000 Euro beisteuert. Hinzu kommen je 3750 Euro Eigenanteil der örtlichen Werbegemeinschaften. Und schließlich würde das Wirtschaftsministerium mit 75.000 Euro die Hälfte der Gesamtkosten tragen – sofern der noch zu stellende Antrag Erfolg hat, wofür die Chancen laut Wedde gut stehen.
"An manchen Tagen tote Hose"
In der Diskussion gab es von den Räten grundsätzliche Befürwortung für das Projekt, allerdings auch Bedenken oder zumindest Sorge. So hoffte Clemens Kracht (Grüne) mit Blick auf die Arbeit des Lohrer Citymanagements, dass keine Doppelstrukturen geschaffen werden. Uli Heck (Freie Wähler) warnte davor, "Konzepte für die Schublade" zu produzieren.
Brigitte Riedmann (Freie Wähler) sprach davon, dass man in jüngster Zeit durch das Lohrer Leerstandsmanagement zwar Läden wieder habe beleben können. Jedoch sei die Besucherfrequenz nicht gestiegen. "An manchen Tagen ist tote Hose", so Riedmann. Nur wenn es durch das Projekt gelinge, daran etwas zu ändern, sei das Geld gut angelegt.
Eric Schürr (Bürgerverein) indes fand den Ansatz, durch die Erhöhung des Erlebnisfaktors mehr Frequenz in die Stadt zu bringen und so womöglich Geschäftsleute zur Eröffnung eines Ladens zu animieren, eine gute Ergänzung zum bisherigen Leerstandsmanagement. Michael Kleinfeller (CSU) verwies auf Aschaffenburg, wo seiner Wahrnehmung nach in den vergangenen Jahren eine Belebung der Innenstadt gelungen sei.
In Lohr, so sagte Mathilde Lembach (Grüne), seien vor allem alte Menschen in der Innenstadt unterwegs. "Es muss sich was tun", plädierte auch sie für das Projekt und sprach von gut angelegtem Geld. Sie hoffe auch als Vermieterin einer Geschäftsimmobilie auf einen Schub für die Innenstadt.
Bürgermeister Mario Paul sprach von einer außerordentlich begrüßenswerten interkommunalen Zusammenarbeit. Die Innenstädte stünden vor herausfordernden Transformationsprozessen: "Das kann man nicht alleine schaffen."