Über viele Jahre vollführte die Stadt Lohr allerhand Klimmzüge, um in Sendelbach das neue Baugebiet südlich der Steinfelder Straße zu realisieren. Nun strebt die Erschließung des Baugebiets ihrer Vollendung entgegen – und es stellt sich heraus, dass das Interesse an den Bauplätzen zumindest zum jetzigen Zeitpunkt deutlich geringer ist als erwartet.
Nach Abschluss eines ausgeklügelten Vergabeverfahrens hat die Stadt für gerade einmal ein Drittel der 24 ihr gehörenden Bauplätze Käufer gefunden. Aktuell seien für acht zugeteilte Bauplätze notarielle Kaufverträge in Vorbereitung, so der städtische Pressesprecher Dieter Daus auf Anfrage der Redaktion. Für 16 der 24 städtischen Bauplätze hingegen hat sich bisher kein Käufer gefunden.
Allem Anschein nach sind es vor allem Bauplätze der höheren Preisklasse, die das Kaufinteresse weckten: Auf der Internetseite des von der Stadt für das Vergabeverfahren genutzten Portals Baupilot sind aktuell sieben städtische Bauplätze als reserviert markiert. Sechs davon fallen in die höchste Preiskategorie von 300 Euro je Quadratmeter, einer in die mittlere Kategorie von 280 Euro. Die mit 250 Euro pro Quadratmeter günstigsten Bauplätze im städtischen Angebot sind demnach allesamt noch zu haben. Bei den sich aus den Quadratmeterpreisen errechnenden Summen ist zu beachten, dass zu diesen noch die Kosten für Hausanschluss, Entwässerung und Vermessung hinzukommen.
Stärkere Nachfrage erwartet
Das Baugebiet in Sendelbach zählt 42 Bauplätze. Manche in privatem Besitz sind bereits verkauft, dem Vernehmen nach teilweise zu Preisen, die noch über denen der städtischen Bauplätze liegen. Offenbar waren viele davon ausgegangen, dass es einen reißenden Absatz der Plätze geben würde. Auch im Lohrer Rathaus war man jahrelang davon ausgegangen, schließlich ist Bauland im engen Lohrer Talkessel traditionell rar.
Und in der Tat: Das Interesse war zunächst groß. Im Herbst 2021 meldete die Stadt 92 Nachfragen nach Bauplätzen, die meisten für das Baugebiet in Sendelbach. Doch als die Stadt im Frühjahr 2022 das Vergabeverfahren startete, blieb die Bewerberschwemme aus. Erst nach einer Verlängerung der Bewerbungsfrist hatten sich schließlich 50 Interessenten gemeldet.
Es wurde eine Rangliste erstellt, wobei Kriterien wie Kinderzahl, ehrenamtliches Engagement, Ort des Arbeitsplatzes oder auch Behinderungsgrad eine Rolle spielten. In der zweiten Runde konnte dann jeder Bewerber Interesse an einzelnen Bauplätzen bekunden. Dabei bündelte sich das Interesse offenbar auf nur wenige Plätze. Für jene neun Bauplätze beispielsweise, die die Stadt direkt hinter der geplanten Lärmschutzwand entlang der Steinfelder Straße besitzt, gab es offenbar im bisherigen Verfahren keine Bewerber.
Daus: Immer wieder Anfragen
Zwar habe es seither neue Kaufanfragen gegeben, so Daus. Man werde die noch freien Plätze nun jedoch zunächst jenen Interessenten anbieten, die sich für einen der nun vergebenen Bauplätze interessiert hatten, jedoch nicht zum Zug gekommen waren. Sollten auch nach Berücksichtigung der Nachrückerliste noch Bauplätze übrig sein, wonach es laut Daus aussieht, werde man diese wieder öffentlich anbieten. Darüber, welches Vergabeverfahren dabei Anwendung findet, sei noch zu entscheiden.
Dass die Stadt die Preise senkt, ist nicht zu erwarten. Diese Option sei ausgeschlossen, ist aus den Reihen der Stadträte zu hören. Stattdessen herrscht offenbar der Tenor vor, dass die Bauplätze zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf Biegen und Brechen verkauft werden sollen. Man geht demnach davon aus, dass das eher verhaltene Interesse potenzieller Bauherren an den widrigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen liegt. Energiekrise, galoppierende Inflation, rasant steigende Baukosten und wieder anziehende Zinsen schrecken Bauwillige ab oder haben die Finanzierungspläne gekippt.
Das Geld aus dem Bauplatzverkauf könnte die seit Jahren finanziell klamme Stadt freilich gut gebrauchen. Insgesamt hat sie 3,07 Millionen Euro aus dem Verkauf der 24 Plätze veranschlagt. Die Grundstückspreise der sieben nun reservierten Bauplätze summieren sich hingegen lediglich auf knapp 1,3 Millionen.
Teures Pflaster
Dass gerade diejenigen unter den potenziellen Bauherren, die etwas genauer aufs Geld schauen müssen, derzeit mit einer Bauentscheidung zögern, zeigt sich daran, dass die Stadt für ihre günstigeren Bauplätze bislang keine Abnehmer gefunden hat. Wobei "günstig" relativ ist: Sendelbach gilt bei den Quadratmeterpreisen traditionell als eines der teuersten Pflaster im Landkreis. Es kann also durchaus sein, dass manche Interessenten auf billigeres Bauland ausweichen, etwa in Umlandgemeinden – sofern dort etwas zu bekommen ist.
Im Sendelbacher Baugebiet indes hat sich bei manchen Bauplätzen in jüngerer Vergangenheit eine Besonderheit offenbart: Sie bieten Potenzial für einen Gartenteich. Jedenfalls hat sich gezeigt, dass zwei bis drei Bauplätze in der unteren Ecke des Baugebiets bei ergiebigen Niederschlägen, wie es sie zuletzt gab, teilweise unter Wasser stehen. Betroffen sind laut Daus Bauplätze, für die es "zur Zeit noch keine Interessenten" gibt. Starker Regen habe dort in Verbindung mit der noch fehlenden Vegetation und der verdichteten Auffüllung vorübergehend zu nicht vorhersehbaren Wasseransammlungen geführt. Man werde diese beobachten und mögliche Gegenmaßnahmen prüfen, so Daus.