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Lohr
Neuer Lohrer Stadtpfarrer: Der Musikfreund will die Gemeinden stärken
Manfred Hock ist seit 1. Oktober Pfarradministrator im pastoralen Raum Lohr und somit der neue Lohrer Stadtpfarrer.
Foto: Thomas Josef Möhler | Manfred Hock ist seit 1. Oktober Pfarradministrator im pastoralen Raum Lohr und somit der neue Lohrer Stadtpfarrer.
Bearbeitet von Thomas Josef Möhler
 |  aktualisiert: 15.12.2024 02:27 Uhr

Manfred Hock möchte Kirchengemeinden befähigen, Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Das sei im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils und nicht nur eine Reaktion auf den Rückgang hauptamtlicher Kräfte, betonte der neue Lohrer Stadtpfarrer im Gespräch mit unserem Medienhaus, in dem es auch um die Rolle von Frauen in der Kirche, Reformbestrebungen und seine Musikvorlieben ging.

Hock ist das, was man einen "Spätberufenen" nennt: Vor dem Theologiestudium hatte er ein ganz anderes Leben als Maschinenbauer und Verbandsfunktionär (siehe "Zur Person"). Ein Schlüsselerlebnis wie eine Krankheit oder ein Unglück im Familienkreis habe es vor der Lebenswende nicht gegeben, sondern viele kleine Mosaiksteine, die sich zu einem Bild zusammengefügt hätten, so der Geistliche.

Dazu gehörten Priester, die er kennengelernt habe, Aktivitäten in der Heimatpfarrei wie Ministrant, Lektor und Pfarrgemeinderat, eine Indienreise mit Besuch eines Priesterseminars und ein Informationstag im Würzburger Priesterseminar. Daraus habe sich ein Bild geformt: "Eigentlich wäre das was für mich."

Entscheidung in Freiheit

Generell sei es wichtig, so der Geistliche, dass man eine solche Entscheidung in Freiheit treffe: "Ich war beruflich und finanziell abgesichert und habe mich im Beruf wohlgefühlt." Der eigentliche Einschnitt sei nicht der Eintritt ins Priesterseminar, sondern die Priesterweihe. Zur Selbstprüfung gebe es unter anderem das Freijahr im Studium, also vor der Weihe, "wo man aus der behüteten Situation des Priesterseminars herauskommt".

Auf die Frage, ob der Umstieg vom Maschinenbau (Fakten) in die Kirche (Glauben) schwierig gewesen sei, sagt Hock: "Der Glaube basiert erst einmal auf Erfahrungen." Ihn könne man festigen, indem man sich Glaubenswissen aneigne. So gehe es beim Theologiestudium etwa auch um die sozialen Verhältnisse zur Zeit Jesu. Dadurch erkenne man den Kontext, aus dem heraus Jesus Aussagen getroffen habe. Die pastorale Arbeit sei keine Weitergabe von Wissen, "sonst wäre es beispielsweise eine Lehrstunde und keine Predigt".

Vor Lohr war Hock Pfarrer in Heigenbrücken und nach eigenen Worten "in einem glücklichen Zustand". In der Pfarreiengemeinschaft Hochspessart sei viel gewachsen: "Wir haben viel gemeinsam gemacht, auch wenn jede Gemeinde vor Ort noch ihr Eigenleben hat." Freundschaften seien entstanden. "Eigentlich gab es keinen Grund wegzugehen." Der Impuls sei vom Generalvikar der Diözese ausgegangen, der ihn gefragt habe, ob er sich eine Übernahme der Stelle in Lohr vorstellen könne. Der Pfarrer in Lohr sei eine bedeutende Stelle, auch vom Umfang und der Organisation her.

Kurz vor der Frist beworben

Drei Nächte habe er nicht schlafen können. Kurz vor Ablauf der Frist habe er sich beworben. Vor dem Neuanfang in Lohr hätte er Respekt gehabt, aber keine Angst. Schwierig sei für ihn das Aufgebenmüssen gewohnter Strukturen. Die Freundschaften seien immer noch da, "aber sie sind anders, wenn man sich nicht ständig sieht".

Als Hock in Lohr ankam, war Krisenmanagement gefragt: "Personell sah es bei meiner Bewerbung besser aus als jetzt." Durch den Weggang eines Paters aus dem Kloster Mariabuchen, der mehrere Gemeinden betreute, war im Team ein weiteres großes Loch. Denn schon vorher waren zwei pastorale Stellen nicht besetzt. Mit dem Umzug hat es deshalb noch nicht geklappt, Hock wohnt nach wie vor in Heigenbrücken.

Zu Gute kommen ihm Erfahrungen, die er in seinem "früheren Leben" gemacht hat. Als Leiter der Versuchsabteilung einer Firma in Schöllkrippen hatte er Personalverantwortung. Beim Industrieverband VDMA lernte er, Menschen auf einer Basis zusammenzuführen, die Konkurrenten waren. Die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen kennt er, weil er 13 Jahre Vorsitzender des Musikvereins Waldaschaff war.

Ebenen der Erfahrung

"Das sind verschiedene Ebenen der Erfahrung, die hilfreich sind", so Hock – zumal Kirchenstiftungen und Kindergartenvereine heute kleine Unternehmen teilweise mit Millionenumsätzen seien. Damit umzugehen, lerne man nicht im Priesterseminar, trotz aller Einblicke in die Praxis.

In seiner neuen Position in Lohr möchte er das Gemeindeleben fördern und ausbauen. Ehrenamtliche spielten eine wichtige Rolle in der Kirche. Sie müssten weiter befähigt und beauftragt werden, damit die Gemeinde sehe: Da steht einer, der einen Auftrag hat. Ein Beispiel sei die bald anstehende Aussendung von Wortgottesdienstleitern.

In der Pfarreiengemeinschaft "Zwölf Apostel am Tor zum Spessart" gebe es 17 Gottesdienststellen: 15 Gemeinden, das Sendelbacher Schwesternheim und das Caritas-Seniorenzentrum. "Das ist an Festtagen eine Herausforderung, wo man Gottesdienste anbieten kann." Hier kämen die Wortgottesdienstleiter ins Spiel.

Nerven ihn Vergleiche mit seinem Vorgänger Sven Johannsen? Er sei froh zu wissen, wie es bisher gelaufen sei und welche Erfahrungen vorhanden seien, unterstreicht der Pfarrer. "Das heißt aber nicht, dass man es auf Dauer nicht verändern kann."

Nachwuchs fehlt auch anderswo

Beim Thema Frauen in der Kirche warnt Hock davor, zu glauben, "die Welt wäre wieder in Ordnung, wenn man den Zölibat aufhebt und Frauen als Priester zulässt". Das zeige die Situation in den evangelischen Kirchen. Sie hätten ebenfalls Nachwuchssorgen. Auch in pastoralen Berufen, die Frauen zugänglich seien, wie Gemeinde- und Pastoralreferentinnen, sei Mangel vorhanden. Dennoch sei der Zölibat kein Dogma, das man nicht antasten dürfe.

Gedanken macht sich Hock um Priester, die ausscheiden, weil sie heiraten wollen. Er wünscht sich Möglichkeiten, gute Leute in einer solchen Situation in der Kirche zu halten. "Darüber darf man sich als Kirche Gedanken machen."

Das Bistum Würzburg gehe ohnehin gut mit ausscheidenden Priestern um, was öffentliche Würdigung, Rentenversicherung und alternative Verwendungen etwa in kirchennahen Institutionen angehe. Ein Priester, der heiraten wolle, müsse sich aber im Klaren darüber sein, dass der Bischof aktuell kirchenrechtlich gar keine andere Möglichkeit habe, als ihn aus dem Amt zu entlassen.

Den Reformprozess der Kirche in Deutschland, der in Rom auf Widerstand stößt, nennt Hock eine "komplexe und vielschichtige Situation". Es werde auf allen Ebenen der Kirche immer die Extreme geben: Traditionalisten, die in den strengen Traditionen das Glück der Kirche sähen, und Verantwortliche, die näher an alle Menschen heranwollten, um ihnen eine Heimat zu geben.

Papst und Weltkirche

Ganz wichtig sei es, zu verstehen, dass der Papst Entscheidungen für die Weltkirche treffen müsse. In vielen Teilen der Welt würden Themen, die in Deutschland wichtig seien, wie etwa die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, der Umgang mit Geschiedenen und Wiederverheirateten und die Rolle der Frau, ganz anders gesehen.

Das gelte auch für das Thema Ökumene. Bei uns verstehe man darunter die Zusammenarbeit zwischen der katholischen und den evangelischen Kirchen. Die Ostkirchen blieben außen vor. Für sie sei jeder Schritt auf die evangelischen Kirchen zu ein Schritt weg von ihnen. Zu Hocks persönlichen Interessen zählt die Musik. Der Geistliche spielt Flügelhorn und Trompete, als Nothelfer, wie er sagt, auch Orgel, "aber ganz wenig". Die Mitarbeit im Musikverein Waldaschaff sei rein praktisch nicht mehr möglich. Mit etwas Organisation noch machbar ist dagegen die Mitwirkung im sinfonischen Blasorchester Vorspessart.

"Wir treffen uns ein paar Mal im Jahr an Wochenenden." Am 16. November war in der ausverkauften Aschaffenburger Stadthalle Konzert. Das Mitspielen bereitet ihm Freude: "Da bin ich nicht nur der Pfarrer, sondern der Manfred." Hock mag Blasmusik, wie sie die Wombacher spielen, auch in der sinfonischen Form, aber auch Klassik und Welthits etwa von Udo Jürgens. Gerne hört er das Musikprogramm von Sendern wie Primavera, BR Heimat, BR Klassik und Klassikradio. Sein Musikgeschmack weise ein großes Spektrum auf, sagt er.

Fürs Kino bleibt wenig Zeit. Vom aktuellen Thriller "Konklave" über eine Papstwahl hat er bislang nur Trailer gesehen. Man müsse bei diesem Thema ohnehin unterscheiden zwischen Realitäten und der filmischen Dramaturgie, meint er. Sein Smartphone klingelt, der Anruf erinnert ihn an den nächsten Termin. 

 
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