Am Mainufer, schräg gegenüber von Harrbach, bewegen Bagger und Traktoren im März viel Erde. Sie vergrößern den vorhandenen Anglersee von knapp einem auf zwei Hektar. Das soll dem Anglerverein Veitshöchheim neue Mitglieder bescheren und auch der Natur von Nutzen sein.
"Das ist doch bestimmt für Südlink," raunt ein vorbeifahrender Radfahrer. Vom Maintalradweg ist die große Baustelle gut zu sehen. Doch nicht Südlink, sondern der Anglerverein Veitshöchheim, lässt hier Arbeiten ausführen. "Mit so einem kleinen See, wie wir ihn hatten, kommt man heutzutage nicht mehr gut an," sagt Joachim Bund (58). Er ist Vorsitzender des Anglervereins Veitshöchheim. "Sie können sich vorstellen: Das ist, wie wenn ein Fussballverein nur einen Bolzplatz hätte."
Bei Hochwasser kommt Schlamm in den See
Dem Verein gehört die Fläche mit ehemals zwei Anglerseen seit seiner Gründung 1962. Einer der beiden Seen verlande nun, so Bund, und sei schon lange nicht mehr beangelbar. Das Verlanden sei ein natürlicher Vorgang: Bei Hochwasser wird Schlamm vom Main in den See eingetragen, der dadurch kleiner wird, bis er schließlich komplett trocken ist.
"Wir hatten überlegt, den verlandeten See wieder ausbaggern zu lassen. Das hätte um die 400 000 Euro gekostet." Zu teuer für den Verein, der sich stattdessen entschied, den einen der beiden Seen vergrößern und vertiefen zu lassen. Das komme nun um einiges günstiger, so der Vorsitzende.
Genehmigungen für die Arbeiten benötigte der Anglerverein vom Wasser und Schifffahrtsamt, Landratsamt und der Unteren Naturschutzbehörde. Die Firma Beuerlein führt die Arbeiten aus. "Den gewonnenen Kies und Sand werden wir per Schiff oder LKW abtransportieren und verwerten," so Andreas Schneider, Bauleiter der Firma Beuerlein. Etwa 15 000 Kubikmeter werden bei den Arbeiten bewegt. Mit der Erde wird der verlandete See verfüllt oder sie wird für die Neugestaltung genutzt.
Warum aber braucht man direkt neben dem Main überhaupt einen Anglersee? "Den Main zu beangeln, kann man nicht vergleichen mit dem Angeln in einem See," so Bund. Er ist selbst leidenschaftlicher Angler "seit gefühlt 100 Jahren". Wer im Main angeln möchte, benötigt eine so genannte Streckenkarte. Dabei gebe es für jeden Streckenabschnitt am Ufer eine andere. "Bei uns zahlt man einen Mitgliedsbeitrag und kann dann einfach an unserem See angeln."
In seinem See werden bald Hechte, Zander, Karpfen, Schleihen und Weißfische schwimmen. Einen Angelschein benötige man sowohl für das Angeln im Main als auch im Anglersee und auch für das Angeln im vereinseigenen See gebe es eine Fangbeschränkung und die geangelten Fische dürften nur für den eigenen Bedarf genutzt werden.
Ein Angelverein biete außerdem etwas, das dem Angeln am Main fehle: Gemeinschaft durch das Vereinsleben. Bund erlebt, dass das Angeln durch die Pandemie zugenommen hat. "Bei uns leider nicht, da der See bisher zu klein war." Neben dem Gewinn neuer Mitglieder hat die Vergrößerung der Wasserfläche für Bund auch einen Naturschutzaspekt. In den letzten Jahren habe das Fischsterben zugenommen, so der Vorsitzende. "Letztes Jahr war es besonders schlimm."
Fischsterben: Wasser ist zu warm
Die Fische starben an Sauerstoffmangel: Das Wasser wird zu warm und in kurzer Zeit sterben viele Algen ab, die dem Wasser den Sauerstoff entziehen. "Feuchtgebiete zu verbessern, ist immer gut," sagt Hartwig Brönner vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). Wenn der See allerdings rein für den Angelsport genutzt wird, halte sich der Gewinn für die Natur in Grenzen. So eine Veränderung könne gut sein, müsse es aber nicht. "Man muss sich bei sowas immer fragen: welchen Lebensraum verändere ich und für welche Arten."
Brönner sagt, der vergrößerte See werde im Winterhalbjahr mehr Zugvögel anziehen. Es werde sich, so der LBVler, auch der ein oder ander Graureiher ansiedeln. Für den Eisvogel könnten sich eventuell neue Möglichkeiten bieten. "Wenn das vom Anglerverein geduldet wird, ist das eine gute Sache. Und wenn sogar ein Teilbereich des Sees für die Natur reserviert wird, dann wird es richtig gut."