Solist Genzel ordnete die acht Werke stilistisch und musikgeschichtlich ein. Das Nachtkonzert beschließe den ersten Abschnitt der Orgelrestaurierung. "Nun können Sie feststellen, ob die Bach-Musik an der Orgel mit Mehrklang schöner klingt." Und das tat das Publikum mit stiller Andacht: Aus den 18 Leipziger Chorälen erklangen zum Auftakt und Finale das Choralvorspiel BWV 659 "Nun komm der Heiden Heiland" und der Choral "Wenn wir in höchsten Nöten sein".
Italienische Einflüsse prägten Präludium und Fuge e-moll BWV 533, während die Orgelchoräle BWV 691, 642 "Wer nur den lieben Gott lässt walten" religiöse Tiefe spürbar machten. Ganz im Sinne des Komponisten intonierte Genzel gegensätzlich und ergänzend zugleich "Fantasie und Fuge c-moll" BWV 537. Als obligate Solostimme brillierte im Manual die Oboe in "Herzlich tut mich verlangen" BWV 727.
Bei der Passacaglia und Fuge c-moll BWV 582 gelang Genzel eine authentische Interpretation der frühen Komposition, basierend auf unterschiedlichen Tempoebenen. "Wir glauben all an einen Gott": Die Besonderheit des fünfstimmigen Satzes plus Solostimme charakterisierte das Choralvorspiel BWV 740.
Genzels ausdrucksvolle Reise durch das Programm beruhte auf stilsicherem Einsatz der neuen Solostimmen, verfeinert durch reiche Registrierfarben. Das Konzert fügte sich wunderbar ein in das vom Deutschen Musikrat ausgerufene "Jahr der Orgel" 2021. Die Zuhörer genossen den barocken und ebenso modernen Wohlklang der Orgel zu später Stunde und spendeten reichlich Applaus.
"Meisterlich gelungen"
Sichtlich zufrieden zeigten sich auch sowohl der Organist als auch Orgelbauer Edgar Töpfer (Albertshofen): "Letztendlich ist es Genzels Zielsetzung gewesen, mit der Auswahl der Stücke möglichst viele Klangfarben darzustellen." Das sei ihm meisterlich gelungen, zollte Töpfer gemeinsam mit Kirchenmusiker Rainer Lange aus Kreuzwertheim Anerkennung. Mit einem Glas "Orgelwein" klang die einstündige Nachtmusik aus.