Tausend Mal berührt, tausend Mal ist nichts passiert: Wenn Mäx Tauberschmitt erklären soll, warum er sich eine Führung über alte Brauereien und Weinwirtschaften in Marktheidenfeld ausgedacht hat, bedient er sich beim Songtext von Klaus Lage. „Es gibt ja viele Stellen in der Stadt, an denen geht man ständig vorbei, ohne sich was zu denken“, erklärt er. Mit seiner neuen Führung möchte er das ändern. Dabei wolle er keineswegs der Altstadtführung Konkurrenz machen. Vielmehr habe er gemerkt, dass die Leute ein großes Interesse an der Brauereigeschichte hätten. Seit sieben Jahren führt er Menschen durch sein rund zweihundert Jahre altes Haus und die anhängenden Eiskeller. In seinem Gastraum hängen zudem viele historische Bilder, vor denen so mancher Gast stehen bleibt.
Sechs Brauereien und jede Menge Wein- und Gaststuben
So entstand die Idee. Die Tour, die dabei heraus kam, war zunächst viel zu lang. „Deshalb habe ich daraus zwei Teile gemacht“, so Tauberschmitt. Schließlich sind es sechs Brauereien und jede Menge Wirtshäuser, Cafés und Gaststätten, auf die er bei der Recherche stieß. In Führung Nummer eins geht es grob vereinfacht von der Martinsbräu an die Mainbrücke, zum Mainkai und bis zum Marktplatz. Der zweite Teil der Tour geht vom Marktplatz über die Mitteltorstraße bis zur Untertorstraße.
Immer unter dem Arm dabei: Eine Mappe mit 20 historischen Bildern. Er hat sie vervielfältigt, sodass auch die Besucher seiner Führung in eine eigene Mappe schauen können. Für jede Station hat er alte Bilder parat. An manchen Orten stellt er die Gruppe auf den ehemaligen Fotografenstandpunkt, damit man ein 'Wie sah es früher und heute aus–Erlebnis' nachvollziehen kann, erklärt er. Die seltenen Aufnahmen zur Verfügung gestellt hat der Historische Verein, insbesondere Michael Deubert und Christian Knüttel ist Mäx Tauberschmitt dafür dankbar. Um die geschichtlichen Fakten zusammenzustellen, hat er Unterstützung von Leonard Scherg bekommen.
Inhalt der Lohntüte wurde gleich in Bier umgesetzt
Die Aufnahmen stammen dabei aus unterschiedlichen Zeiten: So sieht man zum Beispiel den Gasthof „Zur schönen Aussicht“ in den vierziger Jahren mit angrenzendem Biergarten. Das Bild von der alten Mainbrücke, noch ohne Metallgeländer, stammt noch von vor 1900. Auf einer anderen Aufnahme geht der Blick auf die andere Mainseite hin zum „Bürger Bräu Keller“, der in direkter Nähe zum Bahnhof lag. „Das war natürlich eine Top-Lage damals“, erzählt der Felsenkeller-Wirt. Vor allem, wenn es Ende des Monats die Lohntüte gab, seien die Männer dort gleich nach Ankunft am Bahnhof im Brauhaus verschwunden.
Fast zu jedem seiner Stationen und Bilder hat der Schankwirt eine Anekdote zu erzählen oder weist auf Kleinigkeiten hin. So entdeckt man den ehemaligen Gasthof zur Krone in der Mitteltorstraße, den es hier ab 1710 gab, nur noch an dem verblichenen Ausleger, der eine Krone in seiner Mitte trägt. „Wo jetzt das Lichtspielhaus drin ist, war damals der Kronensaal, in den 400 Leute passten“, erzählt Tauberschmitt.
Erste Rolltreppe in Marktheidenfeld sorgte für Begeisterung
Auf der gegenüberliegenden Seite stand früher das Gasthaus zum Schwan. Ein Stück weiter die Straße runter steht das Bräustüble noch stellvertretend für den riesigen Komplex der Bürgerbräu. Auch den hat der Gästeführer als Aufnahme in die Mappe gepackt. Ebenso wie ein altes Luftbild, das in den siebziger Jahren entstand und das hochaufragende Silo der Mälzerei Sorg mitten in der Stadt zeigt. „Ein Stück dahinter gab es damals den sogenannten Löwenmarkt, ein Kaufhaus für alles Mögliche, in dem es die erste Rolltreppe weit und breit gab!“, erzählt Tauberschmitt und erinnert sich, wie er diese als Kind begeistert ausprobiert hat.
Auch die Ursprünge des Schankwirts beziehungsweise seiner Wirkungsstätte liegen an der Strecke: Am Marktplatz, dort, wo heute die Metzgerei Pfister ihren Sitz hat, entstand 1799 die zweite Brauerei Marktheidenfelds, die Brauerei Reuss. 1816 dann zog die Brauerei in den Felsenkeller um, wo Mäx Tauberschmitt noch heute braut.
Tour auf dem Papier auch möglich
Rund 90 Minuten rechnet Tauberschmitt für jede seiner Führungen. Vier Euro möchte er pro Person dafür haben. Wer übrigens so gar keine Lust hat, die Brauerei-Tour zu erlaufen oder es aus gesundheitlichen Gründen nicht kann, für den läuft der Wirt die Tour auch ausnahmsweise mal „auf dem Papier“ anhand seiner Mappe ab. Am liebsten in seinem Brauhaus.