Bis eine Einsatzkraft einer Feuerwehr zu Einsätzen ausrücken darf, muss diese einiges über die Feuerwehr-Grundtätigkeiten wissen. Üblicherweise eignen sich die Neueinsteiger in der Feuerwehr diese Kenntnisse bei der Modularen Truppausbildung (MTA) an, welche bei Abend- oder Wochenendveranstaltungen stattfinden. Die Feuerwehr Lohr geht nun jedoch neue Wege.
Erstmals im Landkreis Main-Spessart bot sie den Einstieg in die Ausbildung als Vollzeitausbildung an. An vier Tagen im Juni vermittelte stellvertretender Kommandant Bernd Brönner mit seinem Team grundlegende Dinge an die vier Neueinsteiger Nina Matzack, Thomas Hergenröder (beide Feuerwehr Lohr) Ralf Stolle und Tobias Hofstötter (beide Feuerwehr Sackenbach). Nach 39 Unterrichtseinheiten hatten nun die "Neuen" das nötige "Rüstzeug", um ihren Meldeempfänger zu erhalten und mit zu Einsätzen ausrücken zu dürfen.
110 Ausbildungsstunden
Um die notwendigen 110 Stunden der Ausbildung zu vervollständigen, sind bereits weitere vier Ausbildungswochenenden geplant. Es habe schon länger Überlegungen gegeben, wie man die MTA schneller machen könne, erläutert Kommandant Sebastian Mademann im Gespräch mit unserem Medienhaus. Man habe überlegt, welche "absoluten Basismaßnahmen" ein Feuerwehrdienstleistender beherrschen müsse, um ihn direkt in den Einsatzdienst zu bringen, erklärt Kommandant. Der Feuerwehrführung sei aufgefallen, dass immer wieder Teilnehmer mitten in der MTA aufgehört hätten und somit für die Wehr für immer verloren gewesen seien. Grund sei die langwierige Ausbildung gewesen, die sich über Monate hinziehe, so Mademann.
"Meist gibt es nur einen Tag in der Woche, wo die Leute Zeit haben und wenn du Glück hast, findest du den", ergänzt der stellvertretende Kommandant Bernd Brönner, der seit 2009 bei der Feuerwehr Lohr für die Grundausbildung zuständig ist. "Mit dem Vollzeitwochenende und drei, vier Wochenenden geht's".
Zeitaufwand schreckte ab
Mit diesem Modell sollen Leute erreicht werden, die vielleicht schon Kind und Haus und nicht die Möglichkeit haben, so oft zur Feuerwehr zu kommen. So sollen Einsatzkräfte gewonnen werden, die Mitten im Leben stehen, sogenannte Quereinsteiger. "Es gibt viele, die eigentlich zur Feuerwehr möchten, aber sich nicht so richtig trauen und denken, sie können es nicht auf Grund des Zeitaufwands", sagt Mademann.
Einer dieser Quereinsteiger ist Thomas Hergenröder. Der 34-jährige ist bereits seit sechs Jahren im Feuerwehrverein. Schon sein Vater war in der Feuerwehr aktiv. "Es hat mich schon immer interessiert und es war immer ein Zeitproblem, jetzt hat es die Zeit hergegeben", sagt Hergenröder. Leuten zu helfen, das ist die Motivation für den Softwareentwickler. "Mich interessiert viel die Technik, wie wird’s gemacht und welche Möglichkeiten gibt es", sagt Hergenröder. Auch sein Freundeskreis ist jetzt teilweise in der Feuerwehr vertreten.
Für Nina Matzack steht vor allem der soziale Aspekt im Vordergrund. Die 27-Jährige kam über einen Aufruf zur Feuerwehr Lohr, als Personal für das Impfzentrum gesucht wurde. Die Medizinisch-Technische-Angestellte schaute sich in der Feuerwache alles an und dachte sich: "Ist ja eigentlich ganz cool. Hier findet jeder eine Aufgabe". Beide Teilnehmer fanden die Gruppenzusammenstellung "schön". An einem ganzen Tag abwechselnd Unterricht und Praxis zu kombinieren, das macht nach Ansicht von Hergenröder die Zusammenhänge besser verständlicher.
Ziel: Zwei Vollzeitwochen
"So ist es motivierender, als wenn sich das über Jahre gezogen hätte", sagt er. Zwischenzeitlich war der 34-Jährige auch schon mehrmals mit raus zum Einsatz gefahren. Die "Auszubildenden" sind aus zwei verschiedenen Feuerwehren zu einer Gruppe zusammengewachsen. Dadurch wird der Zusammenhalt im Stadtgebiet gefördert, so Feuerwehrchef Mademann.
Ab nächstes Jahr wünscht sich die Feuerwehrführung zwei Vollzeitwochen, um die Schulungen anbieten zu können, damit keine weiteren Ausbildungsmodule mehr in der Freizeit absolviert werden müssen. Dies ist alles natürlich auch eine Kostenfrage, die noch geklärt werden muss. Für die Ausbildung in den Vollzeittagen erhalten die Arbeitgeber von der Stadt eine Lohnfortzahlung, wie bei Einsätzen oder beim Besuch der Feuerwehrschule.