Möglichst schnell soll in die Planung eines Nahwärmenetzes auf Basis erneuerbaren Energien in Zellingen und Retzbach eingestiegen werden. Darüber war sich der Gemeinderat einstimmig einig. Diskussionen gab es aber zur Art und Weise. Gemeinderätin Sonja Rupp kritisierte, dass es keine Ausschreibung geben wird, sondern der Bürgermeister über einen Gestattungsvertrag mit der Firma GP-Joule verhandelt, wobei dieser auch mit einer noch zu gründenden Betreibergesellschaft abgeschlossen werden könnte.
Für die Gemeinderäte in der Sitzung war das Thema nicht grundsätzlich neu. Erst bei ihrer Klausurtagung Anfang Oktober in Aschaffenburg hatte eine Fachreferentin der Firma mögliche Wärmequellen (zum Beispiel Holz oder Solarstrom plus Großwärmepumpe), denkbare Standort, Ausbauwege und die Wirtschaftlichkeit vorgestellt. Generell verpflichtet das vom Bundestag beschlossene Gebäudeenergiegesetz die Gemeinden, für alle Gebäude eine Wärmeplanung zu erstellen. Bis Mitte 2028 soll dabei ermittelt werden, welche Teilgebiete jeweils für eine zentrale Wärmeversorgung auch Basis erneuerbarer Energien geeignet sind.
Planung soll möglichst schnell gehen
Zulässig wäre auch eine Umstellung vorhandener Erdgasnetze auf Wasserstoff oder grünes Methan (Biogas). Bürgermeister Stefan Wohlfart erklärte zudem, bei Gebieten unter 10.000 Einwohnern sei ein vereinfachtes Verfahren zugelassen. Die Planung müsse möglichst schnell gehen, um den Bürgern sagen zu können, was möglich ist. Generell werde es nur mit "Ankerkunden" gehen, die dauerhaft viel Wärme abnehmen. Das könnten das Seniorenheim und das Betreute Wohnen, die Anlagen des Sportvereins, Kirchen und das Schwimmbad sein. Ein Nahwärmenetz wäre auch sehr aufwändig zu bauen – Rohre die samt Isolierung einen Meter Durchmesser habe müssen 80 Zentimeter tief verlegt werden. Das werde Kosten im zweistelligen Millionenbereich verursachen, Folgekosten für möglicherweise im Anschluss nötige Kanal- und Wasserleitungsertüchtigungen ließen sich noch gar nicht quantifizieren.
Gerade weil es ein Millionenprojekt ist, kritisierte Sonja Rupp (Grüne), dass es kein weiteres Angebot oder keine zweite Firma als Verhandlungspartner gibt. Auch Jürgen Keller (SPD) wollte sich nicht gleich auf eine Firma festlegen, sonst würden Vergaben ab 20.000 Euro ausgeschrieben. Die zweite Bürgermeisterin Andrea Heßdörfer erinnerte an die Klausurtagung, da habe die Begeisterung über die Kompetenz der Fachreferentin überwogen. Michael Heßdörfer erinnerte an den Bau des Glasfasernetzes. Da habe es nicht mehrere Angebote gegeben sondern nur die Telekom, die vorab Verträge mit den Bürgern schloss.
Ein zweites Angebot gefordert
Es dürfe keine Zeit verschwendet werden und die Firma GP-Joule stehe auch für Planungssicherheit, fand Susanne Gehrig. Sie stehe zudem auf der Empfehlungsliste des Freistaates. Das Projekt könne nur gelingen, wenn viele Bürger mitmachen. Fast jeder kenne Leute, die sich überlegen was nach der Gas- oder Ölheizung kommen soll. Das sah Günther Krönert (Grüne) genauso, es sei eine Großfirma mit Manpower und Erfahrung. Der Markt für derartige Planungen werde auch bald leergefegt sein.
Dem hielt Sonja Rupp entgegen, es gebe noch andere Firmen auf der Liste und ein zweites Angebot gehöre dazu. Niemand wisse, wie eine andere Firma arbeiten würden. Sie erreichte letztlich, dass der Beschluss geteilt wurde: Die Entwicklung eines Nahwärmenetzes auf Basis eines regenerativen Energieträgers für Zellingen und Retzbach beschlossen die Räte einstimmig. Gegen die Beauftragung des Bürgermeisters, mit der Firma GP-Joule zu verhandeln, stimmten Sonja Rupp, Jürgen Keller und Rudi Röder.