Die Gegensätze sind groß: Traumstrände, Copacabana, Ipanema, Zuckerhut, pure Lebensfreude, Favelas, Straßenkinder. Postkarten-Idylle, wohin das Auge schaut. Als die Reisenden nach der Landung auf dem Galeao-Airport mit dem Bus die ersten Elendsviertel auf der Fahrt in das Zentrum von Rio de Janeiro passieren, sehen sie nicht nur die schönen Seiten, sondern auch, dass hier die Armut "wohnt". Es ist ihre erste Begegnung mit einem Projekt, das sie viele Jahre beschäftigen und begleiten werden.
Touristische Sehenswürdigkeiten sind für Ottmar Kliegl, zu jener Zeit Klinikreferenten des Landkreises Main-Spessart, und für den Autor dieser Zeilen, damals Pressesprecher im Landratsamt, zunächst nur Nebensache. Das Interesse der beiden in Rio konzentriert sich auf Pater Eckart Höfling aus Langenprozelten, der seit Jahrzehnten dort missionarisch tätig ist und zum Zeitpunkt des Besuchs das Sozialwerk des Franziskaner-Drittordens mit einem Krankenhaus, einem Altenheim, drei Sozialstationen und Kindergärten leitet.
Bedrückender Besuch im Elendsviertel
Ihr Interesse gilt Menschen, die auf der Schattenseite des Lebens zu Hause sind und Tag für Tag dem sozialen Elend begegnen. Als wir Pater Eckart abseits unserer Reisegruppe treffen, ist er hoch erfreut, dass er zwei Landsleuten mit einem "Herzlich willkommen in Rio de Janeiro!" die Hände schütteln kann. Ein wenig mulmig ist es uns, als Pater Eckart in eine Favela führt, wo bittere Armut herrscht und die Schwächsten der brasilianischen Gesellschaft leben. Ein junger Bursche, vielleicht siebzehn, achtzehn Jahre alt, wirft den Ankommenden misstrauische Blicke zu, als wir in das Elendsviertel gehen. Der "Wachmann" trägt eine Waffe, sichtbar platziert am Hosenbund.
Wir sind tief betroffen von dem, was uns der Ordensmann zeigt und was wir über sein Lebenswerk erfahren. Später, wieder daheim von unseren Rio-Abstecher, sind sich alle einig, dass "unserem Mann in Rio" mit einem "Freundeskreis" geholfen werden muss. Wir suchen Mitstreiter, die unser Projekt "Hilfe für Pater Eckart" unterstützen würden und auch in der Öffentlichkeit eine gewisse Reputation genießen.
Dass wir den Rexroth-Manager Dieter Klingenberg, dessen Firma seit Jahren in Brasilien aktiv ist, und den bekannten Lohrer Rechtsanwalt Dr. Rudolf Rachor mit an Bord nehmen können, kommt unserem Vorhaben ein großes Stück entgegen. Sparkassen-Amtmann Adolf Reichert erklärt sich bereit, sich um das Finanzwesen zu kümmern. Der Frammersbacher Marketing-Spezialist Thomas Hofmann will uns mit Werbe-Aktionen und aussagekräftigen Flyern unter die Arme greifen.
Vereinsgründung vor 25 Jahren in Sendelbach
Dieter Klingenberg wurde im Sommer 1996 bei der Gründungsversammlung des Freundeskreises im Sendelbacher Pfarrheim einstimmig zum Vorsitzenden gewählt, Dr. Rachor erhielt das Vertrauen als Stellvertreter ausgesprochen, Ottmar Kliegl zeichnete für die Geschäftsführung verantwortlich und ich, Günter Reinwarth, übernahm die Öffentlichkeitsarbeit. Edi Bernhard aus Glattbach gehörte ebenfalls zum engeren Mitarbeiterkreis.
2014 musste der Freundeskreis Abschied von Pater Eckart nehmen, der im Franziskaner-Kloster Großkrotzenburg seinen Ruhestand verbracht hatte, und im Alter von 77 Jahren in einer Frankfurter Klinik gestorben war. Dieter Klingenberg legte 2017 im Alter von 79 Jahren sein Amt nieder, er wurde 2020 zu Grabe getragen.
Nach dem Ausscheiden von Dieter Klingenberg und von Dr. Rachor übernahm Ottmar Kliegl den Vereinsvorsitz, Günter Reinwarth wurde sein Stellvertreter, Elmar Zoepf amtiert heute als Schriftführer, Adolf Reichert gehört als Kassier dem Vorstand an. Im Beirat sitzen Siegfried Selinger, Gisela Hubrich, Siegrid Rüb und Erika Pott. Seit zehn Jahren setzt der neue Vorstand die erfolgreiche Vereinsarbeit fort. Das Engagement konzentriert sich vor allem auf das Thema Bildung und auf die erfolgreiche Hafenschule.
Viele Mitstreiter und viele Aktivitäten
Viele Spenden-Aktionen zu Weihnachten, eine Benefizveranstaltung mit dem Heeresmusikchor 300 der Bundeswehr unter Leitung von Hauptmann Burkard Zenglein (Marktheidenfeld) und ein großes Sommerfest in Neuhütten gehörten unter anderem zu den besonderen Aktivitäten des Freundeskreises. Die Würzburger Großbäckerei Rösner schob einen Franziskaner-Laib nach dem anderen in die Backöfen und spendete aus dem Verkauf 2500 Euro. Pater Eckart war sich nicht zu schade, bei einer Karneval-Veranstaltung in Köln die Narren-Mütze aufzusetzen und dafür eine schöne Spende mit nach Hause zu nehmen.
Dankbar denkt der Freundeskreis an den Lohrer Augenarzt Dr. Michael Armbrust zurück, der ohne Honorar einige Dutzend Menschen aus den Elendsvierteln in Rio am Grauen Star operierte. Auch die Zusammenarbeit mit dem Kindermissionswerk "Die Sternsinger" in Köln trug reiche finanzielle Früchte.
Aus Deutschland empfing Pater Eckart immer wieder gern Besucher-Gruppen, die später zu Hause als verlässliche Multiplikatoren fungierten. Herzliche Aufnahme fanden bei Pater Eckart in Rio unter anderem Karin Stoiber, die Gattin von Ministerpräsident Edmund Stoiber, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Bundesaußenmister Frank-Walter Steinmeier und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (Rheinland-Pfalz). Bundespräsident Horst Köhler verlieh Pater Eckart für sein Lebenswerk das Bundesverdienstkreuz am Bande, die Stadt Gemünden ernannte den Ordensmann zum Ehrenbürger.
Rund 2,3 Millionen Euro aufgebracht
Die "Werkstatt Deutschland" würdigte das Lebenswerk des unermüdlichen Franziskaner-Paters aus Langenprozelten 2008 am "Tag der Deutschen Einheit" in Berlin mit der Verleihung der "Quadriga". Bundesaußenminister Steinmeier bezeichnete Pater Eckart in seiner Laudatio als "Vorbild für Deutschland". Er habe mit bewundernswertem Engagement, mit Tatkraft und Beharrlichkeit das größte Sozialwerk Brasiliens geschaffen". Der Freundeskreis blickt in diesem Jahr auf das vor zweieinhalb Jahrzehnten von ihm gegründete "Hilfswerk der Nächstenliebe" zurück. Durch dieses war es möglich, dem "Anwalt der Armen" und seinen sozialen Projekten mit rund 2,3 Millionen Euro unter die Arme zu greifen.
.