Am Ende war ihnen das Risiko wohl doch zu groß und sie zogen ihren Einspruch gegen eine Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung zurück. Zwei Männer Syrien wollten mit einem Berufungsverfahren vor dem Würzburger Landgericht einen Freispruch erreichen.
Bei einer Schlägerei in einem Gebrauchtwaren-Kaufhaus in Main-Spessart hatten die 41 Jahre und vermutlich 27 Jahre alten Angeklagten einen Mann so schwer verletzt, dass er zwei Tage in stationärer Krankenhausbehandlung verbringen musste. Das Amtsgericht hatte sie deswegen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Auch die Staatsanwaltschaft hatte Einspruch eingelegt. Ihr war das Urteil zu milde.
Haben die Männer die Tragweite der Verhandlung verstanden?
Ob die beiden seit neun Jahren in Deutschland lebenden Männer die Tragweite wirklich verstanden haben, blieb jedoch bis zum Ende der Verhandlung unklar. Zuvor hatte sich der vorsitzende Richter Thomas Trapp redlich Mühe gegeben, die Risiken, die beide mit dem Berufungsverfahren eingehen, zu erläutern. Selbst noch nach einer Unterbrechung der Verhandlung und einer ausführlichen Beratungspause mit ihren Anwälten waren beide nicht bereit, die Berufung zurückzuziehen.
Sie seien unschuldig, sagte der Ältere der beiden über einen Übersetzer. Der Geschädigte habe als erster zugeschlagen, so der mehrfache Vater. Auch der Hinweis von Richter und Staatsanwältin, dass die Verletzungen des Geschädigten erheblich schwerer gewesen seien als die der beiden Männer, die bis auf leichte Blessuren an der Hand, keinen Schaden davontrugen, überzeugte sie zunächst nicht.
Rücknahme der Berufung ist kein Schuldeingeständnis
Erst nachdem der Richter erläutert hatte, dass eine Rücknahme kein Schuldeingeständnis bedeute und taktisch sinnvoll sein könnte, um einer echten Gefängnisstrafe aus dem Weg zu gehen, änderten beide ihre Meinung. Der Richter begründete seine andauernden Bemühungen mit einem Verweis auf die Fürsorgepflicht des Gerichts gegenüber den Angeklagten.
Eine höhere Haftstrafe aufgrund der zur Verhandlung geladenen Zeugen und des ebenfalls anwesenden Gutachters könnte ernsthafte Konsequenzen haben: Bei einer Verurteilung zu einer Haftstrafe von mehr als einem Jahr stand die Aussetzung auf Bewährung zur Disposition. Eine bloße positive Sozialprognose hätte hierfür wohl nicht mehr ausgereicht, erklärte er. Auch drohe unter Umständen eine Abschiebung. Die Staatsanwältin stellte zudem klar, dass, selbst wenn der Geschädigte tatsächlich als erster geschlagen haben sollte, dies nicht die vehemente Reaktion rechtfertige. Dies sei vielmehr eine "ganz klare Überschreitung" des Maßes.
Drei Jahre Bewährung für die Angeklagten
Zu der Schlägerei war es einem Nachmittag im April 2023 gekommen. Ein Mann hatte sich in eine lautstarke Diskussion der beiden Angeklagten mit einer Mitarbeiterin an der Ladenkasse eingemischt und den Streit beendet. Dabei soll es um den Preis der Ware gegangen sein. Beim weiteren Einkauf kreuzten sich die Wege zwischen den beiden Parteien jedoch ein zweites Mal. Weniger später begann die körperliche Auseinandersetzung.
Die beiden Angeklagten sollen dabei gemeinsam auf den Mann eingeschlagen haben und ihre Schläge auch dann noch fortgesetzt haben, als sie zusammen mit dem Geschädigten zu Boden stürzten. Für den Mann hatte das Folgen: Drei Rippen waren gebrochen, er erlitt eine Schädelprellung und ein Schleudertrauma.
Mit der Rücknahme der Berufung stehen die beiden, die in ihrer Zeit in Deutschland bisher strafrechtlich unauffällig geblieben sind, nun drei Jahre lang unter Bewährung. Sie müssen gemeinnützige Arbeit durchführen, polizeilich gemeldet sein und zumindest zum Teil die Verfahrenskosten übernehmen.