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Gemünden
Nach Laurenzibesuch in Marktheidenfeld flogen die Fetzen
In einem der letzten Busse gab es Gesichtsprellungen, Nasenbluten und einen Bruch der Augenhöhle. Eine 23-Jährige stand jetzt vor Gericht.
Faustschläge im Bus nach dem Besuch der Laurenzimesse. Darum ging es jetzt am Gemündener Gericht. Dies ist ein Symbolbild.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand | Faustschläge im Bus nach dem Besuch der Laurenzimesse. Darum ging es jetzt am Gemündener Gericht. Dies ist ein Symbolbild.
Herbert Hausmann
 |  aktualisiert: 30.10.2020 02:17 Uhr

Konflikte mit Gewalt austragen ist keine Lösung. Diesen Rat gaben Strafrichterin Laura Paczesny und Staatsanwalt Joscha Kressmann einem 23 und 25 Jahre alten Geschwisterpaar mit auf den Weg. Beide waren unter anderem wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Verurteilt wurde vorerst aber nur die junge Frau. Ihr Verfahren wurde von dem ihres Bruders abgetrennt.

Acht Monate, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt sind, lautet das Urteil für die 23-jähre Altenpflegerin aus dem Landkreis. Für die Dauer von zwei Jahren wird ihr die Hilfe eines hauptamtlichen Bewährungshelfers zuteil. Außerdem muss sie 1000 Euro an die Gefangenenhilfe in Würzburg zahlen. Innerhalb von zwölf Monaten hat sie mindestens sechs Mal bei Kontrollen ihre Alkoholabstinenz nachzuweisen sowie die Hilfe einer Suchtberatungsstelle in Anspruch zu nehmen.

Der Tag, der das schlagkräftige Geschwisterpaar vor den Kadi brachte, war der 17. August 2019, einer der Tage, an denen in Marktheidenfeld die Laurenzi-Messe stattfand. Mit einem der letzten Busse wollten Bruder und Schwester heimfahren. Im Bus entdeckte die 23-Jährige einen 26 Jahre alten Metallbauer, mit dem sie am Vortag eine unliebsame Begegnung hatte. Die beiden hatten sich im Bierzelt kennengelernt. Dabei soll die junge Frau ihm ins Gesicht gespuckt haben. Ob das ungewollt durch eine feuchte Aussprache geschah oder mit Absicht, war in der Verhandlung nicht zu klären. Als Antwort folgten Schläge des Mannes in das Gesicht der jungen Frau. Die Folge: ein Nasenbeinbruch, der gemäß Aussage der Frau und ihres Verteidigers von einer Würzburger Klinik auch attestiert wurde.

Acht bis neun Maß Bier

Ihren "Schläger" erkannte die Angeklagte am Folgetag an der Bushaltestelle. Hier und später auch im vollbesetzten Bus tat sie ihrer Umwelt lauthals kund, dass ihr der besagte Mann das Nasenbein gebrochen hat. "Ich war einfach wütend, dass er mich geschlagen hat", nannte sie vor Gericht den Grund. Etwa "acht bis neun Maß Bier" und wohl auch noch einige Schnäpse will sie an dem Abend getrunken haben.

Der übermäßige Alkoholgenuss ließ die 23-Jährige wohl übermütig werden. Sie griff ihr Gegenüber an verpasste ihm einen Schlag ins Gesicht. Danach rief sie ihren Bruder zu Hilfe, der dem 26-jährigen Mann nach Zeugenaussagen "mindestens zehn Schläge" verpasste. Die Folge für den Geschädigten: Gesichtsprellungen, Nasenbluten und einen Bruch der linken vorderen und hinteren Augenhöhle. Vier Tage verbrachte der Mann in der Universitätsklinik in Würzburg. Insgesamt war er sechs Wochen arbeitsunfähig. Schmerzen im Kopfbereich erinnern ihn auch heute noch an die Begegnung mit den schlagenden Geschwistern.

Für den ersten Schlag nicht entschuldigt

"Ich bin kein Fan von Schlägerei", betonte der Geschlagene auf die Frage von Richterin Paczesny, warum er sich nicht gewehrt hat? "Und warum haben sie am Abend zuvor zugeschlagen?" Auf die Frage der Richterin, warum der Mann die Frau ins Gesicht geschlagen hat, war nur ein Schulterzucken die Antwort. Schließlich betonte er, dass es ihm leid tue so reagiert zu haben.

Auf ein Entschuldigungsschreiben der Geschwister kurz nach der Tat hat der Geschädigte nicht reagiert. In der Verhandlung nahm er die mündliche Entschuldigung jedoch an. Für seinen eigenen Schlag gegen die Frau vom Vortag hat er sich jedoch nicht entschuldigt. Dafür aber hat er für die eingesteckten Schläge eine Zivilklage am Landgericht Würzburg auf 10 000 Euro Schmerzensgeld angestrebt.

Während das Verfahren gegen die angeklagte Frau mit dem noch nicht rechtskräftigen Urteil beendet werden konnte, muss sich ihr 25-jähriger Bruder erneut vor dem Strafgericht verantworten. Er soll bei einer anderen Fahrt mit dem Omnibus gegen eine dunkelhäutige Frau mit Kind den "Hitlergruß" gezeigt haben.

Zudem war er am 17. Oktober 2016 vom Amtsgericht Gemünden zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden, ein Teil der Strafe aber gegen Auflagen zur Bewährung ausgesetzt. Und gegen eine der Auflagen hat der Angeklagte mehrfach verstoßen. So war bei einer Kontrolle ein Alkoholwert von über 1,1 Promille festgestellt worden. Auch beim Festbesuch in Marktheidenfeld hatte er Alkohol getrunken, wodurch ihm jetzt der Widerruf der Bewährung droht.

"Ich stelle den Antrag auf verminderte Schuldfähigkeit", sagte sein Verteidiger. Die Landgerichtsärztin soll nun ein Gutachten über den Angeklagten erstellen. Dann entscheidet sich: Entziehungsanstalt oder Knast. Bis dahin wird das Verfahren gegen den 25-Jährigen ausgesetzt.

 
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