
Es ist ein effektives, gut akzeptiertes Projekt: Mit "Fred" erreichte das Team der Psychosozialen Suchtberatungsstelle der Caritas in Lohr im vergangenen Jahr 54 junge Menschen, die wegen Drogen auffielen. Es gibt jedoch ein großes Problem: Wer die "Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten" (Fred) durchlaufen hat, kann nicht weiter begleitet werden.
Zumindest läuft die Fortsetzung dann nicht, wenn es sich um Minderjährige handelt. Denn die Beratungsstelle erhält nur Geld für erwachsene Klienten.
Mit "Fred" öffneten sich den Lohrer Suchtberatern 2008 völlig neue Wege, um mit Jugendlichen in Kontakt zu kommen, die in riskanter Weise kiffen oder andere Drogen konsumieren. Das ist dem Freistaat zu verdanken, der "Fred" finanziert.
Nur für Erwachsene zuständig
Die reguläre Arbeit der Caritas-Einrichtung zur Suchtberatung wird vom Bezirk gefördert. Allerdings ist der Bezirk in der Suchtkrankenhilfe nur für Erwachsene zuständig.
Drogenberatung von Jugendlichen ist in Bayern Sache der Kommunen. Nun könnten sich Teenager aus Main-Spessart bei Fragen zum Thema "Drogen" an die Erziehungsberatungsstelle des Landkreises wenden, so "Fred"-Trainer Oliver Schneider: "Doch welcher Jugendliche tut das?"
Über die frühe Drogenprävention haben Jugendliche zwar die Suchtberatung kennengelernt. Doch sie dürfen nach dem "Fred"-Kurs offiziell keine weiteren Angebote annehmen – auch wenn es sie nach Kursende drängt, das eine oder andere Thema, etwa Beziehungsprobleme im Kontext von Sucht, weiter zu besprechen. Die Lohrer Suchtexperten halten es für dringend nötig, dass ihre Beratungsstelle endlich auch für Jugendliche geöffnet wird. Den "Aktionstag Suchtberatung", der am Mittwoch zum ersten Mal stattfand, nahmen sie zum Anlass, ihre Forderung zu transportieren.
Bei "Fred" landen Jugendliche in erster Linie, weil sie gegen Recht und Gesetz verstoßen haben. Etwa, indem sie Haschisch weitergaben. Das Angebot entlastet laut Schneider die Gerichte, denn Verfahren können eingestellt werden.
Doch die juristische Dimension ist für den Drogenberater zweitrangig. Ihm wäre es wichtig, besonders gefährdete Jugendliche nach "Fred" weiter zu begleiten. In Einzelfällen geschieht das auch. Bis vor Kurzem gab es in Marktheidenfeld sogar eine Gruppe für junge Drogenkonsumenten. "Wir schicken niemanden weg", betont Einrichtungsleiter Hubert Auth. Doch wenn Jugendliche beraten werden, muss die Caritas dies aus Eigenmitteln finanzieren.
Oft seit Jahren süchtig
Nur für wenige "Fred"-Teilnehmer war es das erste und zugleich das letzte Mal, dass sie illegale Drogen konsumiert haben – und dabei dummerweise erwischt wurden. Die allermeisten Kursteilnehmer konsumieren riskant. Und das oft seit Jahren. "Sie kiffen mindestens wöchentlich, manche täglich", erläutert Schneider. Viele haben durch den Konsum Schlimmes erlebt. Sie sahen zum Beispiel, wie jemand aus der Clique, der ebenfalls am Joint zog oder sich Pillen einwarf, plötzlich in Angstzustände geriet. Mitunter kommt es aufgrund von Rauschmitteln zu Gewalt.
Bei manchen Jugendlichen spürt Schneider sofort, dass es für sie nicht reicht, nur den "Fred"-Kurs zu absolvieren. Hinter ihrem Drogenkonsum stecken Probleme, die dringend angegangen werden müssten. Helfen kann er jedoch offiziell nur, wenn Eltern in die Beratung einbezogen werden, gehört doch die Unterstützung von Angehörigen zu dem vom Bezirk finanzierten Auftrag der Suchtberatungsstelle. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass dieser Umweg in vielen Fällen nicht funktioniert, da die Eltern der betreffenden Jugendlichen kein Interesse daran haben, mit der Beratungsstelle zu kooperieren.
Jugendliche begleiten
Teilweise trinken sie selbst literweise Bier. Oder sie nehmen andere Drogen. Gerade in diesem Fall wäre es umso wichtiger, die Jugendlichen zu begleiten. Dafür allerdings braucht es ausreichend Geldmittel, denn die Arbeit mit Teenagern ist noch anspruchsvoller als die mit Erwachsenen. "Jugendliche sind unzuverlässiger und schwieriger bei der Stange zu halten", schildert Oliver Schneider. Außerdem werde immer versucht, die Familie mit einzubeziehen. In den meisten Fällen wird laut Schneider intensiv mit Schulsozialarbeitern kooperiert. Aufwendig sei überdies die Suche nach Entgiftungsplätzen: "Häufig werden Jugendliche von den Kliniken abgewiesen."