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BURGSINN
Nach der lebensgefährlichen Flucht droht nun die Abschiebung
Der 15-jährige Ali Reza berichtete bei der Ausstellungseröffnung in Burgsinn von seinen Erlebnissen auf der Flucht aus Afghanistan.
Foto: J. Gabel | Der 15-jährige Ali Reza berichtete bei der Ausstellungseröffnung in Burgsinn von seinen Erlebnissen auf der Flucht aus Afghanistan.
Jürgen Gabel
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:44 Uhr

Bei der Eröffnung der Ausstellung „Asyl ist ein Menschenrecht“ im Foyer der Verwaltungsgemeinschaft Burgsinn bat der DGB-Kreisvorsitzende Norbert Ball einige Flüchtlinge um authentische Erlebnisberichte. Bereitwillig erzählten sie von ihrer teils lebensgefährlichen Flucht aus ihrer seit 1979 vom Krieg gebeutelten Heimat Afghanistan, von ihren Zukunftsperspektiven in Deutschland und von der Angst vor Abschiebung.

Der 15-jährige Ali Reza wurde 2016 in der Sinngrundschule eingeschult und spricht heute bemerkenswert gut Deutsch. Seine Familie floh 2010 mit ihm in den Iran, um eine gute Zukunft zu haben und ihm einen Schulbesuch zu ermöglichen. Leider war ihm dies weder in seinem Heimatland noch im neuen Gastland möglich. Umso mehr freut es ihn, dass er in Burgsinn die Schule besuchen darf.

„Ich hatte im Iran nie das Gefühl, richtig zu leben und nie verstanden, warum das Leben so grausam sein kann“, sagte er. Er wurde im Iran auf der Straße geschlagen, mit dem Messer bedroht und Geld und Handy wurden ihm gestohlen. Seine Familie floh 2015 auf der Ostroute über das Mittelmeer von der Türkei nach Griechenland in einem „Plastikboot“.

Der Preis der Schlepper für drei Erwachsene und zwei Kinder: 9000 Euro. „Wir hatten keine andere Wahl“, sagt Ali. In Deutschland fühlen er und seine Familie sich endlich sicher und frei. Trotzdem ist die Angst vor Abschiebung geblieben.

Deutsche Freunde im Kindergarten

Über das Kolping-Bildungswerk Würzburg lernte der 25-jährige Tawab, der mit Ehefrau und drei kleinen Kindern in Mittelsinn lebt, die deutsche Sprache. Leider konnte seine Frau bisher keinen Deutschkurs besuchen, bedauerte er. Aber sein Sohn, der in den Kindergarten geht, hat bereits deutsche Freunde und kann sich verständigen.

Der 19-jährige Golmohammad Jamili ist mit seinen Eltern und den vier Geschwistern aus Afghanistan geflohen. Auch er besucht seit sechs Monaten die Integrationsklasse mit hörbarem Erfolg. Er möchte eine Weiter- oder Ausbildung machen. Leider haben er und sein Bruder den Abschiebestatus erhalten, während die gesamte Familie eine vorläufige Anerkennung von einem bis drei Jahren bekam. „Mit dem Abschiebestatus habe ich keine Chance mehr – die Zukunft ist ungewiss“, sagt er. Bewegt spricht er über die dreimonatige Flucht der Familie, die den Tod mit eigenen Augen gesehen habe.

„Zum Schluss kamen wir in einem neun Meter langen Schlauchboot mit 52 Personen an Bord von der Türkei nach Griechenland. Wir hatten in Afghanistan alles verkauft, um für die 15-köpfige Familie den Schlepperpreis von 30 000 Dollar zahlen zu können“.

Seit sieben Monaten besucht Mohammad Jamili die Berufs-Integrationsklasse der Berufsschule in Karlstadt. Anfangs prophezeiten ihm seine Freunde: Deutsch wirst du nie lernen. Derzeit freut er sich über ein Praktikum als Kfz-Mechaniker, doch sein eigentliches Ziel ist Krankenpfleger. Schmunzelnd nennen ihn seine Freude bereits „Doc“. Er lobt die Kindergärten, Schulen und privaten Deutschkurse, die über die notwendige Sprache eine schnelle Integration ermöglichen.

Sprachkurs als Schlüssel

Er brauche unbedingt ein Sprachzertifikat, um seinem Traumjob Krankenpfleger lernen zu können. Jetzt habe er und seine ganze, 17 Personen umfassende Familie, die Abschiebung erhalten und dagegen Klage eingereicht. „Aber mit dem Abschiebestatus darf ich keine Ausbildung beginnen“, berichtet er.

Die 22-jährige Sarah Vafai lebt mit ihren zwei kleinen Kindern in Mittelsinn und bedankte sich zu Tränen gerührt für die entgegen gebrachte Hilfe. Sie wollte in die Berufsschule, um Deutsch zu lernen. Wegen ihres Abschiebestatuses wurde sie jedoch abgelehnt. „Eine Rückkehr nach Afghanistan bedeutet für uns den sicheren Tod; bitte helfen Sie uns“, so ihr Appell.

Ein düsteres Bild zeichnet der 31-jährige Abdul Atai, der mit Frau und zwei Kindern in Mittelsinn lebt: Ein Kind besucht den Kindergarten, das andere kommt jetzt in die erste Schulklasse. Er beherrscht nicht die deutsche Sprache, hat keine Ausbildung und der Abschiebebescheid liegt vor. „Wo soll ich hin und was soll ich tun? Ich habe keine Perspektive.“ Er sucht eine Arbeit als Schweißer oder Maurer.

Der 19-jährige, ledige Parviz Mohammaeli fährt täglich mit dem Zug zum Deutschkurs nach Karlstadt mit dem Ziel, Lkw-Fahrer zu werden. „Ich habe in Afghanistan mit einem Subunternehmen für die deutsche Bundeswehr gearbeitet“, sagt er. Er habe Nachweise für deren Zufriedenheit mit meiner Zuverlässigkeit als Lkw-Fahrer. Trotzdem habe er den Abschiebebescheid bekommen, erklärt er mit enttäuschter Stimme.

Der 26-jährige Ibrahim Mohammaeli lebt mit Frau und zwei Kindern ebenfalls in Mittelsinn. Er erhielt für den Deutschkurs dreimal eine Ablehnung. Jetzt startet er einen neuen Versuch über das Landratsamt. In seiner Heimat hat er als Maurer gearbeitet.

 
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