Es war 11 Uhr vormittags, als Josef Zang aus Goldbach zum letzten Mal den Taktstock schwang, am ersten Dezembersonntag in der St. Paulus-Kirche in Aschaffenburg-Damm. Als die letzten Töne von »Tröstet mein Volk« verklangen, erntete er anhaltenden Applaus. Die Leute standen auf zum Klatschen.
Die Zuhörer bedankten sich nicht nur für diesen Vormittag, das Adventskonzert der Germania Glattbach, sondern auch für 65 Jahre aktives Singen, für mehr als 35 Jahre Vorstandstätigkeiten, für 29 Jahre Chorleitung. Und nach einer kleinen Ehrung durch Pfarrerin Viola Wölfle verabschiedete sich der langjährige Dirigent aus seinem letzten Ehrenamt.
Dass »Joe«, wie viele den 83-Jährigen nennen, bei all seinen Tätigkeiten »nie 100, sondern immer 120 Prozent gegeben« habe, bestätigt Heribert Englert, der nach ihm die Chorleitung des Glattbacher Männerchors übernahm. Egal ob es um die Erhaltung von Städtepartnerschaften ging, um die Organisation der deutschen Jugendchortage in Aschaffenburg oder schlicht um die Abholung des Blumenschmucks für das nächste Konzert - Josef Zang habe sich stets »mit Herzblut« um alles gekümmert. »Da war schon viel zu planen und zu organisieren«, gibt der Goldbacher Zang im Rückblick zu. Trotzdem, das betont er, habe sich der Einsatz immer »gelohnt«.
Ganz für die Frau da sein
Auch jetzt noch unterstützt Zang den gemischten Chor in Glattbach mit seiner Tenorstimme. Doch seine drei Dirigentenstäbe - er dirigierte die Männerchöre bei Liederkranz Rothenbuch, Fidelia Lohr und Germania Glattbach - gab er diesen November ab: Er brauche die Zeit, um seine Frau Rosel zu pflegen, die an Demenz erkrankt ist. »Ich will jetzt für sie da sein«, sagt Josef Zang. »Ich bin auch stolz, dass ich das darf«.
Trotzdem bleibt der ein oder andere Wermutstropfen. Mit Zangs Rückzug löste sich der Männerchor des Gesangvereins Liederkranz Rothenbuch auf, und auch der Männerchor von Germania Glattbach wird wohl nur noch wenige Jahre bestehen können. Männerchöre seien eine aussterbende Gattung, sagt Josef Zang. Er bedauere diese Entwicklung. »Heute fehlt es den Chören oft an Seele«, erklärt der Dirigent, »und an Geselligkeit«.
Geselligkeit - dafür ist der Goldbacher Sänger und Chorleiter weithin bekannt. Chorfreundschaften in ganz Europa pflegte er, mit dem Shantychor »Windrose« in Hamburg, den Seebachthaler Jagdhornbläsern aus Mücke im Vogelsbergkreis bis hin zum Sankt-Daniels-Chor in Moskau. »Ich knüpfe Kontakte, egal wohin ich gehe«, sagt der 83-Jährige schmunzelnd.
Seine persönlichen Höhepunkte, erzählt Zang, seien die Auslandsaufenthalte gewesen. Gemeinsam mit seinen Chören habe er Budapest besucht, Prag, Wien, Paris - und mehrere Male Vatikanstadt.
2006 war er mit der Chorgemeinschaft Rothenbuch, Glattbach und Lohr gar bei der Generalaudienz von Papst Benedikt. Dort, so schildert es der Dirigent, habe er dem Kirchenoberhaupt einen Laib Brot überreicht und ihm auch ein selbst geschriebenes Gedicht geschenkt.
Vor 110000 Menschen sangen die Männer damals auf dem Petersplatz »Stern auf den ich schaue« - mit Josef Zang als Solisten. Bis heute gehört das zu seinen schönsten Erinnerungen.