Ohne Diskussionen, jedoch auch seltsamerweise ohne jeden Beifall passierte am Montag ein Vorhaben von besonderer Tagweite den Bauausschuss des Stadtrats: Das Ehepaar Nina und Alexander Lurz hat das seit 16 Jahren leer stehende ehemalige Knotenpostamt Gemünden gekauft und will dort ein kleines Bed-and-Breakfast-Hotel und ein großes Fitness-Studio mit Sauna und Kletterwand einrichten.
Allein Peter Interwies vom städtischen Bauamt, der das Projekt den Stadträten vorstellte, schwärmte: „Wir sind sehr froh, dass wir den Bauantrag bekommen haben. Wenn man in die Stadt reinfährt, ist da was Neues, was Schönes!“ Beantragt war die Nutzungsänderung des ehemaligen Postgebäudes für Fitness-Studio mit Sauna, Bed-and-Breakfast-Hotel, Büroeinheit und Hausmeisterwohnung.
Zu dem massiven, großen Betonklotz, in dem sich einst die Brief- und Paketverteilung für fast die ganzen Landkreise Main-Spessart und Bad Kissingen befanden, gehören auch noch Garagen, Werkstatt- und Lagerräume sowie ein großer Hof. Bauherr ist der in Rieneck geborene und in Langenprozelten aufgewachsene Diplom-Bauingenieur Alexander Lurz. Die Umnutzung, die sich der 39-Jährige vorgenommen hat, beschrieb Peter Interwies:
• 23 Parkplätze auf der Freifläche, einer davon behindertengerecht;
• Nutzung der Anbauten in Richtung Wernfeld als Lager, Garagen, Werkstatt, Umkleide mit Nasszelle und Büro;
• Nutzung der Anbauten zur Bundesstraße und Altstadtseite hin als Funktionsräume (Empfang, Sportthemen, Kletterwand, Büro) für das Fitness-Studio;
• das Erdgeschoss des Hauptgebäudes nimmt die Sauna mit dem Ruhebereich sowie Lager- und Technikräume auf;
• der erste Stock ist dem Fitness-Studio vorbehalten;
• das zweite Obergeschoss nimmt das Hotel mit acht Gästezimmern, Gemeinschaftsräumen und ein großes Büro auf;
• das dritte Obergeschoss bleibt Wohntrakt zum Beispiel für den Hausmeister und oder den Betriebsleiter.
Nina und Alexander Lurz bewahren damit Gemünden vor einer großen Bauruine direkt am Bahnhof, Busbahnhof und an der Bundesstraße; die vorgesehene Nutzung stärkt die Infrastruktur und kommt auch dem Fremdenverkehr zugute. Ohne Einwände stimmte der Bauausschuss zu, die Genehmigung obliegt dem Landratsamt Main-Spessart.
Nach dem Ende der Post – letztmals geöffnet waren die am Ende verbliebenen Schalter im Erdgeschoss am 28. Dezember 1999 – hatte das Gebäude verschiedene Vermögensgesellschaften als Eigentümer. So zum Beispiel 2008 die US-amerikanische Investmentgesellschaft Lone Star, die nicht zuletzt als Käufer notleidender Kredite bekannt geworden war. Sie hatte auch die Mittelstandsbank IKB übernommen. Das Gemündener Knotenpostamt gehörte zu einem Paket von 1300 Postgebäuden, welche die Post damals für eine Milliarde Euro an Lone Star verkaufte.
Interessenten gab es für das von der Bausubstanz her angeblich intakte Gebäude in all den Jahren durchaus, jedoch hatten die Eigentümer immer auf einem Verkauf bestanden.
Die Geschichte der Post in Gemünden reicht zurück bis 1838. Zum bedeutenden Knotenpostamt wurde die Gemündener Behörde 1950. Wie der Langenprozeltener Norbert Schuch einmal für einen Aufsatz zusammengetragen hat, wurde 1970 aus Platzgründen ein Neubau nötig: „Das alte Postamt am Bahnhof platzte aus allen Nähten. Der Neubau wurde 1970 begonnen. Die Eröffnung war am 22. Dezember 1972. Zweieinhalb Jahre war an dem Amt gebaut worden, die Kosten beliefen sich auf circa drei Millionen D-Mark. Der Vorgängerbau wurde 1978 abgerissen.
1996 wurde das Verwaltungspostamt Gemünden aufgelöst, der Postdienst wurde damals in die drei Sparten Brief, Fracht und Schalter geteilt. Im Zuge der Postreform und der Privatisierung eröffneten immer mehr Post-Agenturen in Geschäften und Tankstellen.“ Heute gibt es zwei Postshops in Gemünden, im Lagerhaus Weimann in der Wernfelder Straße und in der OMV-Tankstelle in der Frankfurter Straße.