
Manny Kunz kann's noch. Am Donnerstagnachmittag vor zwei Wochen unterhielt der 72-jährige Gemündener mit Entertainer-Qualitäten bei "Musik in der Stadt" den vollbesetzten Marktplatz der Dreiflüssestadt. Eine gute Stunde, bis 19 Uhr etwa soll das monatliche Platzkonzert des Stadtmarketingvereins üblicherweise dauern. Doch der Alleinunterhalter hatte Spaß, sein Publikum auch, und so spielte Manny Kunz – unterbrochen durch Pausen, in denen er Witzchen riss und kurz mit Zuhörern plauschte – bis nach 20 Uhr.
"Mehr deutsche Lieder muss ich beim nächsten Mal spielen", sinniert der Vollblutmusiker ein paar Tage später beim Pressegespräch unterm Sonnenschirm vor der Gemündener Eisdiele, das hätte dem Publikum noch mehr gefallen, ist er sich sicher. Aber das hatte er sich schon jeweils nach den Platzkonzerten 2017 und 2018 vorgenommen und war dann doch, wie jetzt auch wieder, seinen bevorzugten Hits verfallen: Beatles, Rolling Stones, Bill Haley , Elvis Presley und Co.
Hosenträger und ein roter Fingernagel
Und natürlich "Küsse unterm Regenbogen" aus dem Jahr 1965 von Manuela. "Kennt das noch jemand?", rief Manny Kunz beim Platzkonzert vorige Woche übers Mikrofon ins Publikum, und etliche Hände gingen in die Höhe. Die Leute kennen nicht nur das Lied, sondern auch Manny Kunz – Markenzeichen breite Hosenträger und ein rot lackierter Fingernagel an der linken Hand. Er macht schon länger Musik, als das Lied alt ist. Über 50 Jahre.
Der Musikerstammtisch in Lohr, das ist es, was Manny liebt und pflegt. Er ist Stammgast im Café Mann, meist am ersten Donnerstag im Monat. Und zu später Stunde lässt er sich nicht lange bitten, seine Leidenschaft mit anderen zu teilen.
Der Gemündener ist Profi, wenn er auch nie mit Musik seinen Lebensunterhalt bestritt, sondern erst als Maschinenbauschlosser und dann in der Konstruktionsabteilung der Lohrer Mannesmann Rexroth AG arbeitete. Gemeinsam mit drei anderen Burschen aus dem Gemündener Grautal, alle damals um 16 oder 17 Jahre alt, gründete er seine erste Band, "Les Petits" (französisch: Die Kleinen). Dazu gehörten die Gitarristen Dieter Fleischmann und Rainer Knoblach, Helmut Joa (Schlagzeug) und eben Manny Kunz (Gitarre und Gesang). "Wir haben jeden Abend geübt", erinnert er sich an diese Anfänge.

Das Stammlokal war das legendäre Café (Karl) Schüßler im Grautal. "Auf der Kreidler-Florett (ein Moped) mit der Gitarre aufm Buckel ging's übern Zollberg nüber in den Sinngrund" für Auftritte zum Beispiel im ebenfalls legendären Tanz-Café "Bluff" in Rieneck. Damals gab es noch in vielen Lokalitäten Live-Musik; Bands waren gefragt, wenn auch nicht mit üppiger Gage bedacht. "Die Kleinen" kamen gut an. Karl Schüßler verpflichtete die Jungs bald, nicht mehr von 16 bis 18 Uhr zu spielen, sondern von 20 bis 1 Uhr. Das stellte die "Petits" vor Probleme: "So viele Lieder hatten wir gar nicht . . . da haben wir alle Stücke halt zweimal gespielt."
Kunz: "Das war die schönste Zeit"
Auslöser der Musikbegeisterung von Manny Kunz und sicher vielen anderen waren die "Beatles": "Damals haben die angefangen. Das hat mich elektrisiert, dieser Umschwung vom Rock 'n' Roll zur Beatmusik", erinnert sich der 72-Jährige und stellt fest: "Das war die schönste Zeit." Wobei noch schöne Zeiten folgten. Die "Petits" lösten sich alsbald auf, die Ausbildungszeit riss die jungen Leute auseinander. Manny Kunz und Dieter Fleischmann gründeten die "Beats" mit Karl-Heinz Nickola (Schlagzeug), Horst Knoblach und Erwin Laudenbach (auch Gesang, aus Burgsinn). "Von dem habe ich viel gelernt", erzählt der Gemündener. Darauf folgten die "Tornados" ("Das war nicht so meine Musik, aber da gab's Geld."), aus denen sich dann die Gruppe "Fantasy" formte. Zwischendurch wurde geheiratet.
Doch dann wurde es Manny Kunz mit dem Bandbetrieb zu viel. Das sei damals in Richtung Berufsmusiker gegangen. "Das wollte ich nicht. Ich hatte Angst, dass das Feeling weggeht, dass ich wegen des Zwangs keine Lust mehr habe." Er legte eine zweijährige Pause ein – bis ihn die "Old Joes" reaktivierten mit der Bitte für den Sänger Reinhold Schröpfer einzuspringen. Dann bildete sich die ebenso legendäre Band "Penny Lane" mit Matthias Feser, Uwe Kartmann, Klaus Rüfer und Roland Schäfer. Der Bandname war eine Hommage von Kunz an die "Beatles" und ihren gleichnamigen Song. Auch seiner nächsten und letzten Gruppe gab er den Namen: "Die-da". Weil, so die Begründung: Wer das Trio mit Charly Bacher, Uwe Kartmann und Manny Kunz sieht, sich bestimmt denke: "Oh, das sind ja die da von den ,Tornados'."
Mehr als zehn Jahren "Die-da"
"Die-da" zu Dritt gab's über zehn Jahre und hatte somit am längsten Bestand von den Bands des 72-Jährigen. Kunz musste aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten und ausscheiden, macht aber Ausnahmen: So war er zum Beispiel jüngst zur Rienecker Kirb bei "Die-da" wieder als Sänger dabei. Was in der ganzen Auflistung noch fehlt, sind die Engagements als Alleinunterhalter bei Feiern aller Art wie Hochzeiten oder den Ehrenabenden des Langenprozeltener Obst- und Gartenbauvereins. Das unterscheidet sich vom Musizieren in einer Band insofern, als dass er mehr Technik einsetzt – Playbacks mit Schlagzeug, Bass und Keyboard – und dass er auch Entertainer sein muss: das Publikum mit kleinen Spielen, dem Raten von Liedtiteln oder mit Witzen einbeziehen.
Aber damit ist nach 30 Jahren Schluss: "Buchen kann man mich nicht mehr." Der Musik jedoch bleibt Manny Kunz treu: "Was mich reizen würde: So wie der Kümmert einfach mal so, just for fun, in der Fußgängerzone spielen. Nur so, ganz kurz. Wir wollen ja niemand belästigten", schiebt er lachend nach. Und wer weiß: Am Café-Tisch der Eisdiele unterhält er sich mit Rainer Knoblach ("Sound of LA"), seinem alten Freund von "Les Petits", vielleicht über "ein neues Projekt" . . .