„Die bunten 70er“ heißt die neue Serie der Main-Post und dazu passt kein Thema besser als die Lightshow, die der Karlstadter Michael Keller-May in jener Zeit bei der Karlstadter Band „Genesis Rock“ auf Bühnenrückwände zauberte. Er spielte zwar kein Instrument, war mit dieser Show aber dennoch fester Bestandteil der Band.
Musik und eindrucksvolle Bilder – wie sehr das in den 70ern zusammengehörte, zeigen viele Plattencover, die künstlerisch ausgestaltet waren und bekannter als manches Gemälde eines großen Malers wurden. Michael Keller-May lag mit seinen Lightshows voll in diesem Trend. Er machte damals aber nicht einfach nur bunte Lichter an. Sein Metier war es, mit Hilfe von Projektoren Bilder zu kreieren.
„Ich hatte fünf Projektoren im Einsatz“, blickt er zurück. Das waren Diaprojektoren, aber auch ein Filmprojektor und ein spezieller Farbeffektprojektor mit auswechselbaren Scheiben, wie man ihn heute noch in Diskotheken sehen kann.
Michael Keller-May hatte Scheiben, in denen sich bewegliche Flüssigkeiten befanden, die untereinander verlaufen sind. Im Projektor überlagerten sich mehrere Scheiben mit unterschiedlichen Farben. Durch die Wärme des Projektors wurden die Farben zusätzlich aktiviert.
Ein Diaprojektor mit einer herausnehmbaren Diabühne war dabei. Hier experimentierte der junge Karlstadter mit Flüssigkeiten, die sich abstoßen, etwa Terpentin und Wasser. Beim Zusammentreffen ergaben diese fantastisch lebhafte Effekte. Oder er träufelte mit einer Pipette Farbe in eine andere Flüssigkeit. Durch die Umkehrung der Projektion wirkte das, als würde etwas nach oben explodieren. Michael Keller-May lernte Drogist und hatte durch die elterliche Drogerie, die auch Farben und Fotozubehör führte, stets Zugang zu Chemikalien und Fotozubehör.
Fotos waren ein weiteres Element der Shows. So wurden bei den Konzerten Fotos der Bandmitglieder in die Show eingebaut. Dann waren es eine Müllhalde, Wolken oder ein Baum, die der Lightshow-Experte fotografiert hatte. Er machte Reproaufnahmen aus Büchern – von einem Embryo oder einer Weltkugel. Der damals 18-Jährige experimentierte mit unterschiedlich harten Fotopapieren, machte mit Dias Fehlbelichtungen oder Pseudo-Solarisationen. Auch setzte er ein diagroßes Wabenglas an die Linse des Projektors und wedelte beim Projizieren Teile der Bilder im Rhythmus ab.
Michael Keller-May spielte eine Art optisches Instrument, indem er zwischen zwei Glasscheiben Farbe presste und sie im Rhythmus bewegte. Während er sie im Rhythmus leicht zusammenpresste und wieder auseinanderzog, bewegten sich dazwischen Luftblasen.
Die Band hatte einen Zyklus namens „Four seasons“. Dazu passend projizierte Michael Keller-May Bilder und Farben von Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
Es lässt sich leicht vorstellen, dass er dabei alle Hände voll zu tun hatte. So hatte er sich eine Reihe von Fußschaltern montiert, mit denen er die Projektoren ein- und ausschalten konnte. Rückblickend sagt er: „Das war freilich nicht gut für die Projektionslampen.“
Um seine Show mit der Musik abzustimmen, war er immer bei den Proben dabei und probte mit. Der Band war ein älteres Häuschen auf dem Gelände unterhalb des Zementwerks überlassen worden, genannt „Hut of Baby Yaga“ in Anlehnung an eine Schallplatte von Emerson, Lake & Palmer mit dem Titel „Pictures at an Exhibition“ (Bilder einer Ausstellung).
Auch dieses Häuschen war fantasievoll ausgemalt. Dort war die Band zu Hause. Klar, dass da auch so manche Fete gefeiert wurde.
Neben Michael „Osibisa“ Keller-May als dem Meister der Lightshows gehörten zu „Genesis Rock“ als Musiker Peter „Petlich“ Völker (Gitarre), Kurt Winkler (Saxofon), Michael „Rizinus“ Zeitler (Bass), Jürgen „Specki“ Hnilitschka (Keyboard) und Wolfgang „Klimm“ Knoch (Schlagzeug). Die Auftritte freilich waren – wie so häufig bei Jugendbands – dünn gesät.
Keller-May erinnert sich an jeweils einen in der Lohrer Stadthalle, in der Heiligen Familie Karlstadt und im Arnsteiner Jugendzentrum.