Auf den ersten Blick wirken die neuen Fräsmaschinen in der Lehrwerkstadt der Karlstadter MSA Maschinen-Systeme Anlagen AG übersichtlich. Laien würden sich bei der Höhe der Investition vermutlich verschätzen und sie zu niedrig ansetzen. Doch die Investition lag für beide zusammen bei rund 200 000 Euro. Denn es stecken einige Raffinessen drin.
"Die hat fast alle Funktionalitäten wie die großen Maschinen im Betrieb", erklärt Vorstand Bernd Völker zu einer der beiden Fräsen. Sie ist mit modernster CNC-Steuerungstechnik ausgestattet. Die Maschine wird vor der Bearbeitung programmiert, dann wird das Bearbeitungsprogramm gestartet und das Bauteil vollautomatisch zerspant.
Bei der anderen lässt sich noch alles per Hand steuern. Mit Kurbeln kann das eingespannte Werkstück unter dem rotierenden Fräskopf bewegt werden. Mit dieser Maschine werden die Auszubildenden an die Technologie herangeführt. Michael Prokop, der für die praktische Ausbildung zuständig ist, hat eine Gruppe Azubis um sich geschart, und weist sie in die Funktionsweisen ein.
Betriebe müssen sich mehr anstrengen
Neun Azubis hat die MSA derzeit, um den Fachkräftenachschub sicherzustellen. Ist es für die Firmen schwerer geworden, Auszubildende zu finden? Völker: "Viele wollen nicht mehr in der Produktion arbeiten, sondern im Büro. Dabei ist es eine sehr gute Entscheidung, einen Ausbildungsberuf in der Metallbranche zu ergreifen, denn es sind glänzende Berufsaussichten zu erwarten. Darüber hinaus gibt es attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten zum Meister oder Techniker." Allgemein müssten die Betriebe mehr Aufwand als in der Vergangenheit betreiben, um Nachwuchs zu finden.
Früher hießen sie Schlosser, heute Industriemechaniker. Und die Technischen Zeichner hören heute auf den Begriff Technischer Produktdesigner. Neben diesen beiden Berufsbildern sind es die Zerspanungsmechaniker, die ebenfalls bei MSA ausgebildet werden. Diese fräsen, drehen und bohren die Bauteile und arbeiten nach der Ausbildung Metall nicht selten an Maschinen, die einen siebenstelligen Eurobetrag kosten. Vor allem für diese Berufsgruppe wurde nun in die zwei neuen Fräsmaschinen investiert. All das gehört bei den Industriemechanikern auch dazu, allerdings nicht so vertieft. Breiten Raum nimmt bei den Industriemechanikern das Schweißen ein, überdies das Schleifen und Montieren. Mehr als zwei Drittel der Azubis entscheiden sich für diese Richtung Industriemechaniker.
Werkstoffwissen ist das A und O
Ist es wirklich nötig, diese Berufe dreieinhalb Jahre lang zu lernen? Völker beantwortet diese Frage mit einem klaren Ja. Denn beispielsweise beim Schweißen ist neben dem handwerklichen Geschick mit der sprichwörtlich ruhigen Hand eine Menge Werkstoffwissen erforderlich. Edelstahl etwa verzieht sich unter der Hitzeeinwirkung viel stärker als Normalstahl. Man braucht ein Schutzgas, damit die Schweißnaht später nicht rostet. Bei dünnem Material brennt man beim Schweißen leicht Löcher ins Metall.
Auch der Zerspaner braucht viel Werkstoffwissen und eine gute räumliche Vorstellung. Und er darf keine Berührungsängste vor Computern haben, denn gerade hier hat die Digitalisierung das Berufsbild stark verändert. Die Härte des zu zerspanenden Materials bestimmt, welchen Schneidstoff der Zerspaner einsetzt und wie hoch die Drehzahl und der Vorschub ist. Jedes Bauteil muss auch individuell eingespannt werden. Und wie wird die eingegebene Programmierung abgelegt, um sie wieder verfügbar zu haben, wenn dieselbe Aufgabe an derselben Maschine nach längerer Zeit zu erledigen ist? Genau solche Problemlösungen werden in der Lehrwerkstatt geübt.
Da wird verständlich, wenn Völker sagt, dass ein Unternehmen die ersten beiden Jahre deutlich mehr Geld in die Ausbildung steckt, als die Azubis erwirtschaften. Zu investieren hat die Firma auch in die überbetriebliche Ausbildung, also den Unterricht an der Berufsschule.
Umsatzrückgang durch Corona
Aufgrund von Corona ist die Belegschaft bei MSA zurückgegangen von etwa 90 auf 80 Beschäftigte. Völker: "Wir hatten einen deutlichen Umsatzrückgang." Projekte seien zunächst über Wochen, dann über Monate verschoben worden. Er denke da zum Beispiel an Produktionsstätten für Photovoltaikmodule. Dort werden elektrische Schaltkreise auf den Trägerstoff – meist Glas – aufgedampft. MSA fertigt die Vakuumkammern, in denen das geschieht, für Anlagenbauer, die wiederum die fertigen Anlagen nach Fernost liefern. Leicht nachzuvollziehen, dass Corona dieses Geschäftsgeflecht durcheinandergewirbelt hat. "Es hat eine Weile gedauert, bis sich während der Reisebeschränkungen die virtuelle Welt sortiert hatte", schildert der Vorstand.
Was die fertigen Facharbeiter produzieren, zeigen Völker und der fürs Ausbildungsmanagement zuständige Jürgen Seeger anhand von zwei Beispielen, die bei MSA gerade in der Fertigung sind. Das erste ist griffig: Eine Zerkleinerungsmaschine für Hundefutter. Mächtige Metallzähle werden da künftig gefrorene Fleischbrocken in Stücke reißen. Schwieriger zu verstehen ist ein Vakuumbehälter, in dem Pulver reaktionsfreudiger gemacht wird. Es dient dann als "Leim", um Kunststoffe und Metalle miteinander zu verkleben.