Wohl jeder aus der älteren Generation erinnert sich zeitlebens an das erste eigene Auto oder das Traumauto seiner Jugend. Wie Winfried Reischl in Masssenbuch. Das Besondere: Er ist beiden treu geblieben. Der 65-jährige Berufsschullehrer fährt zurzeit wieder, wie als 18-jähriger Führerscheinneuling, einen Renault-R8. Seine große Liebe aber gilt seit dem 13. Lebensjahr den Alpine-Sportwagen. Er fuhr auch Autos dieser Marke und betrieb sogar gewerbsmäßiges Fahrzeugtuning dafür.
Autos von Alpine und Renault
Das war in den 1990er Jahren. Damals tüftelte der gelernte Betriebsschlosser und studierte Berufsschullehrer (unter anderem für Maschinenbau) an Verbesserungen für die Wagen von Alpine, das mittlerweile zum Tochterunternehmen des ebenfalls französischen Autobauers Renault geworden war: Motorenbleche aus Edelstahl, aluminiumbeschichtete Auspuffanlagen, 4- und 6-Kolben-Bremsanlagen, Stoßdämpfer, Motorraumdesign . . . Er entwickelte die Teile, ließ sie herstellen und vertrieb sie sogar selbst neben seinem eigentlichen Beruf. Die Fachzeitschrift "Alpine-Post" berichtete mehrfach.
Reischls Bastlerehrgeiz führte zu einem kompletten Sportfahrwerk, das die Firma Koni herstellte. Mit leuchtenden Augen erzählt der Autonarr vom Test auf der Nordschleife des Nürburgrings: sein Fahrwerk gegen das Serien- und gegen ein Konkurrenzfahrwerk! Um ganze 17 Sekunden sei seine Entwicklung auf der 21-Kilometer-Strecke schneller gewesen. Auch andere Fahrzeuge wie zum Beispiel den Renault 19 tunte er. Die "Alpine-Post" titelte 1993: "Die A610 in der Grünen Hölle: Das neue Reischl-Koni-Fahrwerk im Härtetest."
Lehrgangsveranstalter
Einer der Testfahrer war der 2012 gestorbene frühere Leiter der ADAC-Rennsportschule, Joe Weber. Er verhalf Winfried Reischl zu einem neuen Hobby, an dem er bis heute festhält: Fahrerlehrgänge auf Rennstrecken zu organisieren. 1987 hatte der Berufsschullehrer selbst an einem solchen Kurs teilgenommen und sich gedacht: "Das kann ich besser." Dann musste er feststellen, dass er selbst nicht der geeignete Instruktor ist und verlegte sich auf die Organisation: Die Reischl-Speed-Academy (www.rsa-trackdays.de) entstand. Rund 70 Lehrgänge hat er seither veranstaltet; der nächste wird am 1. September am Salzburgring stattfinden.
Die eintägigen Kurse dienen der Sicherheit im Straßenverkehr. Die Teilnehmer testen ihr Fahrzeug und bestimmte Fahrsituationen unter Anleitung auf einer abgesperrten Rennstrecke ohne Hindernisse, mit Auslaufstreifen und Strohballen. Außer nach Salzburg bringt der Massenbucher die Teilnehmer auch nach Brünn in Tschechien, nach Dijon in Frankreich, Zandvoort in den Niederlanden, Zolder in Belgien und auf den Österreich-Ring. Im kommenden Jahr geht es erstmals nach Anneau du Rhin. Auch Formel-Rennwagen können probiert werden. Daneben bildet Reischl ehrenamtlich für den Deutschen Motor-Sport-Bund (DMSB) Streckensicherungsposten aus.
Seit 1983 an der Berufsschule in Karlstadt
Geboren ist Winfried Reischl in Schongau. Nach der Ausbildung, einer Anstellung im Hörbiger-Konzern (Kompressoren, Antriebe, Hydraulik), dem Studium in München und Referendarjahren in Schweinfurt und Pfronten kam Reischl als Lehrer für Deutsch, Ethik, Religion und Sozialkunde an die Berufsschule Karlstadt. Mit der Anstellung als Beamter konnte er sich den Jugendtraum leisten: eine gebrauchte Alpine A110 Berlinette im werkstypischen Blau. Der Kultsportwagen wurde von 1961 bis 1977 in verschiedenen Versionen gebaut und errang zahlreiche Rennsportsiege. Ebenfalls blau ist der Renault-8-Gordini (Baujahr 1964 bis 1970), den Reischl aktuell fährt; in seinem Hof in Massenbuch stehen weitere Fahrzeuge.
Auch auf zwei Rädern ist der 65-Jährige unterwegs. Vor fünf Jahren besuchte er das Kaukasus-Gebirge, 7500 Kilometer in drei Wochen. 1991 hatte er mit einem Freund aus Stetten eine Tour durch die USA auf dort gekauften Harley-Davidson-Motorrädern unternommen. Seine Maschine ließ Winfried Reischl anschließend nach Deutschland importieren und stellte sie ins Wohnzimmer im ersten Stock seiner damaligen Wohnung in Karlstadt. Die Lampen am Motorrad brachte er mit Transformatoren einer Spielzeugeisenbahn zum Leuchten . . . Auf so etwas muss man bei dem Bastler und Tüftler gefasst sein.