Gemünden (CK) "Damit das klar ist, ich glaube weder Ihnen noch der Zeugin. Doch nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" spreche ich Sie frei." Damit erklärte der Vorsitzende Richter Volker Büchs sein Urteil in einem Prozess um gefährliche Körperverletzung vor dem Gemündener Amtsgericht.
Einem 56-Jährigen aus dem Raum Karlstadt war vorgeworfen worden, am Abend des 9. Februar diesen Jahres einer Bekannten nach einer verbalen Auseinandersetzung einen Besenstiel an den Hals gedrückt zu haben, so dass diese anschließend Beschwerden beim Sprechen hatte. Der Angeklagte gab an, etwas in die Mülltonne geworfen zu haben und dann von der Zeugin, die aufgebracht aus dem Haus kam, mit dem Besen auf den Rücken geschlagen worden zu sein. Die Geschädigte beschrieb die Angelegenheit anders herum. Er habe etwas in die Mülltonne geworfen, was da nicht rein gehörte und als sie es raus nehmen wollte, habe er sie mit dem Besenstiel gewürgt.
Auf bohrende Nachfragen des Gerichtes sagte sie auch aus, nicht nur am Hals sondern auch an der Schulter durch "Stochereien" mit dem Besen verletzt worden zu sein. Dies hatte sie jedoch bei der Polizei nicht erwähnt. Weiter erklärte sie, dass es ja nicht der einzige Zwischenfall gewesen sei, bereits vor drei Jahren habe der Angeklagte ihrem jüngsten Sohn den Kiefer gebrochen. Dies widerlegte jedoch der Verteidiger, der darauf hinwies, dass sie stark übertreibe, da der Kiefer keineswegs gebrochen gewesen sei.
Vordergründig ging es in dem Streit um die richtige Entsorgung von Müll, die wahren Hintergründe des Streits liegen jedoch im immer noch ungeklärten Mordfall Sabine B. in Wiesenfeld, mit dem sich der Angeklagte stark beschäftigt. Er gab auch zu, den jüngsten Sohn der Geschädigten mal verprügelt zu haben.
Danach wurde er zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Grund sei gewesen, dass er den Bruder des Geschlagenen für mitschuldig am Tod besagten Mädchens halte. Auch zwei der anderen drei Vorstrafen hätten damit zu tun.
So habe er einen Jungen mal gewürgt "damit er sieht, wie es ist, wenn man am Hals gestreichelt wird". Insgesamt war die Gerichtsverhandlung sehr emotional, da der Angeklagte immer wieder auf den Mordfall einging und mehrfach rief: "Die Frau, die lügt doch und damals hat sie auch gelogen". Man wolle ihn fertig machen und die Familie sei immer wieder auf Konfrontation aus.
Schließlich fällte Richter Büchs sein Freispruch-Urteil, wobei der Staatsanwalt eine achtmonatige Freiheitsstrafe ohne Bewährung gefordert hatte, da der 56-Jährige zum Tatzeitpunkt unter offener Bewährung stand. In seiner Urteilsbegründung äußerte der Richter zwar Bedenken an der Aussage der Zeugin, stellte jedoch klar, dass es kein Freispruch wegen erwiesener Unschuld sei.