Die vom Künstler Roland Schaller gestaltete und der Stadt gestiftete Plastik "Mopper und Schnüdel" zeige "in einer karikaturähnlichen, überaus pointierten Weise das besondere Verhältnis der Mopper, also der Einheimischen, und der Schnüdel, also der Zugezogenen". Das hat Bürgermeister Mario Paul bei der Enthüllung der Plastik vor rund 200 Gästen auf dem Schlossplatz betont.
Die Feier am Samstag war geprägt von Aufrufen zum Zusammenhalten – nicht nur in Lohr. Schaller habe keine Kosten und Mühen gescheut, "um unserer Stadt diese besondere Plastik zu stiften", so der Rathauschef. Dieser Einsatz zeuge von einer "tiefen Verbundenheit mit unserer Stadt und ihrer Geschichte". Ohne die vielen Kunstfreunde, Sponsoren und Förderer wäre die Realisierung nicht möglich gewesen.
Paul ging der Frage nach, was eigentlich Kunst ist, und zitierte dazu Joseph Beuys: Erstens brauche Kunst eine Mitteilung oder eine Kunde, denn Kunst sei, wenn man etwas zu sagen habe. Zweitens sei Können nötig, denn wenn man etwas zu sagen habe, müsse man das auch mitteilen und transportieren können. Beide Voraussetzungen sah Paul bei "Mopper und Schnüdel" als gegeben an.
Überfälliges nachgeholt
Kaum ein anderer als der waschechte Mopper Schaller könne besser Kunde tun von der "Löhrer" Geschichte – einer Geschichte, "wie sie in Liedern, Erzählungen und Traditionen immer wieder erzählt wird, tatsächlich aber noch nicht im öffentlichen Raum unserer Stadt zu sehen ist". Somit hole Schallers Plastik längst Überfälliges nach.
Mopper und Schnüdel nähmen sich mit ihren unterschiedlichen liebevollen Schrullen gerne gegenseitig aufs Korn, wohl wissend, dass sie aufeinander angewiesen seien. Schaller stelle die beiden in einem stark überzeichneten Kontrast dar, so der Bürgermeister, bringe sie aber auf äußerst gelungene Weise zueinander, quasi miteinander in Dialog.
Die Plastik ist nach Pauls Worten also als Aufforderung zu begreifen, das Bewusstsein für das Eigene und Fremde zu schärfen und "darin nicht die Grundlage eines Konflikts zu erkennen, sondern im Gegenteil gerade das Gemeinsame zu entdecken". Denn wer seine Identität mit kulturellen Eigenheiten pflege, könne auch dem anderen, Fremden, den notwendigen Raum zur Entfaltung geben, ohne sich dadurch bedroht zu fühlen.
Die Frage, ob Schaller auch das Können habe, sei rein rhetorisch, so Paul. Er sei als Bürgermeister stolz, "dass wir mit ihnen einen Künstler in unseren Reihen haben, der das künstlerische Können mitbringt, eine solche einzigartige Plastik für unsere Stadt zu schaffen". Mit seinen Werken habe sich Schaller weit über die Landesgrenzen hinaus einen hervorragenden Ruf erarbeitet.
Im Regierungsviertel
Die Enthüllungsfeier sei "etwas für die Geschichtsbücher der Stadt Lohr", sagte Michael Schecher, der Ehrenpräsident der Kolping-Faschingsgesellschaft Lohrer Mopper, der auf gewohnt launige Weise durch die Veranstaltung führte. Denn das Geschenk von Roland Schaller an die Bürgerinnen und Bürger werde "im Zentrum der Macht, im Regierungsviertel" aufgestellt.
Die Plastik leuchte Bürgermeister Paul in dessen Arbeitszimmer im 1. Stock des Rathauses entgegen, er müsse wahrscheinlich seine Sonnenbrille aufsetzen. Das Kunstwerk werde ihn künftig inspirieren, deshalb solle er vor Entscheidungen einen Blick darauf werfen, so Schecher. Deshalb sei der Platz klug gewählt worden.
Gäste der Stadt, die sich mit dem Schneewittchenspiegel fotografieren ließen, könnten künftig wählen, ob sie mit dem Spiegelbild Schneewittchens oder von "Mopper und Schnüdel" abgelichtet werden wollten. Und Lohr könne künftig die Bezeichnungen "Schneewittchenstadt" oder "Mopper-und-Schnüdel-Stadt" verwenden.
Die Lohrer Mopper würden künftig vor der Plastik ihre Faschingseröffnungen feiern, kündigte Schecher scherzhaft an und zog Vergleiche zu anderen Plastiken wie der Loreley, dem Rattenfänger von Hameln und den Bremer Stadtmusikanten.
Mit diesen Vergleichen könne er leben, entgegnete Roland Schaller, aber ihm fehle in der Aufzählung die Freiheitsstatue in New York, wenngleich diese kein Bronzeguss sei, sondern aus billigem Kupferblech bestehe, das auf ein Holzgerüst genagelt sei.
Letztes Christo-Werk
An der kunstvollen Verhüllung der Plastik sehe man, so Schaller, dass es sich um das "letzte Werk des berühmten Verpackungskünstlers Christo" handle. Dessen Wunsch sei es gewesen, in der "Kulturmetropole Lohr" etwas zu hinterlassen.
Mopper und Schnüdel begegnen sich nach Schallers Worten nicht in ablehnender Form, sie hätten in der Vergangenheit erfolgreich zusammengearbeitet: "Keiner kann ohne den anderen." Wie es schon im Mopperlied von Lemo Schecher aus den 1970er Jahren heiße, laufe die Blutwurst (Mopper) ohne den Zipfel (Schnüdel) aus und der Zipfel habe ohne die Wurst keine Funktion.
Dieses Verhältnis gipfle im Lied in der Aufforderung "haltet zamm". Besser könne man die Aufforderung zur Integration nicht formulieren, betonte Schaller. Bei seiner Plastik sei Berühren ausdrücklich erlaubt, "je öfter man sie berührt, desto mehr glänzt sie".
Nach der Enthüllung der Plastik durch Schaller und Paul zu den Klängen des Frankenlieds, gespielt von einem Bläserquartett der Stadtkapelle unter Leitung von Wolfgang Riedmann, interpretierten die Mopper-Ehrenpräsidenten Michael Schecher und Arno Schmitt das Kunstwerk auf ihre Weise.
Mopper seien also fett, konterte Schmitt die Erklärung Schechers, die Mopper-Figur sei wegen der Ernährung mit der Delikatesse Blutwurst so "stark". Das bestätigte Schecher: "Guck' dir doch mal den zugereisten Bürgermeister an. Wir füttern den seit sechs Jahren im Rathaus durch und er nimmt nicht zu." Der feiste Mopper drücke einen "gesunden Bürgerstolz" aus.
Fabrikanten zugereist
Die Zugereisten seien dann dürre Gerippe, lästerte Schmitt weiter. Aber der Schnüdel reiche dem Mopper die Hand, erwiderte Schecher, und biete ihm Wissen und Arbeitskraft an. Man dürfe nicht vergessen, dass fast alle Lohrer Fabrikanten Zugereiste gewesen seien. Beide ergänzten sich prima und hielten deshalb kameradschaftlich "zamm".
Die "Lohrer Nachtschwärmer" aus dem Mopper-Fasching (Arno Schmitt, Christoph Müller, Reinhold Breitenbach) sangen zum Abschluss der Feier das Mopperlied von Lemo Schecher und ergänzten es um eine Strophe über Roland Schaller.
Mal ein durchaus schönes Kunstwerk für die Stadt Lohr, ihren Bewohnern - den Moppern und Schnüdel - und natürlich den Gästen.
"Kunst" is halt so e Sach".
Erst "Schneewittchen...... und jetzt dieses Mopper-Schnüdel- ".... ( Fotoanblicke ) versteht ein Mopper-Nachfahre ausserhalb von Lohr nicht auf's erstemal....!