In Frankfurt, Aschaffenburg, Mainz und anderswo gab es große Widerstände gegen "Mohren-Apotheken" und den Vorwurf, dieser Name sei rassistisch. Christoph Weißhaar, seit 2006 Inhaber der Mohren-Apotheke am Karlstadter Marktplatz, vertritt den Namen mit Selbstbewusstsein. Der 43-Jährige erklärt, warum er nicht daran denkt, ihn zu ändern.
Frage: Wie nennen Sie diese Süßigkeit? (überrreicht einen Schokokuss)
Christoph Weißhaar: (lacht) Schokokuss nennt man das jetzt.
Sie wissen, warum sich der Name geändert hat. Finden Sie das angemessen?
Weißhaar: Ich sehe kein Problem darin, jetzt Schokokuss zu sagen.
Auch der Name des früheren "Sarotti-Mohrs" wurde geändert; er heißt jetzt "Magier der Sinne". Können Sie das nachvollziehen?
Weißhaar: Hm. Ich fand es früher nicht abwertend. Aber "Magier der Sinne" ist ganz schön, ein guter Kompromiss.
Die Frage ist ja weniger, ob Sie und ich das abwertend finden ...
Weißhaar: ..., sondern ob sich ein anderer dadurch verletzt fühlen könnte, schon klar. Aber ich sehe bei der Schokolade auch den Bezug zur Herkunft.
Das frühere Logo zeigte den dunkelhäutigen Jungen als Diener. Die Diskriminierung bestand darin, dieses Klischee weiter zu verbreiten.
Weißhaar: Hm, ok, wenn man das so sieht ... leuchtet mir ein. Verstehe, dass man sich da als Betroffener verletzt fühlt. "Magier der Sinne" hört sich auch moderner an.
Hatten Sie in Karlstadt schon mal Probleme mit dem Namen "Mohren-Apotheke"? Hat Sie darauf schon mal jemand angesprochen?
Weißhaar: Als das Thema in den Medien war, haben wir nur positive Rückmeldungen bekommen, auch von Menschen mit Migrationshintergrund. Wir haben sehr viele türkische Kunden. "Bitte ändert euren Namen nicht", war der Tenor. Wir hatten auch mal dunkelhäutige Kunden aus Frankreich, die ich darauf angesprochen habe ...
Und was war deren Reaktion?
Weißhaar: Die haben nur gelacht und gesagt: "Probleme habt ihr in Deutschland." Die fanden das überhaupt nicht schlimm. Ich habe noch nie Negatives gehört, außer mal in einer E-Mail, die an alle Mohren-Apotheken in Deutschland ging.
Was stand darin?
Weißhaar: Der Absender sagte, er werde nie bei uns einkaufen. Aber er kam sowieso nicht aus der Region.
Haben Sie Kontakt zu anderen Mohren-Apotheken in Deutschland?
Weißhaar: Es gibt da keinen Verband oder dergleichen. Über einen gemeinsamen Bekannten habe ich gehört, dass die Mohren-Apotheke in Aschaffenburg tatsächlich Probleme hatte und angefeindet wurde.
Erklären Sie doch mal den Ursprung des Namens, den haben ja nicht Sie sich ausgedacht.
Weißhaar: Seit 1887 heißt diese Apotheke Mohren-Apotheke. Schon mein Opa Otto Weißhaar hat sie geführt; ich habe sie von meiner Mutter übernommen. Diesen Namen tragen fast immer sehr alte Apotheken. Er bezieht sich darauf, dass früher viele Heilkräuter und Gewürze aus dem Orient kamen, von den Mauren. Daraus wurden im Sprachwandel die "Mohren". Der Name sagte also aus, "in dieser Apotheke gibt's Arzneimittel aus fernen Ländern". Und heute behalten wir das als Hommage an die Grundlagen der Pharmazie bei und als Ausweis unserer Tradition.
Es gibt auch Erklärungen, die sich auf den Heiligen Mauritius beziehen, der Nothelfer von kranken Kindern war und bei Ohrenleiden. Auf jeden Fall ist der Name positiv besetzt.
Es gibt ja viele Begriffe, deren ursprüngliche Bedeutung nicht abwertend war, die aber heute so verstanden werden. Im Wortstamm von "Neger" steckt eigentlich nur der Bezug auf dunkle Hautfarbe. Das Wort war früher gebräuchlich, gilt aber heutzutage eindeutig als rassistisch.
Weißhaar: Ganz klar, sehe ich auch so. "Neger" geht nicht. Bei "Mohr" empfinde ich das nicht so. Aber, logisch, eine neue Apotheke würde sich nicht so nennen, deren Namen nehmen häufig Bezug auf Bauwerke oder die Region, zum Beispiel Brücken-, Brunnen- oder Franken-Apotheke.
Aber Sie bleiben die Mohren-Apotheke?
Weißhaar: Es war für uns nie ein Thema, den Namen zu ändern. Das wäre auch nicht ganz einfach. Man müsste das an wahnsinnig vielen Stellen bekannt geben – Kammer, Verband, Krankenkassen, Versicherungen und mehr. Und man müsste alles ändern, Briefköpfe und so weiter. Aber das ist nicht der Hauptgrund.
Wir stehen dazu, dass wir Mohren-Apotheke heißen. Damit identifizieren sich unsere Mitarbeiter. Wir bilden auch junge Frauen aus, die Kopftuch tragen. Wem das nicht passt, kann gern woanders einkaufen. Aber die meisten unserer Kunden schätzen unsere offene Art. Man geht dorthin, wo man sich gut behandelt fühlt.