Wem die Zähne schmerzen, der geht zum Zahnarzt – im Alter aber kann der Gang zum Zahnarzt immer schwieriger werden. Was, wenn der Patient gehbehindert, pflegebedürftig oder bettlägerig ist? Im Idealfall kommt dann der Zahnarzt zu ihm. Dr. Volkmar Göbel betreibt seit 1988 eine Zahnarzt-Praxis in Gössenheim.
2008 entwickelte er ein mobiles Betreuungs- und Behandlungskonzept und spezialisierte sich auf die Versorgung seiner Patientinnen und Patienten zu Hause oder im Pflegeheim. Heute, 15 Jahre später, fahren er und sein Team rund 40 Einrichtungen in Unterfranken an, darunter auch einige Behindertenstätten. Um das abdecken zu können, beschäftigt er rund 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Spezialpraxis in Räumen des ehemaligen Marktheidenfelder Krankenhaus
2013 hatte der Zahnarzt die Möglichkeit, in Räumen des ehemaligen Marktheidenfelder Krankenhaus eine Zweigpraxis einzurichten. „Es hat sich gezeigt, dass auch die mobile Versorgung ihre Grenzen hat“, so Dr. Volkmar Göbel. In den Räumen der früheren Entbindungsstation richtete er eine Spezialpraxis ein. Hier behandelt er Menschen im Rollstuhl. Aus dem benachbarten Kreisseniorenzentrum wurden auch schon Patienten im Bett zur Behandlung gefahren, erklärt der Arzt. Zudem gilt die Praxis als Logistikstandort für die mobilen Teams sowie als Fortbildungsstätte.
2012 und 2017 hat die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) den Betrieb der Zweigpraxis genehmigt. 2023 stand eine erneute Genehmigung aus. Doch die wurde nicht mehr erteilt. Begründet wurde dies mit der Überversorgung Marktheidenfelds mit Zahnärzten. „Für die Genehmigung einer Zweigpraxis ist es erforderlich, dass die Versorgung der Versicherten im jeweiligen Ort verbessert wird“, erklärt Leo Hofmeier, Pressesprecher der KZVB. Marktheidenfeld werde derzeit von acht Vertragszahnärzten versorgt. Das entspricht einem Versorgungsgrad von rund 117 Prozent - 100 Prozent gelten laut KVZB als optimal.
„Für Ärzte würde bei diesen Zahlen ein Zulassungsstopp wegen Überversorgung gelten“, so Hofmeier. Zudem verweist er darauf, dass auch weitere ortsansässige Praxen in Marktheidenfeld Patienten in Alten- und Pflegeheimen zahnärztlich versorgten. Auch seien nach Recherchen der Vereinigung alle Praxen barrierefrei.
Weil ihm die Zulassung der Zweigpraxis dieses Jahr verwehrt wurde, ist der Standort von Dr. Göbel in Marktheidenfeld seit Anfang des Jahres geschlossen. Aber Göbel kämpft um den Erhalt und wehrt sich gegen die Einwände der Überversorgung und gegen den Konkurrenzgedanken. „Ich behandele hier ein Spezialklientel“, sagt er. Dafür seien die Räumlichkeiten eingerichtet. Es gibt einen Stuhl, der von allen Seiten zugänglich ist und so auch mit Rollator gut zu erreichen. Rollstuhlfahrer kann er im Rollstuhl sitzend behandeln. Zudem seien die Absauge- und Druckluft-Einheiten mobil und frei im Raum beweglich, ebenso wie das Röntgengerät. Abgesehen vom Inventar sei die Praxis mit einem Raum und einem Behandlungsstuhl nicht auf wirtschaftliche Effizienz ausgelegt.
Welche Rolle spielt die Umwandlung in ein ZMVZ?
Auf Nachfrage bei Zahnärzten in Marktheidenfeld bestätigen diese die derzeit gute Abdeckung des Gebiets. Durch die unterschiedlichen Praxen werde das komplette Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten angeboten. Zudem habe man untereinander ein kollegiales Miteinander. Von der Spezialpraxis im ehemaligen Krankenhaus bekäme man wenig mit.
Was aber bedeutet die Schließung der Zweigpraxis für die mobile Versorgung von pflegebedürftigen Patienten in stationären Einrichtungen und zu Hause? „Die Versorgung läuft selbstverständlich weiter, bedeutet für mich aber einen erheblich höheren Aufwand, weil ich alles aus Gössenheim anfahren muss", so der Zahnarzt.
Bereits Mitte Februar hat sich der Gemündener Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel für den Zahnarzt stark gemacht. Er vermutet, dass die KZVB die Genehmigung auch deshalb verweigert, weil Göbel seine Praxis in ein Zahnmedizinisches Versorgungszentrum (ZMVZ) umgewandelt hat. Seit 2023 arbeitet er mit der Zahnarztkette „Dein Dental“ zusammen, die bereits in mehreren deutschen Städten Zahnmedizinische Versorgungszentren betreibt.
Versorgungszentrum kann mehr Zahnärzte beschäftigen
"Ich bin jetzt 62 Jahre alt, da war auch der Gedanke da: Wer übernimmt mir mal meine zwei Praxen? Wer übernimmt das mobile Team? Keiner!", erläutert der Arzt seine Entscheidung. Die Investorengruppe aus Holland war auf seine Arbeit im Bereich der Alterszahnheilkunde aufmerksam geworden und hatte die Zusammenarbeit angefragt.
"Die Idee war auch, das Konzept der mobilen Alterszahnheilkunde weiterauszudehnen auf Bereiche in Deutschland, wo so etwas noch nicht existiert", so Göbel. Durch die Umwandlung in das Versorgungszentrum konnte er außerdem mehr Zahnärztinnen und Zahnärzte einstellen und auch den zunehmendem Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung von Seiten der Uni-Abgänger besser gerecht werden. "Als niedergelassener Zahnarzt kann ich nur eine begrenzte Anzahl beschäftigen", erläutert er.
Gemündener Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel macht sich stark für den Zahnarzt
Wie steht die KZVB der Gründung von Zahnmedizinischen Versorgungszentren gegenüber und welche Befürchtungen bestehen? Dazu erläutert Pressesprecher Hofmeier, die KZVB sehe nur solche Versorgungszentren kritisch, die nicht in der Hand von Zahnärzten, sondern von internationalen Investoren seien. "Hier steht vielfach die Gewinnoptimierung im Vordergrund. Dies belegen unsere Abrechnungszahlen", so Hofmeier. Pro Patient werde von fremdkapitalfinanzierten ZMVZ deutlich mehr abgerechnet als von inhabergeführten Zahnarztpraxen, was ein Indiz für die Renditeorientierung sei.
Bei Dr. Göbel stößt das auf Unverständnis. "Schwarze Schafe gibt es, ja. Aber die Pauschalisierung, dass alle Investoren Heuschrecken sind und es nur um Kapitalanlage geht, stört mich", sagt er. So habe er sich die vom Investor geführten Unternehmen in Holland extra angeschaut. Und auch Bernd Rützel betont in seiner Pressemitteilung: "Mir ist egal, wie die Praxen betrieben werden. Diese Entscheidung ist den Ärztinnen und Ärzten selbst überlassen. Ich will, dass die ärztliche Versorgung in unserer Region gesichert ist – vor allem die der besonders hilfsbedürftigen Menschen."
Mündlicher Verhandlungstermin steht an
Laut Pressesprecher Leo Hofmeier will das auch die KZVB, denn er schreibt abschließend: "Die KZVB begrüßt ausdrücklich das Engagement von Herrn Dr. Göbel für die Versorgung von immobilen Patienten und hofft, dass er diese Tätigkeit unter dem Dach des neu gegründeten MVZ fortsetzt." Allerdings fügt er an, herrsche grundsätzlich auch in der Zahnmedizin freie Arztwahl. "Jeder Patient kann sich den Behandler aussuchen, der am besten zu seinen Bedürfnissen passt. Das gilt auch für immobile Patienten, die in die Praxis transportiert werden müssen", so Hofmeier.
Wie es nun für den Gössenheimer Zahnarzt weitergeht? Gegen die Entscheidung, die Zweigpraxis nicht zu genehmigen, hat Dr. Göbel Widerspruch eingelegt. In Kürze steht ein mündlicher Verhandlungstermin mit dem Zulassungsausschuss an.
Dr. Göbel kann sehr einfühlsam mit Menschen mit Handicap umgehen, genauso sein Team.
Welche Praxen sind barriefrei (auch Toilette!!!) liebe Main-Post?
Diese Praxis MUSS erhalten bleiben!