Das Sägen, Hämmern und Werkeln wird ein fester Bestandteil an der Realschule Gemünden. 16 Jungen und zwei Mädchen meldeten sich zu Beginn des neuen Schuljahres für den gestalterischen Zweig an. Damit gibt es zum ersten Mal in Main-Spessart diese Wahlmöglichkeit. In der siebten Klasse können Schüler sich für das Fach Werken entscheiden und unter anderem mit Schreinern und Töpfern die Mittlere Reife erhalten.
Die Realschulen in Arnstein, Karlstadt, Lohr, Marktheidenfeld und das Mädchenbildungswerk in Gemünden bieten den klassischen sozialen Zweig an, in dem Haushalt, Ernährung und Sozialwesen unterrichtet werden. Zu den bis jetzt in der Realschule Gemünden angebotenen kaufmännischen, sprachlichen und technischen Zweig, bietet der Direktor Thomas Feser mit dem gestalterischen Zweig, in dem wie im technischen Zweig auch technisches Zeichnen unterrichtet wird, eine neue Alternative.
„Jeder Zweig soll dazu führen, ins Berufsleben zu gehen“, erklärt der Realschulrektor. Dieser Einstieg soll kreativen Kindern, die handwerkliches und technisches Interesse haben, erleichtert werden. Dieser Meinung schließt sich die ebenfalls neue Lehrerin Marianne Lodoch an. Sie betreut den neuen Zweig von Anfang an und sieht darin einige wesentliche Vorteile.
Dana Dietrich Schülerin
Zum einen helfe es den Schülern, selbstständiger zu werden. Sie bekommen zwar Vorgaben zum Material und Bearbeitungstechnik von der Lehrkraft, dennoch können sie selbst entscheiden, wie ihr Werkstück aussehen soll.
Zum Zweiten findet sie es gut, dass die Kinder „mit den Händen arbeiten, weil die Schulen viel zu viel verkopfen und das Praktische kommt zu kurz“. Dennoch betont Marianne Lodoch, dass das „Fach nicht zu unterschätzen ist“.
Schließlich gehört das Fach Werken auch zu den Prüfungsfächern im gestalterischen Zweig. Kunst und Werken haben das Vorurteil, dass man da immer nur gute Noten bekomme, doch es gäbe die ganze Bandbreite von Zensuren, meint Frau Lodoch.
Die Noten entstehen aus theoretischen und praktischen Leistungen. In der Theorie erfahren die Schüler etwas über Kulturgeschichte, Verwendung und Eigenschaften der verschiedenen Materialien, wie Holz, Metall, Ton und weitere. Die Praxis beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Arbeiten mit den unterschiedlichen Stoffen. So entsteht eine enge Verknüpfung von Theorie und Praxis.
Momentan sind die 18 Schüler des gestalterischen Zweigs in zwei Gruppen eingeteilt. Beide beschäftigen sich mit dem Material Ton. Während die eine Gruppe Vogelhäuschen fertigt, formt die andere eine Box in Form eines kleinen Fachwerkhäuschens.
Die Schüler selbst sind begeistert von der neuen Wahlmöglichkeit. Die Abwechslung zum anderen Unterricht und das „Bewegen, nicht nur sitzen und denken“ gefällt ihnen, erklärt Dana Dietrich, eine Schülerin der ersten siebten Klasse im neuen Zweig.
Inga Bendtfeldt Schülerin
Untereinander helfen sich die Kinder. Wenn zum Beispiel der Tischnachbar noch nicht fertig ist, bekommt er Unterstützung vom Mitschüler. Die Jungs sind sich auch nicht zu gut, um mal ein Mädchen nach Rat zu fragen. „Uns macht es überhaupt nix aus, nur unter Jungs zu sein“, meint Inga Bendtfeldt, eine der beiden Mädchen, über das ungleiche Verhältnis von Mädchen und Jungen.
Momentan findet der Werkunterricht in den Kellerräumen der Leo-Weißmantel-Schule statt, doch das soll sich bald ändern. Denn es sind weitere Umbaumaßnahmen für die Staatliche Realschule Gemünden und das Friedrich-List-Gymnasium Gemünden geplant. Schulleiter Thomas Feser versichert, dass großzügig bemessene Werkräume in den Umbauplänen einen festen Bestandteil haben.
Der Realschuldirektor hofft nach dem positiven Start des gestalterischen Zweigs, dass sich in den nächsten Jahren auch mehr Mädchen für die gestalterische Alternative entscheiden.