Seit über acht Jahren ist Angelika Feuser (60) das „Lohrer Waschweib“; Tausende Gäste hat die gebürtige Münchnerin, die in Wolfratshausen aufwuchs und seit 32 Jahren in Rodenbach lebt, seitdem durch die Stadt geführt.
Waschweiber waschen nicht nur anderer Leute schmutzige Wäsche, sie tratschen auch gerne. Und hin und wieder bilden sie sich weiter. Von April bis Juli dieses Jahres hat Feuser einen vom Amt für Landwirtschaft und Forsten unterstützten Lehrgang bei dem Würzburger Diplom-Biologen Joachim Raftopoulo besucht, und ist jetzt auch geprüfte Kräuterführerin.
Ihr Interesse für Pflanzen aller Art wurde bereits in Kindertagen geweckt. Damals streifte sie mit ihrem Opa durch die Isarauen, wo in geschützten Bereichen verschiedene Orchideenarten wie Bienenragwurz und Frauenschuh zu finden waren. Einmal entdeckten die beiden sogar ein Edelweiß, das normalerweise nur in höheren Lagen vorkommt. Besonders gefielen dem Mädchen die Geschichten, die der Opa zu jeder einzelnen Blume zu erzählen wusste. Angetan hatten es ihr als Kind auch die Pflanzen- und Tierbilder der Kinderbuchillustratorin Else Wenz-Vietor, einer Freundin ihrer Oma.
So kam eines zum anderen. Und als ihr dann vor einigen Monaten Bekannte von einem Kräuterführer-Lehrgang vorschwärmten, und in der Zeitung zu lesen war, dass noch ein Platz frei war, meldete sie sich an.
Hinschauen gelernt
„Man hat in dem Kurs gelernt, genau hinzuschauen“, sagt Feuser. Man habe gelernt, „wo was wächst“ und welche Böden für welche Pflanzen nötig seien. Und dass man Heilkräuter zu anderen Zeiten sammeln müsse als Küchenkräuter, um die gewünschten Wirkstoffe zu erhalten.
Kräuterführungen werde sie keine anbieten, sagt Feuser; sie habe den Kurs zu ihrem eigenen Vergnügen gemacht und den Schwerpunkt ihres Interesses an Pflanzen auf Brauchtum und Mythologie gelegt. Was ihr gut gefällt, sind Geschichten wie die, dass man früher in Neuhütten den Toten eine Wermutpflanze in den Sarg legte, um böse Geister fernzuhalten; auch die Totenträger hätten sich Wermutzweiglein an die Zylinder gesteckt.
Wo es passe, lasse sie ihr Kräuter-Wissen in ihre Waschweib-Führungen einfließen, sagt Feuser und nennt das Seifenkraut, das früher als Waschmittel genutzt worden sei. Oder Färberwaid. Aus dieser Pflanze wurde ihren Worten nach ein indigoblauer Farbstoff gewonnen, mit dem Textilien gefärbt und bedruckt worden seien. Eine passende Geschichte, wenn sie ihre Gäste durch die Färbergasse führt.
Besonders beeindruckend findet Feuser, dass die Wirkungen von Pflanzen, die Menschen im Laufe von Jahrtausenden herausgefunden hätten, mit moderner Technik tatsächlich bestätigt worden seien. Der Lotuseffekt beispielsweise werde heute unter anderem bei Fensterscheiben umgesetzt, Klettverschlüsse seien von Kletten abgeschaut.
Interessante Verbindungen
Die Querverbindungen von Pflanzen zur Technik, zu Volksbräuchen, zu Musik und Malerei und vielem mehr findet Feuser höchstinteressant. Und natürlich die Verbindung von Geschichte und Geschichten. So hat sie nachgelesen, dass sich eines Tages eine Witwe aus Lohr auf den Weg zum Gnadenbild am Bauershof machte.
Weil die Frau ihre Kinder nicht ernähren konnte, habe sie zu der hölzernen Madonna gebetet – und in die sei plötzlich Leben gekommen; sie habe die schwarzen Perlen ihres Rosenkranzes übers Land gestreut, aus denen schließlich Heidelbeeren gewachsen seien ...