Tanzend und singend, oft von begeisternden Jauchzern und Luftsprüngen begleitet, versprühten die zwei Frauen und zwei Männer vom stolzen Hirtenvolk der Massai mit Dirk und Sarah Frykowski Lebensfreude und Dank für jedwede Gotteshilfe. Grund ihres Besuchs in Mittelsinn auf ihrer mehrwöchigen Vortragsreise durch Deutschland ist Pfarrer Gunnar Zwing, der von 1996 bis 1999 als Missionspfarrer im Nordwesten Tansanias, in der Heimat der Massai arbeitete.
Das Ehepaar Frykowski berichtete per Film, Bildern sowie Erzählungen und mit Unterstützung der vier Massai über die Arbeit des Vereins "Hilfe für die Massai", der 1997 von der in ganz Afrika bekannten Angelika Wohlenberg-Kinsey gegründet wurde. Das Entwicklungs- und Bildungsprojekt unterstützt die medizinische Versorgung und bringt das Evangelium in die Steppe und wird durch Spenden und Patenschaften aus Deutschland finanziert.
Besuch im deutschen Milchviehbetrieb
Weit über die Grenzen Afrikas hinaus sind die Massai berühmt für ihre Kultur und als Krieger in der Savanne und sind ein stolzes Nomadenvolk, das in der Steppe Südkenias und Nordtansanias lebt. Die Lebensgrundlage der Massai ist die Rinderzucht. Je mehr Rinder ein Massai besitzt, als desto reicher gilt er. Schmunzelnd berichtete Sarah Frykowski von einem Besuch im Mittelsinner Milchviehbetrieb Fischer, als sie von der imposanten täglichen Milchleistung der Kühe erfuhren. Ihre 100 Kühe in ihrem Dorf Malambo, gelegen in der kargen Steppe am Rande des Ngorongoro-Kraters, zwischen dem Serengeti Nationalpark und dem Kilimandscharo, bringen es gerade einmal auf täglich 30 Liter Milch. "Zu gerne hätten sie die ganze Nacht im Kuhstall verbracht". Der Zugang zu guter Bildung ist in Tansania eine Herausforderung. Als Angelika 1983 nach Tansania kam, lebte sie fast noch im Busch. Heute hat sich "Hilfe für die Massai" zu einem imposanten Projekt entwickelt und die Kinder gehen zur Schule.
Das Zentrum der Arbeit des Vereins liegt in Malambo mit rund 3000 Einwohnern, 300 Kilometer nördlich der Zwei-Millionenstadt Arusha, mitten in der Massaisteppe. Der Hilfsverein arbeitet zudem eng mit der evangelischen Kirche zusammen und unterstützt die evangelistische Arbeit. Hervorzuheben ist die Arbeit des Bildungsprojektes. Im Jahr 2005 wurde in Malambo eine neue Grundschule gegründet, die "Naserian-English-Medium-Primary-School". Mittlerweile wird die Schule von gut 350 Schülern besucht. Seit Januar 2018 ist diese um eine Sekundarschule erweitert worden, die für 160 Jugendliche ausgelegt ist und jetzt zu Beginn nur von zwei Klassen mit zusammen 80 Kindern besucht wird. Dazu wird ein Kindergarten mit Vorschule für 105 Kids geführt. Zusammen mit den Partnerschulen unterstützt "Hilfe für die Massai" 850 Schüler. Massai Wilson, Schulleiter einer Partnerschule, ergänzte: "Bildung wird mir ein Leben lang erhalten bleiben" und Kitoo, eine junge Frau meinte: "Angelika hat uns die Schule gebracht, hilft den Kranken und Hungrigen". Die Massai lieben und verehren sie wie eine Heilige.
Für die Schulen gibt es zusätzlich Wasserbedarf. Projektmitarbeiter Dirk Frykowski aus Siegen ist Wasserexperte. Und zusammen mit jungen Fachleuten aus Deutschland hat er zwei große Zisternen für je 50 000 Liter Regenwasser bauen können und dazu eine Wasserfilteranlage. Das Regenwasser vom Dach des großen Versammlungsraums wird darin gesammelt. Dieses Wasser hat Trinkwasserqualität.
Bildungsprojekt hat die Massai verändert
Evangelist Yona, eine Art Hilfspfarrer in der evangelischen Kirche Tansanias, zeigte sich begeistert über die freundliche Aufnahme in Mittelsinn. "Ich habe vorhin ein halbes Hähnchen gegessen, war sehr gut, aber ungewohnt. In Malambo muss ein Ziegenbein für mehrere Leute reichen". Er sprach in Kishuaheli, Tansanias Landessprache und in einem Massai-Dialekt, während Frykowski übersetzte. Mehrmals lobpreiste Yona die enge Bindung der Massai zu Gott und dessen gute Taten. "Mein Leben ist nichts wert, wenn ich es nicht nutze, anderen die Botschaft Gottes zu bringen". Kitoo sagte bei ihrer Vorstellung, dass ihr Vater vier Frauen und 32 Kinder habe. Die Studentin besuchte als einzige eine Schule. "Euer Bildungsprojekt hat die Massai verändert". Die jüngere Penina studiert über ein Stipendium in Albanien BWL.
Die ehemalige Bankkauffrau Sarah Frykowski zeigte in einer Bilderserie Eindrücke des Lebens im Massailand. Interessant ist das Leben im Dorf, dessen Hütten (Boma) aus getrocknetem Kuhdung, Lehm und einzelnen Holzpfosten hergestellt sind. Abends kehrt die Familie mit ihren Kühen und Ziegen hierher zurück. Es dreht sich alles um die Tiere, von früh bis nachts. In sehr trockenen Gebieten sind die Frauen oft stundenlang damit beschäftigt, kilometerweit Wasser herbei zu tragen und die Kinder werden früh in das Leben eingebunden.
In den Schulen bekommen die Kinder neben der Bildung zwei bis drei Mahlzeiten am Tag und alle tragen eine Schuluniform. Im Projekt "Hilfe für die Massai" arbeiten 65 tansanische und vier deutsche Mitarbeiter sowie fünf Volontäre pro Jahr. Gerade beim Bau der neuen Sekundarschule, die heuer eingeweiht werden konnte, wurden die Unterschiede zu Deutschland überdeutlich: Um beispielsweise Zement oder Baustahl aus der Stadt zu holen, war eine zwölf-Stunden-Fahrt mit dem Jeep über staubige Lehmpisten oder Schlammwüsten nötig. Bei Fahrten ins 300 Kilometer entfernte Arusha sitzen in und auf seinem Jeep oft bis zu 15 Personen, erklärte Dirk Frykowski.
Schuhe aus Motorradreifen
Bei den abschließenden Fragen erklärte Pfarrer Gunnar Zwing, dass Tansania mit 60 Millionen Einwohnern zu den schnellst wachsenden Ländern der Erde gehört. Die Einwohnerzahl hat sich in den vergangenen 40 Jahren vervierfacht. Jede Frau hat im Schnitt mehr als fünf Kinder. In der Nordsteppe Tansanias, dort wo die Not am größten war, ließ sich "Mama Massai, Angelika Wohlenberg-Kinsey, die wilde Heilige der Steppe", nieder und teilte ohne festen Wohnsitz das Leben der Massai.
Interessant waren die Schuhe der beiden männlichen Massai: Sie waren aus Motorradreifen geschnitzt, "die eine sehr hohe Laufleistung gewährleisten", meinte schmunzelnd Dirk Frykowski. Ein kleiner Basar lud die rund 60 Besucher ein zu einer Exkursion selbst gefertigter Taschen, Körbe, Batikarbeiten und die Spenden kamen dem Projekt zugute.
Näheres zu "Hilfe für die Massai" unter www.massai.org. Spendenkonto: Sparkasse Westholstein IBAN: DE70 2225 0020 0030 0011 17, BIC: NOLADE21WHO.