"Kennst du das alte Lied? Man singt es seit langer Zeit, singt es von Liebe, Freud und Leid und von der Ewigkeit", heißt es in Josef Hadars Liedtext, der am frühen Samstagabend die Zuhörer in der gut besuchten Abteikirche nachdenklich stimmte. Oberste Priorität hatte jedoch die Strahlkraft des Drei-Generationen-Orchesters Musica Medica mit Werken von Georg Friedrich Händel bis Astor Piazzolla.
Die Idee des 1987 von Georg Kaiser gegründeten Projekts ist die Symbiose von Medizin und Musik. Auch nach seinem Tod 2016 trifft sich das Ensemble jährlich für eine Woche zu Konzerten im italienischen Grado.
Auf Werte besinnen
Hinrik Strömer stellte das Orchester mit Mitgliedern im Alter von 9 bis 68 Jahren vor. In Zeiten der Verunsicherung gelte es, sich zu besinnen auf Werte, die unser Land sicher gemacht haben sowie Gelassenheit und Mut zu zeigen, gab Stadtrat Joachim Spatz (Würzburg) zu bedenken. Nichts eigne sich dafür besser als Musik.
Pastoralreferent Alexander Wolf zitierte E.T. A. Hoffmann, der in der Musik den Schlüssel zu einem unbekannten Reich sehe, "um sich einer unaussprechlichen Sehnsucht hinzugeben". "Möge das Glückshormon Dopamin um zehn Prozent ansteigen". "Versuchen wir, das Dopamin auf 15 Prozent zu erhöhen", konterte Professor Rudolf Ramming, Dirigent, Pianist und Kulturförderpreisträger der Stadt Würzburg.
Liebe zur Musik erkennbar
Und die rund 30 Musiker folgten für 90 Minuten fokussiert seinem klaren Dirigat, wobei aus jedem Takt die Liebe zur Musik sprach. Professionell war die harmonische Stimmlage einzelner Instrumentengruppen, überaus geglückt die Soli-Auftritte. Musikalische Kleinode waren außerdem neben Telemanns Konzert für drei Trompeten, Pauken und Orchester das technisch brillante Jugendensemble mit der "Schwarzen Perle" (Titelmusik aus "Fluch der Karibik"). Die 17-jährige Jugend-musiziert-Preisträgerin Flurina Wölfle erfüllte den Kirchenraum mit ihrem strahlend-schönen Sopran aus Mozarts "Don Giovanni".
Eingestimmt auf Mozart erntete das getragene Andante für Querflöte (Katharina Kaiser) und Orchester in C-Dur ebenso herzlichen Beifall wie der erste Satz "Allegro moderato" der Sinfonie Nr. 29.
Leidenschaftliche Interpretation
Die leidenschaftliche Interpretation von Händels "Wassermusik" sagte mehr als Worte. Tiefgründig wurde es mit Josef Hadars Liedtext "Kennst du das alte Lied?", gesprochen von Kai Christian Moritz. Zur Orchester-Untermalung sowie Julius Bien (Violoncello) und Jason Ackermann (Viola) thematisierte das Werk, wie "entzweite Völker" den "Weg der Menschlichkeit" gehen können. Für einen Stimmungswechsel sorgte Corellis Concerto grosso ("Adagio Allegro"). Hier hatten die Violinistinnen Reglindis Neutatz und Marie Koonert ihren großen virtuosen Auftritt. Souverän gab Tenor Kai Christian Moritz der Arie aus Händels "Messiah" seine Stimme, ebenso dem prägnanten Militärmarsch "Pomp and Circumstance" (Edward Elgar).
Einen Sonderapplaus verdiente sich Rammings außergewöhnliches Arrangement zu Astor Piazzollas "Oblivion". Zum Finale ließen die Fanfaren des "Te Deum" von Charpentier und Karl Jenkins´ "Palladio" den Kirchenboden erbeben. Stehende, minutenlange Ovationen für ein Konzert, in dem das musikalische Glückshormon Herz und Seele der Zuhörer öffnete. Bei freiem Eintritt waren Spenden zum Erhalt der romanischen Abteikirche erbeten.