
Die Stadt Gemünden sollte stärker mit Winnetou-Autor Karl May werben. Dies fanden einige Stadträte und auch Bürgermeister Ondrasch am Montagabend im Kulturausschuss des Gemündener Stadtrats. Schließlich stammte ja der Verleger des Autors, Euchar Albrecht Schmid, von hier. Die Stadträte Matthias Risser und Jürgen Stich sprachen gar schon von einer „Karl-May-Stadt“. Hintergrund ist, dass der Kulturausschuss im Bereich Tourismus für Gemünden schon die Felle davonschwimmen sieht. „Wenn wir beim Tourismus sparen, haben wir gar nix mehr“, mahnte auch die neue Kulturamtschefin Jasna Blaic.
„Ich vermisse in Gemünden Themen“, sagte Stadtrat Günther Felbinger. Unter dem damaligen Bürgermeister Hans Michelbach seien an Themenwochenenden Sonderzüge voll mit Besuchern nach Gemünden gekarrt worden. Felbinger wurmt vor allem, dass bei einem Minus von sieben Prozent bei den aktuellen gewerblichen Übernachtungszahlen in Gemünden die Städte Marktheidenfeld knapp und Lohr deutlich besser dastehen: Gemünden hatte von Januar bis Juli insgesamt 27 836, Marktheidenfeld 31 705 und Lohr 47 582 Übernachtungen.
Rückgang statistischer Effekt?
Kulturamtschefin Blaic führte den Rückgang zumindest teilweise auf eine Änderung bei der Beherbergungsstatistik zurück. Beherbergungsbetriebe mit weniger als zehn Betten werden neuerdings nicht mehr berücksichtigt. Früher lag die Grenze bei neun Betten, weshalb der Gasthof Schubert, jetzt „Vier Elemente“, mit seinen neun Betten aus der Statistik herausfällt.
Gemünden liege im Tourismusverband Spessart-Mainland mit seinen 66 Mitgliedsgemeinden aber immer noch unter den besten zehn, zeigte sich Blaic optimistisch. Zumal die Übernachtungen in Privatzimmern und Ferienwohnungen in Gemünden gegenüber den Vorjahren gestiegen seien und man im gewerblichen Bereich im August deutlich über dem Vorjahr liege.
In Gemünden muss mehr passieren, findet Felbinger. Er könne nur staunen, was in Karlstadt, wo er sein Büro habe, touristisch geschehe. Dort würden im Sommer tagtäglich Besuchergruppen durch die Stadt geschleift, etwa mit der kabarettistischen Stadtführung „Durch Karscht gezerrt mit Hermann & Hermine“. „Das ist für mich unfassbar“, so Felbinger. Gemünden müsse „Visionen, vielleicht Spinnereien entwickeln“. Die Stadt könnte doch wieder mehr auf die Tradition der Fischerei setzen. Warum nicht Leute mit dem Schelch auf der Saale herumschippern?
Auch Stadtrat Eberhard Imhof ist der Meinung: „Wenn euch der Tourismus was wert ist, müsst ihr was investieren.“ Die Stadt hänge „auf Gedeih und Verderb“ am Tourismus. Die Kulturamtschefin solle Ideen einbringen und dafür kämpfen.
Blaic möchte zunächst einmal den Ronkarzgarten und mit ihm dessen Erbauer, Heinrich Ronkarz, noch stärker bekannt machen. Der Garten sei ein „einzigartiges bauhistorisches Denkmal“, ein „Kleinod mit Alleinstellungsmerkmal“ – nur wisse das keiner. Und Ronkarz sei, anders als Schneewittchen in Lohr, nichts an den Haaren Herbeigezogenes. „Wir haben sogar einen Grabstein.“ Sie setzt deshalb mehr auf Gemünden als „Ronkarzstadt“ als auf Gemünden als „Karl-May-Stadt“.
Die Kulturamtschefin denkt etwa an Informationstafeln an der oberen Terrasse mit geschichtlichem Hintergrund: Wer war Ronkarz? Was war um 1850? Was war in Gemünden vor, während und nach Ronkarz?