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Gemünden
Mit Karacho in Lohr falsch abgebogen und dabei fast einen Radfahrer erwischt: Geldstrafe für einen 19-Jährigen
Aus Angst vor Konsequenzen hatte der Angeklagte damals nicht angehalten. Jetzt musste er sich vor Gericht verantworten.
Symbolbild: Verkehr
Foto: Marijan Murat (dpa) | Symbolbild: Verkehr
Jürgen Kamm
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:24 Uhr

"Es ging um mein Leben!" Mit diesen drastischen Worten schilderte ein Radfahrer als Zeuge vor dem Amtsgericht Gemünden einen Abbiegevorgang Ende März in Lohr. Der dunkle BMW sei nicht nur falsch links abgebogen, sondern auch viel zu schnell, so dass die Reifen gequietscht hätten und das Auto ins Schlingern geraten sei. Auch eine Fußgängerin wunderte sich über den Fahrstil des jungen Mannes. "Spinnt der?" habe sie sich gefragt, schilderte sie vor Gericht.

Auf der Anklagebank saß ein 19-jähriger Mann, der seinen Fahrfehler und den Beinaheunfall zugab, nicht aber die vermeintlich überhöhte Geschwindigkeit.

"Tatort" war die Einmündung der Ruppertshüttener Straße in die Diebsbrunnenstraße im Lohrer Stadtteil Lindig. In Fahrtrichtung bergauf (zur Franziskushöhe) ist das fast ein U-Turn. Der Fahrfehler bestand darin, dass der Angeschuldigte sein Auto nicht um die Verkehrsinsel herum lenkte, sondern davor abbog. Das ist dort, wo sich eigentlich aus der Diebsbrunnenstraße abbiegende Verkehrsteilnehmer einordnen.

Abgebremst, um Zusammenstoß zu vermeiden

Wie etwa der Radfahrer, der mit allem was er hatte, bis zum Stillstand abbremste. "Sonst hätte es einen Zusammenstoß gegeben", war er sich im Zeugenstand sicher. Das Fahrtempo des Autos beschrieb er als schnell, es sei fast außer Kontrolle gewesen. Mehr als die erlaubten 50 Kilometer pro Stunde in der Ruppertshüttener Straße und Tempo 30 in der Diebsbrunnenstraße seien es auf jeden Fall gewesen. Danach habe er geschockt auf der Straße gestanden und dem Fahrer etwas wenig Freundliches hinterher gerufen.

Der Autofahrer entschuldigte sich im Gerichtssaal bei dem Radfahrer und auch der Fußgängerin. Beide nahmen die Entschuldigung auch an. Er gab an, dass er müde von der Frühschicht gekommen sei und deshalb falsch abbog. Den Radfahrer habe er im letzten Moment gesehen, an die Fußgängerin auf dem Gehweg erinnerte er sich nicht. Er habe sich sehr geschämt und auch Angst vor den Konsequenzen gehabt und deshalb nicht angehalten.

Zu Fuß war damals eine Rentnerin unterwegs. Sie hatte bei der Polizei "der PKW bog mit Karacho ab" ausgesagt. Vor Gericht sprach sie von einem Abstand von eineinhalb Metern und dass sie sich von dem Auto gefährdet gefühlt habe, bei der Polizei waren es noch drei Meter gewesen.

Uneinig über die Geschwindigkeit

Der Sachbearbeiter von der Polizei hatte die Zeugenvernehmungen wegen Corona telefonisch durchgeführt, der gefährdete Radfahrer hatte den Vorfall schriftlich bei der Polizei angezeigt. Diese Kurve lässt sich ohne Probleme mit Tempo 50 fahren", lautete seine Einschätzung zur örtlichen Situation vor Gericht. Außerdem übergab er dem Richter den Führerschein des Angeschuldigten, das Amtsgericht hatte am 14. Juli den vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis beschlossen.

Nicht mehr Auto fahren zu dürfen, traf den 19-Jährigen hart, sein Arbeitsplatz ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht bis gar nicht zu erreichen. Dazu kamen Einschränkungen in der Freizeit. Wohl auch deshalb stimmte er der Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage nach Jugendrecht schnell zu. Sein Verteidiger hatte argumentiert, sonst müsste man sich alles sehr genau anschauen, zudem sei sein Mandant nicht vorbestraft.

Letztlich sei es eine Frage der Geschwindigkeit, befand Richter Sven Kirschker. Genau da gingen die Zeugenaussagen aber auseinander. Deshalb konnte er sich eine Einstellung ebenso vorstellen wie die Staatsanwältin, die aber noch von einem schwebenden Verfahren wusste und eine etwas höhere Auflage forderte. Konkret muss der junge Autofahrer jetzt 1800 Euro in sechs Monatsraten bezahlen, dann ist die Sache erledigt. Dank der Einstellung bekam er seinen Führerschein noch im Gerichtssaal vom Richter überreicht.

 
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