Wenige Hausnamen haben sich in Frammersbach so eingeprägt wie der des »Gemüs-Michels«. Das ist nicht verwunderlich, denn das Familienunternehmen feiert in diesem Jahr sein 95-jähriges Bestehen. Noch heute wird oft vom »Gemüs-Michel« gesprochen, wenn der »Blumen Kissner« gemeint ist.
Schon sehr früh zeigte Michael Kissners Unternehmergeist: Bereits im Alter von 27 Jahren eröffnete er mit seiner Frau Marie 1924 einen Handel für Futtermittel und Gemüse. Dazu richtete er im Untergeschoss seines Elternhauses in Frammersbach ein Ladengeschäft ein.
Mit dem Pferd unterwegs
Ab Mitte der 50er-Jahre war Michel mit seinem Pferd unterwegs. Dabei fuhr er zwei- bis dreimal in der Woche durchs Dorf und kündigte mit einer Handglocke sein Kommen an. Es gab viele fröhliche Gespräche. Michel war bekannt für seine Sprüche wie »Heb emol doi Handwerg hoch!« Die Frau sollte für den Einkauf ihre Schürze bündeln.
Verkaufte er süßes Obst, gab der Gemüs-Michel gerne folgenden Hinweis: »Da kossde doim Ahle e süss Maugerle gegäwe.« Die Frau konnte ihrem Mann etwas Süßes geben. Überhaupt war Michel oft spendabel und schenkte hin und wieder ein Stück Obst her.
»Und wenn der Opa einmal krank war, kränkelte auch das Pferd«, weiß dessen Enkelin Anette Geiger zu erzählen. An den beiden Pferden Wally und Hans hing der Michel sehr. Sie brachten ihn, auch wenn er nach getaner Arbeit einmal sein Feierabendbier genoss, zielsicher und mit Tempo von der Ortsmitte nach Schwartel zurück. Und die Pferdeäpfel, die sie hinterließen, wurden von den Ortsbewohnern gesammelt und als Dünger verwendet.
Geschäftsübergabe an den Sohn
In den 70er-Jahren übergab Michel den Betrieb an seinen Sohn Willi. In einem Neubau auf der gegenüberliegenden Straßenseite erweiterte dieser das Geschäft. Der Blumenhandel wurde umfangreicher und um der Nachfrage nach Landwirtschaftsprodukten gerecht zu werden, baute er in der Lohrtalstraße eine Lagerhalle.
Bei den regelmäßigen Fahrten auf den Großmarkt nach Frankfurt kaufte Willi Kissner Obst, Gemüse und Produkte für die Landwirtschaft ein. War es zuerst nur eine Mitfahrgelegenheit mit der Firma Scheftner, fuhr Willi Kissner später mit einem Holzvergaser selbst zum Frankfurter Großmarkt.
Ehefrau Hildegard betreute das Ladengeschäft. Auch damals mussten sich die Ladenbesitzer nach den Bedürfnissen ihrer Kunden richten: »Ich erinnere mich noch gut an einen Weißen Sonntag. Da mussten wir an die Hundert Tischgestecke binden«, erzählt sie. Mit dem Tod von Willi Kissner hörte der Verkauf von Landwirtschaftsprodukten auf.
Angebot erweitert
Einige Jahre führte dessen Sohn Dieter den Obst- und Gemüseladen, bevor im Jahr 2001 Tochter Anette Geiger die Geschäftsführung übernahm. Sie erweiterte des Angebot des Ladens. Dekoartikel und Vasen ergänzten das Sortiment. Anettes Mann Horst ist für die Fahrten und schwere Lager- oder Aufbauarbeiten zuständig. Inzwischen absolvierte die Tochter Linda eine Lehre in Würzburg. Sie kam 2011 in das Familiengeschäft nach Frammersbach zurück.
Ein Wechsel des alteingesessenen Geschäftes im Ortsteil Schwartel stand im Jahr 2014 an, als man in die Ortsmitte umgezogen ist. Inzwischen arbeiten mehrere Angestellte in dem Laden mit.
Mit Zuversicht in die Zukunft
Tochter Linda Geiger schaut zuversichtlich in die Zukunft: »Wir müssen nach vorne schauen. Die Ansprüche der Kunden haben sich geändert: Der Verkauf von Kränzen für den Friedhof und Blumen für die Balkonbepflanzung hat nachgelassen. Dafür sind heute Ideen für Hochzeiten und Events gefragt«, sagt sie. Es sei schön, den Familienbetrieb weiterführen zu können. »Und vielleicht geht`s noch lange weiter. In der Familie gibt es schon wieder vier Kinder«, sagt Linda Geiger.
