In der Kirche St. Pius in der Lohrer Lindigsiedlung hängt seit ein paar Tagen weißer Stoff in Form von zig Flügelpaaren von der Decke. "Angels" (Engel) heißt die Aktion zu Advent und Weihnachten. Sie läuft bis zum Fest "Taufe des Herrn", also bis Sonntag nach Dreikönig. Idee und Design kommen vom Pius-Kirchenmusiker Markus Inderwies, wie Vikar Christian Nowak auf Anfrage der Redaktion mitteilt.
Passend zur Architektur
Markus Inderwies sagt, es sei ein spontaner Einfall gewesen. Inspiriert habe ihn dazu die Architektur von St. Pius. Der vom Würzburger Dombaumeister Hans Schädel (1910 bis 1996) entworfene aufsteigende Kirchenraum biete sich für eine solche Installation geradezu an, meint Inderwies. Geschneidert haben die Flügel Hanni Herrmann und Ingrid Pfister. Joseph Waurick hat sie aufgehängt und Karl-Hermann Hummel illuminiert sie. So werden die weißen Flügel zum Beispiel während der Rorate mit Licht inszeniert, kündigt Nowak an.
"Auf sich wirken lassen und sich seine eigenen Gedanken machen", so sieht Inderwies sein Projekt. Vikar Christian Nowak, zuständig für die Seelsorge in St. Pius, wird die Engel als roten Faden durch die Advents- und Weihnachtszeit spannen. Er sieht in Engeln und damit in der Inszenierung das Sichtbarmachen der Advents- und Weihnachtsbotschaft: "Es geht um den geöffneten Himmel. Die Engel Gottes steigen auf und nieder." Durch das nach oben gezogene Kirchendach sieht es tatsächlich so aus, als bewegten sich die aufgehängten Flügel himmelwärts.
Zeichen der Nähe Gottes
Engel seien Botschafter der guten Nachricht und Zeichen der Nähe Gottes. Darauf werde er in den Gottesdiensten im Advent und zu Weihnachten eingehen. Er wolle in seinen Predigten vertiefen, dass der Himmel nicht geschlossen ist. Nowak nennt Beispiele für das Auftreten der Engel: Gabriel verkündet Maria, dass sie den Gottessohn zur Welt bringen wird. "Durch der Engel Halleluja tönt es laut von fern und nah. Christ der Retter ist da", heißt es im Weihnachtslied "Stille Nacht, heilige Nacht". Geplant war ursprünglich eine kirchenmusikalische Reihe zu den Adventsgottesdiensten, informiert Inderwies. Durch die Regel 2G plus sei allerdings der Aufwand zu groß, so dass sich das Programm nun auf die Orgelmusik und gelegentlich seinen Gesang beschränkt, teilt Inderwies mit. Zum 1. Advent spielte er unter anderem "Wachet auf, ruft uns die Stimme" von Johann Sebastian Bach. Eine Improvisation zu einem Engellied aus dem Gotteslob ließ den Gottesdienst ausklingen. Einige Kirchenbesucher blieben, bis der letzte Ton verklungen war und bedankten sich für die Musik mit Applaus.
Kirchenmusik im Advent
Auch in den weiteren Gottesdiensten in der Adventszeit wird Inderwies hauptsächlich barocke Weisen von Bach, Johann Pachelbel und Dietrich Buxtehude spielen. "Passend zu den Engelsflügeln", sagt der Kirchenmusiker. Zum Orgelspiel kam Inderwies als Kind. "Der Anfang war eine ganz einfache Kinderorgel, nicht viel mehr als eine Melodika, die eigentlich meiner Schwester gehörte", erzählt der Ruppertshüttener.
Nächste Station war die Kirchenorgel in seinem Heimatort. Der Lohrer Musiklehrer und Organist Waldemar Hauck unterrichtete ihn. "Später habe ich in Würzburg noch den C-Schein gemacht." Hauptberuflich ist der 56-Jährige Versicherungsvertreter. Bevor er nach St. Pius kam, waren Stationen seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Organist Ruppertshütten und Frammersbach. Ab und zu ist er auch in St. Michael in Lohr zu hören, wenn er den Bezirkskantor Alfons Meusert vertritt. Außerdem spielt er gelegentlich in Sackenbach.
Spaß am Klang
Inderwies nimmt Gesangsstunden in Würzburg und betreut in St. Pius Chor, Kammerorchester und den Jupi, den Jungen Pius-Chor. Coronabedingt pausieren die Ensembles allerdings derzeit.
"Es ist der Spaß am Klang, am großen Farbreichtum", beschreibt er seine Leidenschaft für das Instrument. "Die Akustik und Architektur in St. Pius bieten Kathedralen-Sound", schwärmt Inderwies. Dort hat er immer wieder musikalische und visuelle Ideen umgesetzt, ob mit farbigen Beleuchtungen zum Orgelspiel oder Improvisationen zum Stummfilm "Sunrise". Ein Fortsetzung ist nun das Projekt "Angels".