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Homburg
Mit Druck im Rahmen geblieben
Marc Berger (mit Hut) stellt seine typografischen Einblattdrucke in der Papiermühle Homburg 'Im Rahmen geblieben' aus. 
Foto: ymond Roth | Marc Berger (mit Hut) stellt seine typografischen Einblattdrucke in der Papiermühle Homburg "Im Rahmen geblieben" aus. 
Raymond Roth
 |  aktualisiert: 01.09.2022 02:32 Uhr

Können Kunstwerke, die unter dem Titel "Im Rahmen geblieben" ausgestellt werden, aus dem Rahmen fallen? Kann man kritisch-pessimistische Hilfestellungen zum Zeitgeschehen geben? Und kann man diese auch zeigen? Die Antwort zur beeindruckenden Ausstellung der Werke des Pressendruckers Marc Berger in der Papiermühle in Homburg lautet dreimal "Ja".

Der 57-jährige Berliner Marc Berger, der als Graphiker in Gransee (Brandenburg) tätig ist und für Verlage arbeitet und auch Bücher macht, zählt nun seit über 30 Jahren zu der bunten Schar der Pressendrucker. Das sind, wie der Künstler sagt, "die Verrückten, die mit Bleisatz und Buchdruck, also mit der alten klassischen Technologie arbeiten, und damit versuchen, die Welt zu retten". Er mache dies neben dem Beruf "aus Spaß an der Freude", und er sei froh, hier ausstellen zu können. Ausstellungen dieser Art seien sehr selten, da man kaum einen Galeristen finde, weil für diese die Werke eben keine "Bilder im klassischen Sinne" seien.

Ein "fröhlicher Pessimist"

Berger hat Setzer und Drucker in der damaligen DDR gelernt, in der alten Technik. Der "fröhliche Pessimist" Berger kreiert Postkarten, Poster oder Kalenderblätter oder eben Geschichten, die sich mit aktuellen (auch politischen) Ereignissen beschäftigen, was leichter in typographischen Einblatt-Drucken fassbar sei als in Büchern. Anregung ist auch das Ausprobieren einer neuen Schrift, gerne auf handgeschöpftem Papier.

Johannes Follmer, Leiter des Papier-Museums, eröffnete die Ausstellung  vor interessierten Besuchern. Berger hatte ihn früher auf einigen Papier-Messen getroffen hat, da kam Follmer die Idee zu dieser Ausstellung.

Mahatma-Ghandi-Zitat, gedruckt von Marc Berger.
Foto: Raymond Roth | Mahatma-Ghandi-Zitat, gedruckt von Marc Berger.

Die Andruck-Presse, früher zum drucktechnischen Ausprobieren benutzt, ist eine Maschine, ideal für die kleinen Auflagen der Pressendrucker. Diese "private printer", wie man sie in England nennt, seien von allem ein bisschen: "Von der Literatur kommend, andere von der Typographie, also Schriftgestaltung, Graphiker mit dem Wunsch zur Selbstverwirklichung, andere wollen ,nur' die Welt verbessern." Nicht nur deutschlandweit gibt es immer mehr Gemeinschaftsprojekte. Zu sehen sind in Homburg auch Drucke einer solchen Zusammenarbeit mit Italien.

Kalenderblatt-Drucke

In fast jedem Jahr entstanden ein großes "Kochbuch" mit Einzeldrucken verschiedener Künstler, oder Kalender, zu denen sich Berger ein Thema ausdenkt und dann die diversen Kalenderblatt-Drucke zusammenfasst. Er arbeitet auch mit Werner Enke aus Schweinfurt, der "ganz ähnliche Drucke wie ich" macht, zusammen; Enke war mit seiner Gattin zur Ausstellungseröffnung angereist.

Die teils bis zu 30 Jahre alten Drucke sind vielfältigster Art. Zur Wahl der "100 Wörter des Jahrhunderts" steuerte er 2001 einige Drucke bei – so etwa "Apartheid" oder sehr impressiv "Planwirtschaft". "Buchdrucker-Hits" sind Drucke, die Texte zu Rock-Musik enthalten (besonders schön: Neil Youngs "hey hey my my"), dann zum Format einer 17-Zentimeter-Vinyl-Single-Hülle gefaltet werden und in kleinen Pizza-Kartons gereicht werden. Die Aussagen eines Frank Zappa sind zu sehen: "Der hat Dinge gesagt, intelligent und schlau und haushoch über dem, was viele Musiker oft so von sich geben." Über ein Dutzend treffsicherer Texte etwa von Karl Kraus, Karl Valentin oder Kurt Tucholsky finden sich, mit Fantasie und aufmerksam machend akzentuiert.

Und die Worte Mahatma Gandhis "Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt" sollte hierzulande als mahnender Druck in Behörden und Schulen fest deutlich sichtbar platziert werden.

Die Ausstellung ist bis 31. Oktober zu Museumsbesuchszeiten in der Homburger Papiermühle zu sehen.

 
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