Andere entspannen im Fitness-Studio, Sigrid Reusch beim Schlepperfahren. „Zwei Stunden auf dem Schlepper – und es geht mir wieder richtig gut“, sagt sie. Auch wenn die Arbeitsabläufe heute mechanisiert sind, vieles der Fließbandarbeit gleicht und viele Entscheidungen im Büro fallen: „Landwirt zu sein, ist so ein umfangreicher Beruf. Es ist einfach toll, was man alles lernt und was alles dazu gehört. Das fängt bei den Grundlagen der Bodenbearbeitung an und geht bis zum Schweißen“, sagt die 45-Jährige.
Sie ist nicht nur Landwirtin, Landfrau, der weibliche „Ortsobmann“ für Schonderfeld, sondern auch Landwirtschaftsmeisterin. Ihre Lehre hat sie zum Teil in der Holsteinischen Schweiz absolviert, ihren Meister hat sie mit einer Arbeit über den eigenen Betrieb in Schonderfeld gemacht.
1988 kam die Landfrau in das kleine Örtchen an der Saale. Zwei Jahre zuvor hatte sie ihren Mann Engelbert geheiratet – kennen gelernt haben sie sich beim Kurs für den Lastwagen-Führerschein. Den nämlich braucht man zum Schlepperfahren. Die 45-Jährige wurde sozusagen in ihre Berufung hineingeboren. Aufgewachsen ist sie auf dem Milchviehbetrieb ihrer Eltern bei Schweinfurt. „Kurz hatte ich überlegt, Pferdewirtin zu werden aber das hat man mir ausgeredet, weil Frauen es in dem Metier sehr schwer haben. Also blieb ich bei der Landwirtschaft“, sagt Reusch, die eine geborene Gruppenbacher ist.
Mit ihrem Mann bewirtschaftet sie heute rund 40 Hektar Land. Zuckerrüben, Winterweizen und Wintergerste baut die Familie an: „Die Bodenbearbeitung ist mein Steckenpferd. Mein Mann kümmert sich vor allem um Pflanzenschutz und Düngung.“ Engelbert Reusch bildet hauptberuflich zudem Kfz-Lehrlinge bei der Bundeswehr im Lager Hammelburg aus. „Anfangs hatten wir noch einige Kühe, dann haben wir Bullen gemästet und stellten schließlich auf Kalbsaufzucht um“, berichtet Sigrid.
Die Tierhaltung wurde ihr allerdings zu viel, denn 1993 entdeckte sie ein zweites Standbein: ihre „Brotzeitstube“. „Mit dem neuen Saaleradweg kamen Anfang der 90er immer mehr Radler durch Schonderfeld“, sagt Reusch. Viele wollten etwas trinken oder essen, aber es gab einfach nichts. Diese Chance ließ sich die Unternehmerin nicht entgehen. Heute bewirtet sie nicht nur vorbeikommende Radfahrer, sondern organisiert auch große Feiern im Gewölbekeller des Bauernhauses, wie zur Kommunion oder runden Geburtstagen. Vom Spanferkelessen bis zum Vier-Gänge-Menü ist bei Reusch alles bestellbar.
Damit das klappt, muss die ganze Familie mit anpacken: Die 13-jährigen Zwillingen Maximilian und Franziska, ihr 21-jähriger Sohn Engelbert junior, der an den Wochenenden heimkommt, Ehemann Engelbert senior und selbst die Nachbarin arbeiten mit. „Unser großes Plus ist, dass jeder jede Arbeit machen kann“, erklärt Reusch. So kommt es auch schon mal vor, dass ihr Mann in der Wirtschaft bedient, während sie auf dem Acker Schlepper fährt.
Samstags ist auf dem Hof Reusch Familientag. Dann isst die ganze Familie gemeinsam zu Mittag. Auch Sigrids Schwiegereltern Helga und Gregor Reusch, die im eigenen Haus auf dem Hof wohnen. Braucht man bei so viel Trubel auch mal eine Auszeit? „Natürlich fahren wir auch mal in den Urlaub. Das können wir uns ja selbst einrichten“, sagt Reusch. Aber einen täglichen Ausgleich zur Arbeit, den brauche sie nicht: „Wenn einem die Arbeit Spaß macht, dann braucht man nichts anderes.“
Und damit das auch so ist, hat Reusch ein Geheimrezept: „Man darf als Frau nicht nur der Handlanger im Betrieb sein. Es ist wichtig, seinen eigenen Bereich zu haben, für den man Verantwortung trägt und den man gerne macht.“
Rezept
Rotweinzwetschgen Zutaten: 1 Liter Rotwein, 1 kg brauner Zucker, 4 kg entsteinte Zwetschgen, 1-5 EL Gelierzucker, eine Stange Zimt. Zubereitung: Alle Zutaten in einen Topf tun und langsam erhitzen (nicht kochen). Über Nacht ziehen lassen und dann nochmals erhitzen. Noch heiß in Schraubgläser füllen. Die Rotweinzwetschgen eignen sich gut zu Nachspeisen wie Eis, Quark, Milchreis aber auch als Kuchenbelag.