In Genf wurde auf Initiative von Henri Dunant am 17. Februar 1863 das „Internationale Komitee vom Roten Kreuz“ gegründet. Wie sich in Gemünden die Rotkreuzbewegung entwickelte, hat der Gemündener Arzt und Heimatforscher Dr. Philipp Seltsam zusammengefasst, der von 1935 bis 1945 als BRK-Kolonnenarzt im Einsatz war.
In Gemünden und in vielen Gemeinden sammelten zuerst Frauenvereine Verbandsmaterial. Am 1. Januar 1886 wurde eine Frauenbereitschaft gegründet, worüber es allerdings keine Aufzeichnungen gibt. Erst am 6. Juli 1899 wird im Gemündener Anzeiger von einer Tagung des Frauenvereins im traditionellen Rotkreuzlokal Koppen berichtet.
Die Gründung einer Sanitätskolonne erfolgte auf Anregung des königlich bayerischen Kriegsministeriums am 1. Oktober 1900 am Eisenbahnknotenpunkt Gemünden mit der konstituierenden Versammlung, bei der Ortsdelegierte des Landeshilfsvereins den Apotheker und Bürgermeister Otto Christin zum Kolonnenführer und Dr. Mangelsdorff zum Kolonnenarzt wählten. Somit sei dieser Tag als Geburtstag des Gemündener Roten Kreuzes, nach Würzburg-Heidingsfeld, Schweinfurt, Aschaffenburg und Kitzingen als eine der ältesten Kolonnen in Mainfranken anzusehen, so Seltsam.
Erste Hauptübung 1901
Die Mitgliederzahl wuchs in demselben Jahr auf 36 Freiwillige. Im Winter und Frühjahr 1901 wurde „fleißig Unterricht gehalten, mit und ohne Trage exerziert und improvisiert“. Die erste Hauptübung am 13. Juli 1901 ging vom Szenario eines Eisenbahnunfalls in der Wernfelder Straße aus. In den folgenden Jahren fanden weitere große Übungen statt, wie die Ausrüstung eines Mainschiffes zum Verwundetentransport oder der Bau einer Seilfähre über die Saale, was bei Hochwasser wichtig war. Über die Zeit der Weltkriege sind nicht viele Aufzeichnungen vorhanden; die Kolonnenmänner versorgten im Ersten Weltkrieg Verwundete im Vereinslazarett, das auf die Hotels Koppen und Deutscher Kaiser sowie aufs Krankenhaus verteilt war.
Nach dem Krieg waren die Rotkreuzler mit der Ausbildung der Bevölkerung in Erster Hilfe, der Betreuung von Heimkehrern und dem Suchdienst beschäftigt. 1954 begann man mit dem auf 50 000 Mark veranschlagten Bau des Rotkreuzhauses in der Wernfelder Straße, zu dessen Einweihung ein Jahr später Landtagspräsident Hans Ehard kam.
In der Folgezeit wechselten die Kolonnenführer häufig und das Interesse der Jugend war gering. Nachdem Kreisgeschäftsführer Franz Reichelt nach Nürnberg gegangen war, führte Apotheker Friedemann Macher, Stadtrat und später Ehrenbürger, lange ehrenamtlich den Kreisverband Gemünden, bis 1967 mit Dieter Schäfer wieder ein hauptamtlicher Geschäftsführer kam.
Eine wichtige Aufgabe war die Mitwirkung beim Krankentransport, weil der Kreisverband nur zwei hauptamtliche Kräfte beschäftigt hatte. Erst nach der Einführung des Rettungsdienstgesetzes 1974 und der Schaffung der Rettungsleitstelle im Folgejahr stellten sich gravierende Änderungen ein, auch bedingt durch die Anfang der 1970er Jahre begonnene Gemeindegebietsreform, die neue Strukturen schuf. Der zivile Bevölkerungsschutz wurde in die Hilfsorganisationen eingegliedert, das Rote Kreuz erhielt die Bereiche Sanitäts- und Betreuungsdienst, die sich bis heute in allen Facetten weiterentwickelt haben, von Krankentransporten über Essen auf Rädern bis hin zum Hausnotruf oder als Träger der Gemündener Tafel.
Erster Kreisgeschäftsführer im neuen Landkreis Mittelmain, später Main-Spessart, war Adolf Stadler, der sich gut an die unter heftigen politischen Geburtswehen erfolgte Gründung des neuen Verbands erinnert. Ihm folgte Roland Albus, der heute noch im Amt ist. Das zeugt nach Aussage des Kreisvorsitzenden Eberhard Sinner von Kontinuität. Bereitschaftsführer Herbert Fuchs übernahm 1975 die Verantwortung als Kolonnenführer. Ein großer Einschnitt war 1989 der Rückgang der ehrenamtlichen Einsätze wegen der Einführung des Berufs „Rettungsassistent“, dafür stieg die Stundenzahl der ehrenamtlichen Helfer bei der Absicherung von Veranstaltungen und bei Blutspendeterminen.
Mit der Neustrukturierung des Katastrophenschutzes wurde in Gemünden eine Schnelleinsatzgruppe (SEG) gegründet, die zum Fahrzeug einen Arzttruppwagen erhielt. Bei Übungen, unter anderem an der Schnellbahnstrecke, habe die Gruppe ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt, schreibt Fuchs, der das Archiv weiter pflegt.
Weitere wichtige Termine waren 1995 die Einrichtung einer eigenen Wache in Burgsinn und der Neubau der Rettungswache 2009 in Gemünden. Außerdem lassen die über ein Dutzend Jungrotkreuzler darauf hoffen, dass das Rotkreuzwesen auch in Zukunft in Gemünden und Umgebung gesichert ist.
Das Deutsche Rote Kreuz
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, kurz Rotes Kreuz, wurde im Februar 1863 in Genf gegründet. Im November desselben Jahres formierte sich der „Württembergische Sanitätsverein“ zur ersten Nationalen Rotkreuzgesellschaft. Das Deutsche Rote Kreuz war die erste der heute 187 nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften der Welt und hat aktuell 3,5 Millionen Mitglieder.
Als Anstoß der Rotkreuzbewegung gilt die Schlacht von Solferino am 24. Juni 1859, die Henri Dunant zur Gründung des Roten Kreuzes veranlasste und 1864 zur Vereinbarung der Genfer Konvention führte. Der Schweizer Geschäftsmann erhielt dafür 1901 den ersten Friedensnobelpreis.
Über 400 000 Menschen engagieren sich freiwillig in der humanitären Hilfsorganisation. Ehrenamtliches Engagement ist eine der wichtigsten Grundlagen für die Arbeit des Roten Kreuzes. Höhepunkt des Jubiläumsjahrs ist zein entraler Festakt mit Bundespräsident Joachim Gauck in Stuttgart am 31. Oktober. Dort wird der Gründungstermin des Deutschen Roten Kreuzes gefeiert.