Seit vielen Jahren ist der Studiendirektor Berthold Wagner im Ruhestand, doch immer noch sehr aktiv und in vielen Bereichen engagiert. Am 10. Juni feiert er seinen 85. Geburtstag und kann auf ein erfülltes Leben zurückblicken. Die Kindheit und sein erstes Schuljahr waren noch geprägt von den Schrecken der NS-Zeit und des Zweiten Weltkrieges. Wenn er auch in seinem Heimatort Frammersbach alles nur aus der Ferne erlebte, "so war doch die Angst allgegenwärtig und nach dem Zusammenbruch Chaos und Not das tägliche Brot", erinnert sich Wagner. Seine drei Geschwister und er hätten daher für das normale Leben mitarbeiten müssen.
Der Wechsel von der Volksschule ans Gymnasium war zu diesen Zeiten ungewöhnlich. Der junge Frammersbacher hatte Glück, weil den Lehrern und dem Pfarrer seine guten Leistungen aufgefallen waren. Sie rieten den Eltern zum Übertritt, was aber erst mit Verzögerung möglich wurde. Eine Lehrerin bemühte sich mit unglaublicher Geduld und Ausdauer, ihm die zwei Jahre des fehlenden Lateins beizubringen, so dass er nach acht Jahren Volksschule ans Lohrer Gymnasium in die 3.Klasse wechseln konnte.
Nach dem Abitur 1959 entschied sich der vielfältig interessierte Wagner für ein Lehrerstudium mit den Fächern Latein, Griechisch und Geschichte. Nach dem Abschluss kam er als Referendar zuerst nach Würzburg und dann nach Lohr. Dort unterrichtete er bis zur Pensionierung über 30 Dienstjahre am Gymnasium und gestaltete das schulische Leben so mit, dass er große Anerkennung genoss.
Ehrenamtliche Großaufgabe
Der politisch interessierte Studienrat wurde bald jüngstes Mitglied im Gemeinderat in Frammersbach. Als er gebeten wurde, das Volksbildungswerk des Landkreises Lohr (heute VHS) ehrenamtlich zu übernehmen, sagte er spontan zu. Wagner erlebte erst danach, was es bedeutete, diese Einrichtung zu leiten und völlig neu zu strukturieren. Mit der Bildungseinrichtung war auch der Kontakt zum Landrat Balles und zu seiner Sekretärin Ursula Schrepfer verbunden. Ein Glücksfall, denn nicht lange danach heirateten Wagner und Schrepfer. Berthold Wagner ist bis heute dankbar für den Rückhalt, den ihm seine Familie in allen Lebensphasen gegeben hat.
Das von ihm geleitete Volksbildungswerk bot Theateraufführungen, Vorträge und viele weitere Veranstaltungen, die er organisiert hatte. Über zehn Jahre übernahm er diese herausfordernde, aber für ihn zutiefst befriedigende Aufgabe. Die Volkshochschule war in seiner Zeit zu einer nicht mehr wegzudenkende Bildungseinrichtung geworden und stand fortan unter hauptamtlicher Leitung.
Später engagierte sich Wagner im "Kunst- und Kulturverein" als zweiter Vorsitzender. Aus dieser Position konnte er eine Anzahl Literaten und Referenten für die Schule vermitteln, die bei Schülern nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben.
Gymnasium mitgestaltet
Von sich selbst sagt der Jubilar rückblickend: "Durch Begegnungen mit Persönlichkeiten wie Dieter Hildebrandt, Günter Grass und vielen anderen habe ich ein neues Bild von Literatur und Literaten gewonnen." Dabei war es ihm immer ein Anliegen, Schule und Gesellschaft in Verbindung zu halten und das Gymnasium nicht zum Elfenbeinturm werden zu lassen.
Nach der Pensionierung 2001 war Wagner gleich als Vorsitzender des Bundes Naturschutz gefordert. Neben der Biotoppflege war die Wiederbelebung des Weinbaus am Lohrer Beilstein eines seiner Lieblingsprojekte. Dabei standen und stehen vor allem die Tier- und Pflanzenwelt des früheren Weinbaus und nicht der Ertrag im Vordergrund.
Trotzdem gab es immer ein paar Flaschen Wein, auch für seinen Freund Roland Schaller, der das viel bewunderte Etikett des "Regent vom Beilstein" schuf. Der Künstler war aber auch sein kritischer Begleiter beim Holzschnitzen mit der Motorsäge, wovon verschieden Objekte im Weinberg zu sehen sind.
Wagner freut sich, unter seinem Nachfolger im Bund Naturschutz, Torsten Ruf, im "Repair-Cafe" tätig sein zu können. Der Jubilar hofft, dass dies noch lange möglich ist. Ebenso wie Lesen, Schnitzen, Garten- und besonders Rosenpflege – alles Hobbys, die ihn erstaunlich jung gehalten haben.