
Sabine war schon Gesprächsthema. Zwar ließ der Sturm noch auf sich warten und drückte ein zärtliches Frühlingslüftchen vor sich her. Doch die 600 Besucher in der Festhalle Erlenbach hatten Zeit: Markus Söder verspätete sich.

Für 12.30 Uhr war er angekündigt, um 12.45 Uhr sollte er seine Unterschrift ins Goldene Buch der Gemeinde gesetzt haben. Doch erst um 13.30 Uhr kam er: lächelnd, Hände schüttelnd, gut gelaunt. Nicht zum Bayerischen Defiliermarsch, sondern zu einem Remake von "After the Fire". Ministerpräsident heute geht anders.
Hat Bayerns Ministerpräsident eine so große Zugkraft oder waren die Besucher gerade erst vom Brunch aufgestanden? Von einem Gemurre ob der langen Wartezeit war nichts zu vernehmen.
Die zweite Sabine an Söders Seite
An Söders Seite die zweite Sabine: Sabine Sitter, die Landrätin werden will, ebenso lächelnd, auf extra hohen Schuhen. Wahlkampf, klar. Wahlkampf? Wenn, dann Wahlkampf etwas anders. Keine Hetzrede à la Strauß, von dem der 16-jährige Markus ein großes Poster in seinem Zimmer hängen hatte.

So mancher seiner Sprüche hätte auch in eine Prunksitzung gepasst. Mit so mancher Episode hätte Söder auch Comedians das Wasser reichen können. So verkaufte er seine Politik als talentierter Erzähler mit Humor. Das neue Wahlkampf-Format der CSU kam daher wie die Plauderei bei einer Late-Night-Show, mit Landtagsabgeordnetem Thorsten Schwab als Markus Lanz.


Die Verspätung war rund 20 protestierenden Bauern geschuldet, denen Söder im Rathaus zehn Minuten zuhören wollte. Es wurde mehr als eine halbe Stunde. Er wundere sich, dass die, die das "beste Essen der Welt" produzieren, von der Gesellschaft so schlecht behandelt werden, brach er eine Lanze für sie. "Die ländlichen Räume sind existenziell für Bayern. Und deswegen Respekt, Geld und Unterstützung für die ländlichen Räume und nicht nur für die Großstädte." Der Applaus war ihm gewiss.
Eine Behörde in Main-Spessart?
Söder über Schwab: Der Abgeordnete aus Hafenlohr drohe nicht, er fordere intelligent ein. "Jaaaa", imitierte er ihn im Bettelton, "... ich hätt' auch gern a Behörde, muss ja net bei mir sein, vielleicht in Marktheidenfeld ..." Was Schwab umgehend gerade rückte: "So behäbig hab' ich das nicht gesagt!"

Söder über seinen Besuch bei Wladimir Putin: Reden müsse man auch mit jenen, mit denen man sich nicht so gut versteht. "Wer redet, schießt nicht." Anekdotisches: Ein mit Moskau vereinbarter Zeitpunkt "ist nie so sicher". Im Kreml werde man erst einmal von Zimmer zu Zimmer geführt. "Bei mir ging's schnell. Ich brauchte nur eineinviertel Stunden. Der serbische Präsident hat mal zwei Tage lang gewartet."

Söder plauderte und plauderte. Schwab brauchte nur Stichworte zu geben, hatte am Ende noch viel Unerledigtes auf seinem Spickzettel stehen. Natürlich spielte er auch Sitter Bälle zu, fragte sie etwa nach einem politischen Vorbild. Sie nehme von jedem, was für sie stimmig sei, sagte die 44-Jährige und nannte dann doch Eberhard Sinner – weil der im Kreistag Dinge sage, die sie sich nur gedacht habe.
Tante Hilde und Tante Sabine
Achja, die dritte Sabine. Die brachte er ins Spiel, nachdem er von Norbert Walter-Borjans erzählt hatte. Dem habe er kürzlich geraten, er solle doch nach einem Verhandlungserfolg nicht immer "das typische SPD-Gesicht aufsetzen". Seine Tante Sabine, so fuhr er fort, habe er lieber gemocht als seine Tante Hilde, die immer gejammert habe. Tante Sabine, obwohl bettlägrig, jammerte nicht. "Wer jammert", erklärte sie ihm, "bekommt keinen Besuch."
- Interessiert Sie auch der letzte Besuch von Markus Söder im Landkreis Main-Spessart? Im August 2018 in Lohr?
Gesprächsbedarf mit Lino
Zum Abschluss gab's für den kleinen Lino noch ein Autogramm. Schwab erkundigte sich bei dem jungen Fußballfan nach seinem Lieblingsverein. "FC Bayern!" Da griff Club-Anhänger Söder nochmal zum Mikrofon und mahnte seinen jungen Bewunderer in landesväterlicher Manier: "Mein Lieber, da müssen wir uns nochmal unterhalten ..." – Ende der unterhaltsamen Söder-Show nach 90 Minuten reiner Spielzeit.