Milicz, seit über 20 Jahren Lohrs polnische Partnerstadt, ist 2021 eine weitere Städtepartnerschaft mit Springe in Niedersachsen eingegangen. Was bedeutet das für die Partnerschaft mit Lohr? Sind die Lohrer in Milicz jetzt "abgemeldet", wie Beobachter argwöhnen? Rathaus und Partnerschaftsverein sehen das anders.
Die Stadt Lohr sei mit ihrer Partnerstadt Milicz nach wie vor eng verbunden, betonte Rathaussprecher Dieter Daus auf Anfrage unseres Medienhauses. Das spiegele sich auf verschiedenen Ebenen wider. Über die Feuerwehr Lohr sei letztes Jahr eine Drehleiter organisiert und der Feuerwehr Milicz in Lohr übergeben worden.
Bürgermeister in Kontakt
Der Partnerschaftsverein Lohr habe die Anschaffung des Fahrzeuges mit einer Spende über 600 Euro unterstützt, die von Volker und Aneta Kirsch vom Partnerschaftsverein in Milicz überreicht worden sei. Auch im Bereich der städtischen Forstämter bestehen nach Daus' Worten "nach wie vor ein enger Austausch und gegenseitige Besuche".
Wegen der Corona-Pandemie hätten die Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen der Partnerschaft, die 2021 erreicht war, bisher noch nicht stattfinden können. Neben Mitgliedern von Stadtverwaltung und Partnerschaftsverein stünden auch die Bürgermeister im persönlichen Austausch, betonte der geschäftsleitende Beamte im Lohrer Rathaus.
Fest im Sommer in Lohr geplant
Im Rahmen einer Videokonferenz sei Ende Oktober bereits ein Termin für die geplanten Feierlichkeiten fixiert worden. Diese sollten vom 8. bis 10. Juli 2022 in Lohr stattfinden. Ein Arbeitskreis, der sich mit der genauen Ausgestaltung der Feierlichkeiten befasst, wird laut Daus diese Woche erstmals virtuell tagen.
Er sehe die Partnerschaft von Milicz mit Springe nicht als "Konkurrenz" oder "Störfaktor" für die Partnerschaft mit Lohr, unterstrich der Vorsitzende des Lohrer Partnerschaftsvereins, Wolfgang Weis – zumal er die Vorgeschichte kenne. An ihr war der Stadtrat der Grünen sogar ein kleines bisschen beteiligt. Vor drei Jahren habe er in Milicz zwei ältere Frauen getroffen, Kinder von Heimatvertriebenen, berichtete Weis.
Diese hätten ihm erzählt, dass viele nach dem Ende des 2. Weltkriegs vertriebene Deutsche aus Milicz und Umgebung in Springe und Umland untergekommen seien. 1957 habe der damalige Kreis Springe die Patenschaft für den früheren Kreis Militsch-Trachenberg und der danach benannten Heimatkreisgemeinschaft der Vertriebenen übernommen.
"Das war ungefähr so wie die Patenschaft von Lohr für Preßnitz im Erzgebirge", erläuterte Weis. Der Herzenswunsch der beiden Frauen und des Vertriebenenverbandes sei es gewesen, dass die Patenschaft in eine Partnerschaft umgewandelt werde. Das sei im Juni 2021 geschehen. Milicz habe sich also keinen neuen deutschen Partner gesucht, sondern die Partnerschaft mit Springe habe sich über lange Zeit angebahnt.
Zum Stand der Beziehungen zwischen Lohr und Milicz sagte Weis, wegen der Corona-Pandemie hätten die meisten Begegnungen ausgesetzt werden müssen, so ein Besuch des Karpfenfestes in Milicz und eine Fahrt des Partnerschaftsvereins nach Polen. Ebenso habe die seit Jahren praktizierte Tätigkeit von jungen Leuten aus Milicz als Praktikanten in Lohr abgesagt werden müssen. Eine vor drei Jahren beschlossene Ausbildungsvereinbarung zwischen den Forstschulen beider Städte sei wegen eines Leiterwechsels in Milicz noch nicht umgesetzt worden.
Kontakte bestünden zwischen den beiden Forstschulen, den städtischen Forstverwaltungen und Feuerwehren aber weiter. So habe der frühere Leiter der Lohrer Forstverwaltung, Bernhard Rückert, vor drei Monaten Milicz besucht. Gäste aus der polnischen Partnerstadt seien im Dezember bei einer Jagd in Lohr dabei gewesen. Auch die Feuerwehren hätten intensivere Kontakte, wie man an der Unterstützung bei der Beschaffung einer Drehleiter habe sehen können.
Als Problem bezeichnete Weis, dass es in Milicz derzeit keinen Partnerschaftsverein mehr gibt. Nach Angaben informierter Kreise soll der Miliczer Verein nach Differenzen mit der Stadt die Arbeit eingestellt haben. Laut Weis spricht der Lohrer Partnerschaftsverein deshalb direkt mit dem Miliczer Rathaus.
Sprachliche Hürden sind ein Problem
Zwischen Bürgern beider Städte gebe es private Kontakte, die aber nicht mehr so umfangreich seien wie in der Anfangsphase der Partnerschaft und ausgeweitet werden könnten. Ein Problem seien die sprachlichen Hürden. Am Besuch von Praktikanten in Lohr im Sommer halte der Partnerschaftsverein fest. Nach Weis' Worten köchelt die Partnerschaft mit Milicz derzeit eher "auf kleinerer Flamme".